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Wissenschaft
Zwei Kunststoffringe und ein kleiner Kranz elastischer Stößel, exakt ineinandergefügt, konzentrisch um eine Achse angeordnet - was auf den ersten Blick ein wenig an einen Spielzeug-Bausatz erinnert, stellt die Basis für völlig neuartige Präzisionsgetriebe dar, die für die Antriebstechnik eine Revolution bedeuten. Selbst im internationalen Vergleich wird das Wave Drive-Prinzip der Ansbacher Firma Matthias Oechsler & Sohn (MOS) als hoch innovative Technologie eingeschätzt, mit guten Chancen, rasch einen großen Anteil des Markts zu erobern. Der Lehrstuhl für Konstruktionstechnik von Prof. Dr.-Ing. Harald Meerkamm an der Universität Erlangen-Nürnberg leistet nun eine Hilfestellung, wie sie zur breiten Markteinführung der neuen Getriebefamilie unumgänglich ist. Um die Gestaltung und Auslegung solcher Kunststoffgetriebe bis zur Serienreife voranzutreiben, hat die Bayerische Forschungsstiftung einen Zuschuß in Höhe von insgesamt 1.115.000 Mark bewilligt.
Mehr als 50 Kleinantriebe sind allein schon in jedem Personenwagen zu finden; mit Wasch- und Trockenautomaten, Küchenmaschinen, Heimwerkerzubehör und anderen Elektrogeräten kommt pro Haushalt nochmals ungefähr dieselbe Zahl hinzu, mit steigender Tendenz. Für die vielfältigen Anwendungen auf diesem expandierenden Markt werden Getriebe gebraucht, mit denen sich die Drehzahl des Elektromotors den jeweiligen Erfordernissen anpassen läßt.
Das bereits international patentrechtlich geschützte Prinzip der Firma MOS erfüllt diese Vorgabe und vereint darüber hinaus technische und wirtschaftliche Vorteile auf einzigartige Weise. WAVE-DRIVE®-Kunststoffgetriebe sind hochgradig anpassungsfähig. Ihr Wirkungsgrad beläuft sich auf bis zu 75 Prozent. Sie bestehen aus wenigen Bauteilen, die mittels Spritzgießverfahren kostengünstig zu produzieren sind. An- und Abtrieb sind koaxial; die Lagerung verspricht auf Dauer eine störungsfreie Funktion.
Die Brücke zur Praxis
Es wird erwartet, daß diese innovative Technologie sowohl in der Entwicklungs- als auch in der Vermarktungsphase eine Vielzahl von qualifizierten Arbeitsplätzen neu entstehen läßt und langfristig sichert. Nach ersten Hochrechnungen wird auf Dauer Arbeit für rund 150 Fachkräfte geschaffen, vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen.
Den Nachweis des wirtschaftlichen Erfolgspotentials hat MOS bereits angetreten: Untersuchungen zur prinzipiellen Machbarkeit sind durchgeführt, die Marktchancen eingeschätzt. Zur schnellen Einführung ist jedoch der Rückgriff auf eine Wissensbasis erforderlich, die über die Ressourcen eines einzelnen Industriebetriebs hinaus reicht. An dieser Stelle überbrückt das bayerische Forschungsnetzwerk den Abstand zwischen Möglichkeit und Realisation. Die Förderung erschließt die Instrumente der Forschung für die Praxis und führt die technologisch-industriellen Kenntnisse der Firma MOS mit den wissenschaftlichen Kompetenzen an der Universität zusammen.
Ehe aus den vorliegenden Erkenntnissen ein Standard-Lieferprogramm von unterschiedlichen Varianten und Baugrößen entsteht und die Fertigung von Einzelteilen anlaufen kann, ist es nötig, bisher nur punktuell nachgewiesene Eigenschaften systematisch zu erforschen und zu validieren. Zentrale Aufgabe des Lehrstuhls für Konstruktionstechnik ist es, Berechnungsformeln herzuleiten und einzelne Teilfunktionen bis hin zur Funktion des Gesamtsystems zu simulieren. Prüfstandversuche sollen die dafür notwendigen Kenndaten experimentell ermitteln.
Zu Beginn steht die genaue Analyse eines Prototyps der neuen Getriebeart im Hinblick auf Details der Konstruktion und auf die tribologische Beanspruchung, auf Reibung und Verschleiß. Dabei sollen zur mechanischen und thermischen Belastung, zu kritischen Bereichen u. a. genaue Daten gewonnen werden, die als Kriterien für die Auswahl geeigneter Werkstoffe dienen.
Parallel dazu werden Prüfstände entwickelt und aufgebaut. Für Tests von Einzelkomponenten des Getriebes genügt die Modifikation eines am Lehrstuhl vorhandenen Prüfstands; für das Gesamtgetriebe muß ein neuer klimatisierter Prüfstand aufgebaut werden. Hier werden Kennwerte zur Bestätigung der theoretischen Modelle und für Berechnungsformeln ermittelt, welche die Grundlage für Getriebebaureihen des neuen Typus bilden. Verschiedene Parameter der Konstruktion - z. B. Details in der Verzahnungsgeometrie, wie Zahnbreite, Module etc. - werden systematisch variiert und die Varianten technisch und wirtschaftlich bewertet.
Mit Abschluß des Projekts wird das System Getriebe nach dreijähriger Forschungsarbeit mathematisch beschrieben sein: alle Berechnungsformeln, die der Konstrukteur für die Auslegung einer solchen Getriebebaureihe benötigt, stehen also zur Verfügung. Mit Hilfe der Ähnlichkeitstheorie können weitere Baureihen durch Skalieren der Parameter abgeleitet werden. Die Firma MOS wird WAVE-DRIVE®-Kunststoffgetriebe dann als Systembausteine für die unterschiedlichsten Anwendungen anbieten können.
* Kontakt:
Prof. Dr. Harald Meerkamm, Prof. Dr. Willy Schweiger
Lehrstuhl für Konstruktionstechnik
Martensstraße 8, 91058 Erlangen
Tel.: 09131/85 -27986, -23222, Fax: 09131/85 -27988
E-Mail: meerkamm@mfk.uni-erlangen.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Elektrotechnik, Energie, Maschinenbau, Werkstoffwissenschaften, Wirtschaft
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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