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Wissenschaft
Am 20. Dezember 1988 war es soweit: Der Senat der Universität Düsseldorf beschloss in seiner 178. Sitzung den Antrag auf Namensänderung in "Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf".
"Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf", das geht Studenten, Professoren und Mitarbeitern heute leicht und ganz selbstverständlich über die Lippen. Die Universität der NRW-Landeshauptstadt heißt nach Heine: Wie denn sonst. Man ist stolz auf den Namen und zitiert Heine, wann immer es sich anbietet. Dass der Name lange erstritten wurde, ist heute fast vergessen.
Am 20. Dezember 1988 war es soweit: Der Senat beschloss in seiner 178. Sitzung den Antrag auf Namensänderung bei der damaligen NRW-Wissenschaftsministerin Anke Brunn zu stellen.
Dreiundzwanzig Jahre war um diesen Namen gekämpft worden. Schon bei der Gründung der Universität 1965 schlägt der Düsseldorfer Oberstadtdirektor Gilbert Just den Namen "Heinrich-Heine-Universität" vor, was aber von Kultusminister Paul Mikat abgelehnt wird. 1968 dann empfiehlt eine Gruppe von wissenschaftlichen Mitarbeitern und Professoren die Umbenennung. Der Mediziner und Philosoph Prof. Dr. Dr. Alwin Diemer spricht sich in seiner Antrittsrede als Rektor gegen diesen Namensvorschlag aus. Am 13. Dezember 1968 konstituiert sich die "Bürgerinitiative Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf", die fortan, gemeinsam mit dem AStA, für den neuen Namen kämpft.
Das beschert der Universität Düsseldorf ein heute unvorstellbares weltweites Aufsehen, sogar in Meyers Neues Lexikon (1979) wird der Streit erwähnt, der sich in den nächsten Jahren fortsetzt.
Die Auseinadersetzung erreicht 1976 ein neues Niveau, als der damalige Rektor, der Anglist Prof. Herbert Rauter, die Anweisung gibt, Briefe mit dem Schriftzug "Heinrich-Heine-Universität" an den Absender zurückzusenden. Die Fachschaften und der AStA führen diesen Namen da schon seit Jahren.
Im Heine-Jahr 1981 (125. Todesjahr) feiert die ganze Stadt ihren großen Sohn, der nordrhein-westfälische Landtag empfiehlt am 17. Februar "der Universität zu Düsseldorf, sich den Namen Heinrich-Heine-Universität zu geben." Zwei Tage später legt die Stadt nach und empfiehlt einstimmig die Umbenennung.
Am 10. Februar 1982 stimmt der Konvent der Universität dann ab, mit 44 zu 41 Stimmen entscheidet man sich gegen die Umrennung. In den folgenden Jahren kocht die Namensfrage immer wieder hoch, der AStA verwendet diesen Namen weiterhin.
Weitere sechs Jahre vergehen, dann wird dem Senat am 20. Dezember 1988 der Antrag der Dekane Gunter Arnold (Medizin), Wilhelm Busse (Philosophie) und Dieter Wullf (Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät) auf Umbenennung noch einmal vorlegt. Mit 15 Ja- und 5 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung entscheidet sich der Senat für den Namen Heines.
Das Protokoll vermeldet nüchtern: "Sodann zitiert Univ.-Prof. Gössmann einige Zeilen aus dem Gedicht Heines 'Deutschland - Ein Wintermärchen'". Tatsache ist: Den Literaturwissenschaftler Prof. Wilhelm Gössmann, langjähriger Vorsitzender der Heine-Gesellschaft, Feuerkopf und Trommler im Sinne seines Patrons, reißt es einfach vom Stuhl, er ist überwältigt und spricht mit Tränen in den Augen. Die einen lächeln, die anderen sind irritiert. Aber die meisten haben Respekt vor so viel glaubwürdiger Emphase.
Der Rektor, der Altgermanist Prof. Dr. Gert Kaiser, erklärt, es sei die Geschichte einer schwierigen Zuneigung, die unversehens in eine leidenschaftliche, niemals aber in eine lauwarme Zuneigung umschlagen könne. "Alles hat seine Zeit. Bedeutende Dinge dürfen nicht erzwungen werden, sie müssen reifen." Am 19. Juni 1989 findet ein großer Festakt zur Feier der Namengebung statt, an dem auch Ministerpräsident Johannes Rau teilnimmt und die Kabarettistin Lore Lorentz Heine-Texte vorträgt. 1990 beschließt der Senat das neue Signet mit dem Namenszug in Großbuchstaben und der Unterschrift des Dichters.
Alt-Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Gert Kaiser heute augenzwinkernd in der Rückschau zum Jubiläum: "Eines verband Heine und unsere Universität Düsseldorf schon lange: Beide hatten eine gründliche Abneigung gegen das Getauftwerden. Und beide haben's damals getan. Die letzten 20 Jahre haben gezeigt, dass die Senatsentscheidung genau das Richtige war. Für den damaligen Oberbürgermeister Klaus Bungert war unsere Namensgebung übrigens das schönste Geschenk zum 700-jährigen Stadtjubiläum 1988."
Auch Kaisers heutiger Nachfolger im Rektoramt, Prof. Dr. Dr. Hans Michael Piper, kann sich noch gut an die Debatten über die Namensgebung erinnern, immerhin war er von 1985 bis 1993 am Institut für Physiologie beschäftigt. Sein Kommentar heute: "Die Senatsentscheidung hat der Universität Düsseldorf damals viel öffentliche Sympathie eingebracht. Der Name Heinrich-Heine-Universität ist seitdem zu einem wirklichen Markenzeichen in Wissenschaft, Forschung und Lehre geworden. Der 20. Dezember 1988 war ein großer Tag für unsere Universität. Manch einer meint: der Beginn einer Erfolgsstory."
Heute erinnert vieles an Heine und fast nichts mehr an die jahrelange Auseinandersetzung. Allenfalls zwei Bücher. Auf dem Campus stehen der Heine-Stein vor der Philosophischen Fakultät und der Nachguss einer von den Nazis eingeschmolzenen Statue, die heute vor der Universitäts- und Landesbibliothek zu einem beliebten Treffpunkt und Fotomotiv geworden ist. Ein Gipsabdruck der Grabbüste von Louis Hasselriis befindet sich im Rektorat. Die "Heine-Gastprofessur", die das Land der Universität zur Namensgebung schenkte, zählte bislang so prominente Redner wie Marcel Reich - Ranicki (legendär M. R.-R.'s Eröffnungsvorlesung 1991 über "Heine und die Liebe"), Wolf Biermann, Richard von Weizsäcker, Helmut Schmidt, Avi Primor, Siegfried Lenz und Robert Gernhard und zieht regelmäßig Publikumsmassen an. Manchmal findet sich auf dem einen oder anderen betagten Auto sogar auch noch ein alter Heine-Aufkleber des AStA.
Literatur:
Thomas Gutmann, "Im Namen Heinrich Heines. Der Streit um die Benennung der Universität Düsseldorf 1965 - 1988", Droste Verlag, Düsseldorf 1997
Holger Ehlert, Simone Kroschel, Andreas Meske, Silke Meyer (Hrsg.), "Die Jahre kommen und vergehn! 10 Jahre Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf", Grupello Verlag, Düsseldorf 1998
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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