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Wissenschaft
Religion ist mehr als nur der Glaube an einen oder mehrere Götter. In unserer säkularisierten Gesellschaft wird oft vergessen, dass Religion zu den wesentlichen Bestandteilen der Kultur eines Volkes oder Staates gehört. Die Wechselwirkung von Religion und Gesellschaft ist Gegenstand des Sonderforschungsbereiches 493 "Funktionen von Religion in antiken Gesellschaften des Vorderen Orients" an der Westfälischen Wilhelms-Universität, der am Jahresanfang seine Arbeit aufgenommen hat und am Mittwoch, 24. Mai 2000, offiziell in Münster eröffnet wird.
Bemerkenswert an diesem Sonderforschungsbereich, der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im ersten Jahr mit rund 1,8 Millionen Mark gefördert wird, ist die Vielzahl der beteiligten, teilweise kleinen Fächer: Ägyptologie, Alte Geschichte, Altorientalistik, Arabistik, Archäologie, Bibelwissenschaften, Byzantinistik, Indogermanistik, Judaistik, Klassische Philologie, Soziologie und Kirchengeschichte. Untersucht werden das antike Griechenland, Kleinasien, Mesopotamien, Syrien, Palästina/Israel, Iran, Ägypten und Nordafrika in der Zeit vom vierten Jahrtausend vor Christus bis in die byzantinisch und klassisch-arabische Zeit.
Zeit- und Kulturraum sind für die Fragestellungen der Forscher besonders geeignet, denn hier haben drei Weltreligionen, Judentum, Christentum und Islam, ihren Ursprung. Diese bestimmen auch heute nicht nur den Vorderen Orient, sondern haben auch unsere Lebenswelt vielfältig geprägt: Das griechisch- römische Denken hat sowohl die moderne Rechts- und Staatsauffassung, die Philosophie als auch umfassendere Kategorien des Denkens und Handelns entscheidend mitgeformt. Der Islam seinerseits hat die Tradition antiker Wissenschaft und Philosophie an den Westen vermittelt.
Im Sonderforschungsbereich 493 werden die Funktionen von Religion auf verschiedenen Ebenen unter die Lupe genommen: auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene, in Beziehung zu anderen Bereichen der Kultur, in Beziehung zu gesellschaftlichen Gruppen sowie im Blick auf die Bedeutung für das Individuum und für die natürliche Umwelt. Insgesamt soll untersucht werden, wie Religion und Gesellschaft sich gegenseitig bedingen und verändern. Dabei sind zwei Zielrichtungen der Funktionen von Religion Grundlage: Religion kann gesellschaftlich stabilisierend oder destabilisierend wirken. Sie kann Herrschaftsformen legitimieren und die individuelle Sinnstiftung fördern, sie kann aber auch den politischen Umsturz fördern und den Einzelnen in Glaubenskrisen stürzen.
Im Rahmen der Eröffnungsfeier, die am 24. Mai 2000 um 10 Uhr in der Aula des münsterschen Schlosses beginnt, wird nach verschiedenen Grußworten der Sprecher des neuen Sonderforschungsbereiches, der Theologe Prof. Dr. Rainer Albertz, über erste Erfahrungen und Perspektiven berichten. Anschließend hält Prof. Dr. Henk Versnel von der niederländischen Universität Leiden den Festvortrag über das Thema "Gespaltene Persönlichkeiten: Multiperspektivität griechischer Götter". Vier Mitarbeiter des Sonderforschungsbereiches liefern dann am Beispiel des Phänomens der Erlösung die Skizze einer interdisziplinären Diskussion. Prof. Dr. Joachim Dorfmüller und Heribert Woestmann umrahmen mit musikalischen Improvisationen und Rezitationen die Eröffnungsfeier.
http://www.uni-muenster.de/AZERKAVO/
König Sulumeli opfert vor dem Schutzgott (Anfang des 1. Jahrtausends v.Chr./Ankara)
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Religion, Sprache / Literatur
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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