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07.08.2008 10:39

Thora-Rollen: Grabsteinfinanzierung gesichert

Dipl.-Journalist Tobias D. Höhn Pressestelle
Universität Leipzig

    1998 beim Umbau der Bibliotheca Albertina entdeckt, wurden mehrere eingemauerte Thora-Rollen 1999 nach jüdischem Brauch beerdigt. Man glaubte damals, die Rollen stammten aus Leipziger Gemeinden und seien in die Bibliothek gerettet worden. Durch in der Universitätsbibliothek im Jahr 2007 aufgefundene Briefwechsel ist die Geschichte nun genauer bekannt.

    Ein gewisser Feldwebel Johannes Kohlhoff schrieb am 20. Dezember 1939 an Fritz Prinzhorn (Direktor der Universitätsbibliothek Leipzig von 1939 bis 1945) aus dem von deutschen Truppen besetzten Polen: "Mit der Ortskommandantur Krosniewice übernahm ich Gegenstände, die in der hiesigen Synagoge sichergestellt waren, unter anderm auch Gebetsrollen, von denen ich beifolgend einige Stücke mit der Bahn an Sie einsende". Direktor Prinzhorn bestätigte am 4. Januar 1940 den Empfang des ersten Schreibens. Später bedankt er sich am 17. Januar und am 2. April 1940 für den Eingang von insgesamt 9 Thora-Rollen, jeweils auf Stäben, mit Scheiben und Griffen, Bändern und Mänteln.

    Die beerdigten Thora-Rollen stammen also nicht aus Leipziger Synagogen und wurden in der Universitätsbibliothek auch nicht vor den Nationalsozialisten versteckt. Viel mehr handelt es sich bei den neun Thora-Rollen um Raubgut aus einer Synagoge aus Krosniewice, aus dem Besitz der dortigen jüdischen Gemeinde. Vermutet wird, dass Direktor Prinzhorn das Durcheinander im Jahr 1945, als die UBL durch einen Bombenangriff schwer getroffen wurde und der Lesesaal ausbrannte, nutzte, um sich des Raubguts auf schnelle Weise zu entledigen. Es wur-den übrigens in einer eigens eingezogenen Zwischendecke auch vier rechtmäßig im UB-Bestand befindliche Thora-Rollen mit versteckt.

    Die Universitätsbibliothek Leipzig hat mit der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig einen neuen Text für den Grabstein entworfen, der nun lautet: "Hier ruhen Thora-Rollen / 1939 aus Polen geraubt und von der Universitätsbibliothek übernommen / 1998 bei Restaurierungsarbeiten geborgen / 1999 im Juni hier beerdigt".

    Die Universitätsbibliothek Leipzig unterstützt, gemeinsam mit dem Förderverein der Bibliotheca Albertina e. V., die Anschaffung und Beschriftung eines neuen Grabsteins auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in Leipzig zur Erinnerung an die dort 1999 beerdigten Thora-Rollen.

    Die Aufstellung des neuen Grabsteins im Herbst wird eigens angekündigt werden.
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    Weitere Informationen:

    Direktor der Universitätsbibliothek
    Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider
    Telefon: 0341 97-30500
    E-Mail: schneider@ub.uni-leipzig.de


    Weitere Informationen:

    http://www.ub.uni-leipzig.de - Universitätsbibliothek Leipzig


    Bilder

    Die Bibliotheca Albertina der Universität Leipzig.
    Die Bibliotheca Albertina der Universität Leipzig.
    Quelle: Jan Woitas


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Philosophie / Ethik, Religion
    regional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Organisatorisches
    Deutsch


     

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