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12.01.2000 16:04

Leopoldina: Wissenschaft jenseits der Universitäten

Gertraud Pickel Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Wissenschaft lebt vom Dialog, und der fachbezogene Austausch nutzt die jeweils gebräuchlichen Medien und Kanäle seiner Zeit. Was für das beginnende 21. Jahrhundert das Internet ist, war für das 18. Jahrhundert das Ineinandergreifen ausgedehnter Korrespondenzen. Kommunikationsinhalte und -strukturen, die um 1750 für die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina charakteristisch waren, wird Priv.-Doz. Dr. Thomas Schnalke vom Institut für Geschichte der Medizin in einem DFG-geförderten Forschungsvorhaben erschließen und auswerten. In erster Linie soll das medizinisch-naturkundliche Korrespondentennetz dieser weltweit ältesten noch existierenden nationalen Wissenschaftsakademie für jenen Zeitraum rekonstruiert und analysiert werden.

    Im Zentrum der Untersuchung steht der Briefwechsel zwischen den beiden damals führenden Repräsentanten der Leopoldina, dem Professor der Medizin Andreas Elias Büchner (1701-1769) in Halle und dem Nürnberger Arzt und Forscher Christoph Jacob Trew (1695-1769). Die 101 Schriftstücke, die der Akademiepräsident Büchner und sein Schriftleiter Trew im wesentlichen zwischen 1744 und 1769 wechselten, sowie die Briefe Dritter, die auf diese "Briefachse Halle-Nürnberg" hin formuliert worden sind, liegen zum überwiegenden Teil in der "Briefsammlung Trew" der Erlanger Universitätsbibliothek. Im Leopoldina-Archiv in Halle finden sich weitere wichtige Quellenbestände, die in die Auswertung einbezogen werden sollen.

    Am Ende des auf 3 Jahre angelegten medizin- und wissenschaftsgeschichtlichen Forschungsprojekts sollen die Ergebnisse dieser Studie als Monographie mit integrierter Edition des Trew-Büchner-Briefwechsels - ergänzt um relevante Briefe aus Drittkorrespondenzen - erscheinen.

    Genaueres Bild der Akademie

    Die Rekonstruktion des Kommunikationsnetzes um Trew und Büchner soll sowohl das Innenleben der Leopoldina, als auch das äußere Erscheinungsbild der Akademie im europäischen Kontext sichtbar werden lassen. Das gängige Bild, das die Akademie beim Blick ins 18. Jahrhundert eher als passiv, zergliedert und vergleichsweise mittelmäßig erscheinen läßt, dürfte dabei einen Gegenpart erhalten. In dem Briefwechsel zeichnet sich das Profil einer aktiven und effektiven, im europäischen Wissenschaftsdiskurs durchaus bedeutsamen außeruniversitären Einrichtung ab.

    Der methodische Ansatz dieser Studie führt im Sinne einer qualitativen Sozialgeschichtsschreibung vom konkreten Einzelfall zu allgemeineren Aussagen. Ausgehend vom Trew-Büchner-Briefwechsel sollen über die Auswertung von Korrespondentennetzen unter Berücksichtigung weiterer archivalischer Quellen die Generierung, Kanalisation, Organisation und Diskussion medizinisch-naturkundlichen Wis- sens jenseits der Universitäten thematisiert werden.

    Das Projekt versteht sich als Teil eines Forschungsschwerpunkts des Erlanger Medizinhistorischen Instituts zur Geschichte der Medizin und Chirurgie im
    18. Jahrhundert. Bereits seit 1990 arbeitet Priv.-Doz. Dr. Thomas Schnalke intensiv mit den Beständen der Erlanger "Briefsammlung Trew". Erste Analyseergebnisse zur Thematik des derzeitigen DFG-Projekts konnte der Medizinhistoriker nach einer vorläufigen Einsichtnahme in den Briefwechsel zwischen Büchner und Trew im Februar 1999 auf einer Tagung der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig zur Diskussion stellen.

    Für das Forschungsvorhaben "Medizinische Wissensvernetzung und Wissenschaftsorganisation jenseits der Universitäten: Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina zwischen 1744 und 1769 im Spiegel ihrer Korrespondenz" hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft Personal-, Sach- und Reisekosten bewilligt. Die Förderung ist zunächst auf 2 Jahre zugesagt; die Verlängerung um ein 3. Jahr wurde in Aussicht gestellt.

    * Kontakt:
    PD Dr. Thomas Schnalke, Institut für Geschichte der Medizin
    Glückstraße 10, 91054 Erlangen
    Tel.: 09131/85 -23012, Fax: 09131/85 -22852
    E-Mail: Thomas.Schnalke@gesch.med.uni-erlangen.de


    Weitere Informationen:

    http://WWW.gesch.med.uni-erlangen.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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