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25.11.1997 00:00

Spezialisten für ungestörte Nachtruhe

Dr.rer.pol. Dipl.-Kfm. Ragnwolf Knorr Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Medizin/Psychologie: Diagnose und Therapie in den Erlanger Schlaflabors Spezialisten fuer ungestoerte Nachtruhe

    Etwa 90 verschiedene Schlafstoerungsbilder sind bisher bekannt. Was dagegen getan werden kann, wissen oft nur Spezialisten, die extra fuer dieses Fachgebiet ausgebildet sind. Zwei Schlaflabors am Universitaetsklinikum in Erlangen gehen die Problematik von unterschiedlichen Seiten an. Atembezogene Schlafstoerungen werden seit laengerer Zeit an der Medizinischen Klinik I behandelt. Schlafambulanz und Schlaflabor der Psychiatrischen Klinik, die Mitte 1996 eingerichtet wurden, verfuegen seit August 1997 ueber mehr Personal, neue Apparaturen und zwei eigene Betten im Kopfklinikum.

    Fast jeder von uns hat - vor Pruefungen oder nach einer schmerzlichen Trennung, vielleicht aber auch in der Vorfreude auf angenehme Erlebnisse - ab und zu eine schlaflose Nacht erlebt. Jeder dritte Bundesbuerger musste waehrend ernsthafter Erkrankungen oder anderer dauerhafter Belastungen schon laengere Phasen kennenlernen, in denen der Schlaf nur kurz oder wenig erholsam war. Das ist zwar unangenehm, doch kann sich unser Organismus in der Regel darauf einstellen. Auf die durchwachte Nacht und den Tag, an dem die Augen staendig zufallen, folgt normalerweise ein besonders tiefer Schlaf. Laenger andauernde Schlafprobleme und die damit verbundenen Tagesbeschwerden wie Muedigkeit und Missgelauntheit klingen meist ab, wenn die stressbeladenen Zeiten vorbei sind.

    Anders verhaelt es sich bei fast 10 Prozent der Bevoelkerung, rund 7 Millionen Bundesbuergern, die unter chronischen Schlafstoerungen leiden. Zugrundeliegen koennen andere, organische wie psychiatrische chronische Erkrankungen. Ein Grossteil der Betroffenen hat jedoch mit Schlafbeschwerden zu kaempfen, die sich verselbstaendigt haben, wenn sie auch urspruenglich durch Schmerzen oder Kummer bedingt waren. Der ausloesende Faktor ist inzwischen beseitigt, die Schlafstoerung selbst aber will nicht weichen.

    Schon nach vier bis sechs Wochen kann das Leiden chronisch werden. Die berufliche Leistungsfaehigkeit der Betroffenen laesst zumeist stark nach. Sie fuehlen sich am Tage muede, erschoepft; Stimmung und Antrieb sind beeintraechtigt. Tagsueber verlieren sie sich zunehmend in Gruebeleien ueber die Nacht, in der sie so schlecht (wenn ueberhaupt) geschlafen haben; nachts laesst ihnen die Furcht vor der Erschoepftheit am naechsten Tag keine Ruhe. Das steigert zusaetzlich das Erregungsniveau und traegt zu schlechter Laune bei, was wiederum die Schlafqualitaet weiter verschlechtert. Oftmals ist solchen Patienten nicht bewusst, dass sie krank sind, und sie versuchen zunaechst ueber lange Zeit, das Problem mit freiverkaeuflichen Beruhigungsmitteln in den Griff zu bekommen. Abends ziehen sie sich sehr frueh ins Bett zurueck, um bis zum naechsten Morgen wenigstens ein paar Stuendchen Schlaf zusammenzukratzen, so dass sie tagsueber halbwegs "funktionieren". Oft grenzen sie sich so aus dem sozialen Leben aus.

    Die gesamtgesellschaftlichen Kosten dieses Problems mit Arbeitsausfaellen und -unfaellen, Krankschreibungen und Verkehrsunfaellen sind in den USA schon recht klar erforscht und beziffert. Ganz zu schweigen von muedigkeitsbedingten kritischen Ereignissen in sicherheitsrelevanten Bereichen (Fluglotsen, Reaktorunfaelle, Sicherheitstransporte, Nachtwachen im klinischen Bereich) werden die Kosten hier mit vielen Milliarden Dollar jaehrlich veranschlagt. Vergleichbare Zahlen fuer den deutschen Sprachraum fehlen zwar bisher. Dennoch gibt es in Deutschland mittlerweile immerhin etwa 100 sogenannte Klinische Schlafzentren, die ueber die raeumlichen, technischen und personellen Kapazitaeten zur Diagnose und Behandlung solcher Stoerungsbilder verfuegen.

