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Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat erstmals das Genom des Schnabeltiers sequenziert und analysiert. Dies berichtet die renommierte Fachzeitschrift Nature in der Titelgeschichte ihrer Ausgabe vom 8. Mai 2008. Beteiligt waren auch Forscher der Universität Münster, die unter anderem die Position des Schnabeltiers im Stammbaum der Säugetiere eindeutig klären konnten. Die Ergebnisse der Studie legen viele genetische Besonderheiten offen, durch die sich das Schnabeltier - ein sehr ursprüngliches Säugetier - von anderen Säugern unterscheidet. Das sequenzierte Genom des Schnabeltiers eröffnet jetzt neue Perspektiven in der vergleichenden Genomforschung und ermöglicht eine lückenlose Rekonstruktion der genetischen Evolution der Säuger.
Das Schnabeltier ist eine von fünf lebenden Arten der Kloakentiere, der ursprünglichsten, Eier legenden Säugetiergruppe. "Viele Merkmale, wie das Eierlegen und der Schnabel, lassen die Verwandtschaft zu Reptilien und Vögeln vermuten. Andere Merkmale, wie der Besitz eines Fells und die Aufzucht der Jungen mit Milch, deuten jedoch auf die Säugetierverwandtschaft hin", erklärt der Evolutionsbiologe Dr. Jürgen Schmitz, Leiter des münsterschen Teams.
Die Münsteraner vom Institut für Experimentelle Pathologie (Institutsleitung: Prof. Dr. Jürgen Brosius) bilden im Genom-Konsortium eines der Kernzentren für die Analyse von "kleinen nicht-protein-kodierenden RNAs". Zudem sind sie federführend bei der Phylogenomik - also der Rekonstruktion von Verwandtschaftsbeziehungen durch den Vergleich von DNA-Sequenzen - sowie der Analyse von "springenden Genen" im Schnabeltier-Genom.
"Durch die Untersuchungen unseres Teams konnte nun die Position des Schnabeltiers im Stammbaum der Säuger eindeutig geklärt werden", so Dr. Schmitz. Nach phylogenomischen Analysen von Gennady Churakov and Dr. Jan Ole Kriegs hat sich die Linie der Kloakentiere vor rund 166 Millionen Jahren als erste Abzweigung der Säugetiere von einem reptilienähnlichen Vorfahren abgespalten.
Nach Untersuchungen von Anja Zemann aus dem münsterschen Team ist die Ausstattung des Schnabeltiers mit spezifischen kleinen RNA-kodierenden Genen, deren Genprodukte eine essenzielle Rolle in der Proteinbiosynthese spielen, einzigartig. Eines dieser Gene befindet sich im Genom vor einem Sequenzabschnitt, der einem springenden Gen ähnelt. Durch diese Kombination wird eine mehr als vierzigtausendfache Multiplikation des RNA-Gens verursacht. Für einige dieser Kopien konnte exprimierte RNA nachgewiesen werden. In Kooperation mit Dr. Frank Grützner (Universität von Adelaide, Australien) konnten die Münsteraner geeignetes Gewebematerial für ihre RNA- und DNA-Analysen gewinnen. Die genomweite Sequenzierung kleiner RNA-Gene wurde mit Unterstützung des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik in Berlin durchgeführt.
Das Genom des Schnabeltiers umfasst ca. 2,4 Milliarden Basenpaare. Davon wurden 1,84 Milliarden im Genomprojekt sequenziert. Zwar ist die Größe des Genoms vergleichbar mit denen anderer Säuger, jedoch ist die Aufteilung auf 52 Chromosomen eher ungewöhnlich und hat Reptiliencharakter, wie die Studie zeigt. Eine Besonderheit sind die Geschlechtschromosomen. Die männlichen Schnabeltiere besitzen fünf X- und fünf Y-Chromosomen, die weiblichen zehn X-Chromosomen, die den Z-Chromosomen der Vögel ähnlich sind.
Bei der so genannten genomischen Prägung werden Gene abhängig von ihrer elterlichen Herkunft in aktiver oder inaktiver Form vererbt. Ursache sind Veränderungen an der DNA, die zusätzlich zur Informationsübertragung durch die Basenfolge des genetischen Codes vererbt werden. Genomische Prägung wurde zwar häufig bei Plazentatieren wie zum Beispiel Beuteltieren und Primaten beschrieben, konnte jedoch nicht im Schnabeltier nachgewiesen werden.
Mit diesen und vielen anderen Charakteristika nimmt das Schnabeltier eine Schlüsselrolle im Verständnis der Evolution der Säugetiere ein. "Das Schnabeltiergenom ist eine ideale 'Außengruppe' für vergleichende Untersuchungen konservierter Gene und bietet im Vergleich zu anderen Vertebraten zusammen mit dem menschlichen Genom eine maximale Variation innerhalb der Säuger", so Dr. Schmitz.
Die Ergebnisse des Schnabeltier-Genomprojekts, das von Dr. Wesley C. Warren vom "Genome Sequencing Center" der Universität St. Louis (USA) koordiniert wurde, sind nicht nur Titelgeschichte in "Nature", sondern werden auch in der Juni-Sonderausgabe 2008 der Zeitschrift Genome Research veröffentlicht.
http://zmbe2.uni-muenster.de/expath/frames.htm Institut für Experimentelle Pathologie
http://www.nature.com/nature/journal/v453/n7192/ Nature (8. Mai 2008; Band 453/7192)
Das münstersche "Schnabeltier-Team": Prof. Dr. Jürgen Brosius und Dr. Jürgen Schmitz (sitzend) sowie ...
Foto: privat
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Schnabeltier unter Wasser
Foto: Dave Watts
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Informationstechnik
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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