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Wissenschaft
upm-Pressemitteilung der Universitaet Muenster 79/97 - 20. Maerz
Nur was auffaellt, wird als Architektur wahrgenommen
Psychologen der Universitaet Muenster untersuchten Auffassungen zur Architektur
Muenster (upm) Kreativitaet, Kunst und Phantasie bringen Laien als erstes mit Architektur in Verbindung. So sind vor allem jene Ge baeude bekannt, die bunt und spektakulaer daherkommen wie die Bauten eines Friedensreich Hundertwasser. Nicht immer ist da s, wa s den Massengeschmack trifft, auch das, was von Fachleuten als besonders wertvoll eingeschaetzt wird. Prof. Dr. Rainer Brom me und Dipl-Psych. Riklef Rambow vom Fachbereich Psychologie der Westfaelischen Wilhelms-Universitaet Muenster sind der Frage nac hgega ngen, welche Vorstellungen junge Erwachsene mit dem Begriff "Architektur" verbinden, wie sie ihre gebaute Umwelt wahrnehmen und welche Erwartungen sie an Architekten haben.
Der Bund Deutscher Architekten hat die Untersuchungen gefoer dert, um daraus Anregungen fuer eine moegliche Behandlung des Themas Architektur in den Schulen zu gewinnen. So sind die Er gebnisse der Befragungen von Schuelern und Studenten und der Untersuc hung von Presseberichten mit Hilfe studentischer Pro banden zwar nicht repraesentativ, lassen aber dennoch vielfaeltige Schlussfolgerungen zu.
Architektur scheint fuer viele Laien etwas zu sein, was man vor allem ueber die Augen wahrnimmt. Beruehrung und Bewegung spielen demgegenueber nur eine geringe Rolle. Entsprechend nennen die meisten jungen Leute auch Beispiele, die sie noch nie von innen gese hen haben. Die Gebaeude, die sie taeglich benutzen, scheinen dagegen kaum unter architektonischen Gesichtspunk ten wahrgenommen zu werden.
Architektur hat fuer viele Laien mit Zeitgeist, Image und Prestige zu tun. Es handelt sich in ihren Augen um ein Luxusgut, das nur wenigen zugaenglich ist. Wenn Gebaeude altern, scheinen sie haeufig an Interesse zu verlieren. Sie verlieren durch Gewoehnu ng an Aussergewoehnlichkeit und damit an Reiz. Entsprechend bildet die Architektur der fuenfziger, sechziger und siebziger Jahre fuer viele Laien den Inbegriff der "Nicht-Architektur". Die Bauten, die in diesen Jahren entstanden sind, werden pauschal abgelehnt . Qua litaetsunterschiede werden von dieser pauschalen Wahrnehmung ueberdeckt. Oft wird die Vorstellung geaeussert, man habe in dieser Zeit beim Bauen ueberhaupt nicht an gestalterische Aspekte gedacht, sondern sei nur nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vor gegang en.
Nur wenige Laien bringen Architektur mit ethischen oder gesellschaftlichen Aspekten in Zusammenhang oder sprechen ihr eine utopische Dimension zu. Auch die Bedeutung der gebauten Umwelt fuer das eigene Leben wird eher gering eingeschaetzt. Architektur wi rd kaum als Ausdruck kultureller Tendenzen wahrgenommen, sondern eher als Produkt der Kreativitaet von Einzelpersonen. Themen, die unter Architekten und im Feuilleton der Tagespresse lebhaft diskutiert werden, wie zum Beispiel die Symbolfunktion der Archite kt ur bei der Umgestaltung Berlins als neue deutsche Hauptstadt, spielen fuer Laien kaum eine Rolle. Diejenigen, die die Bautaetigkeit in Berlin verfolgen, scheinen eher durch das enorme Ausmass dortiger Baustellen und die technischen Leistungen, die dort e rbra cht werden, fasziniert zu sein.
Das Bild von Architektur, das die Laien in den Untersuchungen aeussern, ist nach Ansicht der Psychologen in mancherlei Hinsicht problematisch. Wichtige Qualitaetskriterien von Gebaeuden, wie deren langfristige Wirkung, die Einbindung in den Gesamtkontext der staedtischen Umgebung, die Schaffung raeumlicher Umgebungen, die mit allen Sinnen wahrgenommen werden, oder auch ihre oekologischen Auswirkungen, scheinen fuer die hier befragten Schueler und Studenten nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Zudem empf inden viele der befragten Personen Architektur als etwas, das sie selbst nicht beeinflussen koennen. Die Gestaltung ihrer raeumlichen Umgebung ist fuer sie keiner oeffentlichen Kontrolle unterworfen, das Wissen ueber Moeglichkeiten der Partizipation gering ode r nicht vorhanden. Die eigenen Gestaltungsmoeglichkeiten beschraenken sich fuer sie auf die eigene Wohnung. Es scheint von daher auch fuer viele kaum persoenliche Beziehungen zu oeffentlichen Orten zu geben.
Es wurde allerdings ebenso deutlich, dass viele junge Leute das Thema Architektur nur deshalb uninteressant finden, weil sie sich bisher kaum darueber Gedanken gemacht haben. Haeufig wurde im Verlauf der Untersuchung deutlich, dass die Schueler recht schnell erkennen, dass Architektur mehr Facetten hat, als ihnen bisher bewusst war, und dann auch Interesse fuer das Thema entwickeln. Insofern lautet eine der Schlussfolgerungen dieser Untersuchung: Es lohnt sich fuer die Berufsverbaende, darueber nachzudenken, wie sie jungen Leuten in und ausserhalb der Schule das Thema Architektu r naheb ringen koennen.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Psychologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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