    Pneumologisches und psychiatrisches Schlaflabor

    Das Klinikum der Universitaet Erlangen-Nuernberg verfuegt derzeit ueber zwei derartige Institutionen. Das pneumologische Schlaflabor der Medizinischen Klinik I ist auf atembezogene Schlafstoerungen spezialisiert. Hier finden sich Patienten ein, die unter chronischer Tagesmuedigkeit leiden, mit Vorliebe bei monotonen Taetigkeiten (nachts auf der Autobahn!) einnicken und ihre Bettpartner oft durch kurze eruptive Schnarchgeraeusche wecken, denen haeufig laengere Atemstillstaende vorausgegangen sind. Diese Art der Schlafstoerung, die sogenannte "Apnoe" ("keine Luft"), bedeutet fuer die Gesundheit des betroffenen Patienten hohe Folgerisiken wie Herzerkrankungen und Bluthochdruck. Erfahrene Internisten und Atem- bzw. Schlafspezialisten in Erlangen koennen nach genauer Diagnose dieses komplexen Stoerungsbilds eine effektive medikamentoese, verhaltensmedizinisch ausgerichtete oder apparative Therapie einleiten. Im psychiatrischen Schlaflabor des Kopfklinikums Erlangen geht es dagegen in der Regel um Patienten, die, zumeist schon jahrelang, nachts aus den verschiedensten Gruenden nur wenig oder schlecht schlafen, tagsueber voellig erschoepft und kaputt sind, aber leider - im Gegensatz zu den Apnoikern, die dazu neigen, jederzeit einzunicken - auch dann nicht mehr schlafen koennen. Fuer solche Stoerungsbilder gibt es ebenfalls verschiedene Ursachen und Behandlungswege. Neben dem Einsatz moderner Schlafmittel spielen apparative (wie Lichttherapie bei Schlaf-Wach-Rhythmusstoerungen oder Biofeedback als Entspannungsmethode) und verhaltenstherapeutisch ausgerichtete psychotherapeutische Behandlungsprogramme eine Rolle. Ein Team aus Medizinern und Psychologen bietet im Kopfklinikum eine Ambulanzsprechstunde fuer Schlafstoerungen an. In einem ausfuehrlichen Gespraech koennen sich Patienten hier Rat holen. Der Schlafspezialist empfiehlt entweder Behandlungsstrategien, die in Zusammenarbeit mit dem ueberweisenden Arzt umgesetzt werden koennen, oder entscheidet sich fuer die stationaere Aufnahme zur Diagnostik. Eine umfangreiche Nachtschlafuntersuchung im Schlaflabor liefert zumeist genaueren Aufschluss.

    Laesst sich die Therapie wider Erwarten nicht ambulant durchfuehren, kann das chronische Stoerungsbild im Schlaflabor auch stationaer behandelt werden. Vervollstaendigt wird das Angebot durch ein Gruppenprogramm (8 Sitzungen in 4 Wochen) fuer ambulante und stationaere Patienten. Dies soll nicht nur den Heilungsprozess unterstuetzen, sondern vor allem helfen, Rueckfaelle zu vermeiden, und Strategien bereitstellen, die eventuelle spaetere Schlafstoerungen gar nicht erst chronisch werden lassen. Allerdings muessen die Patienten viel Engagement und Geduld mitbringen. Die effektive Behandlung solcher Stoerungen ist oft langwierig, und Zwischentiefs muessen ueberstanden werden.

    Ist die Eigenmotivation hoch, bestehen andererseits gute Erfolgsaussichten. Alle Behandlungsprogramme werden in Erlangen an den jeweils neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgerichtet. Sicher sind sich die Schlafspezialisten darin, dass der Erfolg nicht wahrscheinlicher wird, wenn Patienten lange Zeit warten, bevor sie sich Fachleuten anvertrauen. Spaetestens wenn naechtlicher Schlaf und Wohlbefin- den am Tag mehr als einer Monat lang empfindlich gestoert sind, sollte der Hausarzt konsultiert werden. Kann dieser nicht helfen, ist die Ueberweisung an Schlafspezialisten dringend anzuraten. Niemand braucht uebrigens zu befuerchten, versehentlich im falschen Labor zu landen, da zwischen beiden Schlaflabors eine enge Kooperation besteht. R. M. Hoffmann/gp

    Kontakt: Dipl. Psych. Reinhard Michael Hoffmann, Schlaflabor der Psychiatrischen Klinik, Schwabachanlage 6, 91054 Erlangen, Tel.: 09131/85 -4140 Ambulanzsprechstunde: Mittwochs 9-19 Uhr, Tel.: 09131/85 -4597


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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