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Wissenschaft
Geowissenschaften: DFG foerdert FAU-Projekt
Vertikale Stoffverlagerungen in Boeden: Humus und Metalle wandern in die Tiefe
Die Aufforstung von Nadelbaeumen auf ehemaligen Laubbaumstandorten hat in Mitteleuropa zur Veraenderung der Boeden gefuehrt. Die Boeden entwickeln sich heute aehnlich wie in den kalten Gebieten Nordeuropas, in denen Nadelbaeume ihr natuerliches Verbreitungsgebiet haben. Eine vergleichende Studie von Dr. Andreas Stuetzer am Lehrstuhl fuer Physische Geographie der Universitaet Erlangen-Nuernberg soll zeigen, inwieweit die bodenbildenden Prozesse in beiden Klimaten vergleichbar sind und in welchen Zeitraeumen nachweisbare Veraenderungen eintreten. Das Projekt wurde in der ersten Phase durch eine Reisebeihilfe aus Mitteln der FAU gefoerdert und wird derzeit durch eine Sachmittelbeihilfe der DFG unterstuetzt.
Als Podsole bezeichnet man Boeden, aus deren oberen, als Horizonte bezeichneten Lagen Humus, Eisen, Aluminium und Naehrstoffe ausgelaugt und in die unteren Horizonte verlagert werden. Die Boeden erhalten durch die Stoffverlagerungen ihr typisches Profil mit bleichem Eluvial- und dunklem Illuvialhorizont (einem oberen Auswaschungs- und dem daruntergelegenen Anreicherungshorizont). Ursache der Verlagerungen ist eine starke Versauerung der Oberboeden, die durch mobile Streuprodukte hervorgerufen wird. Solche Abbauprodukte fallen vor allem in Nadelwaeldern und Zwergstrauchheiden an. Mit der Auslaugung verschlechtert sich gleichzeitig die Standortqualitaet, so dass nur Pflanzen mit geringen Standortanspruechen stark podsolierte Boeden besiedeln koennen.
Da Podsole grossflaechig in der kaltgemaessigten (= borealen) Zone Nordamerikas und Eurasiens auftreten, galten sie lange Zeit als "die" Boeden dieser Klimazone. Heute weiss man hingegen, dass sie in allen humiden, d. h. feuchten Klimazonen von den Polen bis zum Aequator als Primaerbildungen entstehen. Da die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen allgemein mit steigenden Temperaturen zunimmt, laufen die Podsolierungsprozesse in waermeren Regionen sogar wesentlich schneller ab als in kalten Gebieten. Auf der anderen Seite ist die Verbreitung der Podsole in den warmen Klimazonen staerker an bestimmte Substrate und Vegetationsgesellschaften gebunden. So sind in Skandinavien podsolierte Boeden selbst in Birkenwaeldern weit verbreitet, waehrend in vergleichbaren Laubwaldstandorten Mitteleuropas keine Podsolierungen erkennbar sind. Das kann bedeuten, dass bei unterschiedlichen klimatischen Bedingungen aus aehnlichem organischem Material verschiedene Umbauprodukte entstehen. Dies zu untersuchen, ist eine Aufgabe innerhalb des Forschungsprojektes.
Probennahme zwischen Nuernberg und Nordkap
Zur Ermittlung der Variationsbreite der Bodenbildungen innerhalb der borealen Zone wurden in den Jahren 1994-96 an ausgewaehlten Standorten Skandinaviens Bodenbeprobungen durchgefuehrt. Die Untersuchungen haben u.a. gezeigt, dass in den Boeden bei hohen Niederschlaegen und niedrigen Temperaturen Humusverlagerungen ueberwiegen, in trockeneren und waermeren Gebieten dagegen Metallverlagerungen dominieren.
Zum Vergleich mit den borealen Standorten wurden u.a. Proben in jungen Aufforstungen der Kuestenduenen West-Juetlands genommen. Diese haben ergeben, dass primaere Podsole mit deutlicher Horizontdifferenzierung im gemaessigten Klima Mitteleuropas bereits innerhalb von 80 Jahren entstehen koennen. In borealen Gebieten wird dagegen zum Erreichen desselben Entwicklungsstandes mit einer Mindestdauer von 300 Jahren gerechnet.
Die meisten der heute in Mitteleuropa vorkommenden podsolierten Boeden sind jedoch keine Primaerentwicklungen, sondern sekundaer durch Eingriffe des Menschen aus anderen Boeden hervorgegangen. Vor allem das Entstehen grossflaechiger Heiden im Mittelalter sowie die neuzeitliche Anlage von Nadelbaum-Monokulturen und die dadurch bedingte Anreicherung saurer Streu sind dafuer verantwortlich. Beispiele solcher sekundaeren Bodenentwicklungen findet man auch in der unmittelbaren Umgebung Erlangens im Nuernberger Reichswald. Dieser urspruenglich laubbaumreiche Mischwald wurde seit der Erfindung der Nadelbaumsaat durch den Nuernberger Patrizier Peter Stromer im Jahr 1368 fast vollstaendig in einen Nadelforst umgewandelt. Dies hat wiederum zu mehr oder weniger starken Podsolierungserscheinungen gefuehrt.
Durch einen Vergleich der Boeden in den relativ naturnahen Mischwaldresten und in den naturfernen Nadelbaumbestaenden soll ermittelt werden, wie stark die Veraenderungen waren, die sich hier in den vergangenen Jahrhunderten vollzogen haben. Die Frage nach dem Ausmass der anthropogenen Veraenderungen ist auch fuer die Forstwirtschaft von Interesse, da sie fuer die Zukunft einen verstaerkten Waldumbau in Richtung naturnaher, laubbaumreicher Bestaende anstrebt.
Die wissenschaftlichen Studien werden ergaenzt durch die Erarbeitung einer Podsol-Bibliographie fuer den Zeitraum 1976-1996, die allen Interessierten im Internet ueber die Homepage des Geographischen Instituts zur Verfuegung steht. Die Bibliographie enthaelt derzeit etwa 500 Titel, von denen 200 nach Regionen geordnet abrufbar sind.
Kontakt: Dr. Andreas Stuetzer, Institut fuer Geographie, Kochstrasse 4, 91054 Erlangen, Tel.: 09131/85 -2017, Fax: 09131/85 -2013, E-mail: astuetz@geographie. uni-erlangen.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geowissenschaften
überregional
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Deutsch
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