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27.01.2000 11:00

Moderne Neuronavigation macht Hirntumor-Chirurgie sicherer

Jutta Reising Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster

    Die Klinik für Neurochirurgie der Universität Münster verfügt seit kurzem über ein modernes Neuronavigationssystem in Verbindung mit einem Operationsmikroskop, mit dessen Hilfe die Risiken von Hirntumor-Operationen deutlich reduziert werden.

    Die Diagnose eines Hirntumors kann für einen Patienten vielerlei Ängste mit sich bringen: Zur Sorge, dass die Geschwulst bösartig sein könnte, kommt die große Angst vor der Operation. Wie leicht kann es doch passieren, dass bei der neurochirurgischen Entfernung des Tumors lebenswichtige Strukturen im Gehirn, wie beispielsweise der Sehnerv oder das Sprachzentrum, unwiederbringlich verletzt werden. In der Klinik für Neurochirurgie der Universität Münster wurden jetzt deutliche Fortschritte in der Risikoreduzierung und Sicherheit bei solchen Eingriffen gemacht.

    Dank einer großzügigen Spende des Vereins zur Unterstützung krebskranker Kinder e.V. in Viersen verfügt diese Klinik jetzt über das zur Zeit modernste verfügbare rechnergestützte Neuronavigationssystem. Dieses einschließlich eines integrierten Operationsmikroskops insgesamt rund 700.000 Mark teure Gerät ermöglicht es dem Operateur, den Tumor und die Führung seiner Instrumente bis auf den Millimeter genau zu orten. Wie ein Pilot anhand seiner Bordinstrumente sein Ziel ansteuert, navigiert der Chirurg mit Hilfe seines Operationsmikroskops mit größter Genauigkeit zu definierten Zielpunkten im Inneren des Schädels.

    "Das neue System erlaubt es uns, einen Hirntumor besser vom gesunden Gewebe abzugrenzen und ihn schonend, ohne Schädigung wichtiger Strukturen, zu entfernen", skizziert der Prof. Dr. Hansdetlef Wassmann, Direktor der Klinik für Neurochirurgie der Universität Münster, den entscheidenden Vorteil dieses modernen Verfahrens. Die Neuronavigation basiert auf einer elektronischen Verbindung präoperativ erhobener diverser, fusionierbarer bildgebender Diagnostik mit dem Kopf des Patienten beziehungsweise dem Operationsgebiet am Schädel und im Gehirn.

    Am Vortag des chirurgischen Eingriffs erfolgt z.B. eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MR) des Kopfes. Auf dem Schädel des Patienten befinden sich bei dieser Untersuchung spezielle selbstklebende Markierungspunkte. Sie dienen dazu, die später in das Navigationssystem überspielten mehrschichtigen Bilder genau in Relation mit den dreidimensionalen Strukturen des Schädels zu bringen. Schon vor der eigentlichen Operation kann die Operationsplanung jetzt am Computerbildschirm, auf dem sich die Ärzte das Gehirn und die Lokalisation des Tumors dreidimensional in verschiedenen Ebenen und unterschiedlichen Perspektiven anschauen können, simuliert werden.

    Zur besseren Orientierung werden zuvor wichtige Areale auf den CT- oder MR-Bildern markiert. So ist genau erkennbar, wo sich der Tumor in Beziehung zu funktionell wichtigen Hirnarealen und Strukturen befindet und wo wichtige Areale, wie beispielsweise das Bewegungs- oder Sprachzentrum liegen, die auf keinen Fall geschädigt werden dürfen. Da sich Hirngewebe nicht zu regenerieren vermag, käme es im Falle einer Verletzung solcher Strukturen zu lebenslangen Ausfallerscheinungen, der Patient könnte also nach der Operation lebenslang nicht mehr sehen, nicht oder nur noch eingeschränkt sprechen oder er erlitte, je nach Lokalisation des verletzten Gewebes Lähmungen, Gefühlsempfindungsstörungen oder andere unwiederbringliche Schäden bei der Steuerung wichtiger Körperfunktionen.

    Wichtiges Herzstück des neuen Navigationssystems ist eine Kamera, die In-frarotstrahlen aussendet und empfängt. Auf jedem beliebigen Operationsinstrument oder Mikroskop sind reflektierende Kügelchen anbringbar, die vom System geortete werden. Während der Operation huschen bei jeder noch so kleinen Bewegung des Instruments Infrarot-Blitze zwischen Kamera und Instrument hin und her, die vom System elektronisch mit den eingespeisten bildgebenden Befunden in Einklang gebracht werden und schließlich als dreidimensionale Gehirnlandkarte auf dem Bildschirm erscheinen. Anhand dieser präzisen "Karte", die auch in das Okular des Mikroskops eingespielt werden kann, ist die Position des Instruments oder der Operationsmikroskop-Focus ohne den geringsten Zeitverzug deutlich erkennbar. Das System fungiert somit wie ein guter Kompass, der die Instrumente sicher zu ihrem Ziel, sprich zum Tumor führt, ohne wichtige gesunde Strukturen zu schädigen. Auf diese Weise wird insbesondere bei tiefliegenden Tumoren, bei denen der Weg durch gesundes Gewebe hindurch besonders weit ist, das Risiko deutlich minimiert.

    Trotz des großen Fortschritts im Hinblick auf eine schonende Tumorchirurgie im Gehirn, kann auch durch Einsatz dieses modernen Verfahrens bei bestimmten Tumorarten nicht gewährleistet werden, dass es nicht erneut zu einer Tumorbildung kommt. Die Ursache hierfür sind über den eigentlichen Tumorrand hinaus verstreute bösartige Tumorzellen, die die Eigenschaft haben, weit in das gesundes Hirngewebe hineinzuwachsen. Die Herausforderung für eine weitere Optimierung wird also jetzt darin liegen, gesundes und krankes Gewebe noch besser voneinander abzugrenzen und neue zusätzliche Therapiemöglichkeiten zu erforschen.

    Mit diesem neuen Operationssystem, über das weltweit erst sehr wenige Kliniken verfügen, sind die Neurochirurgen der Universität Münsterr aber gleichwohl schon ein sehr wichtiges Stück auf dem Weg zu mehr Sicherheit bei der Hirntumorchirurgie vorangekommen.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    regional
    Forschungsprojekte, Organisatorisches
    Deutsch


     

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