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11.06.1997 00:00

Muntere Vögelchen können die Fernsehansagerin nicht ersetzen

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    92/97

    Muntere Voegelchen koennen die Fernsehansagerin nicht ersetzen

    Die deutsche Fernsehansage: Eine entwicklungsgeschichtliche Analyse

    Fernsehansagen gibt es schon so lange, wie es ein regelmaessiges deutsches Fernsehen gibt, und das existiert nun schon seit mehr als vierzig Jahren. Die Geschichte der Fernsehansage kann auch als ein Spiegel der TV-Geschichte ueberhaupt betrachtet werden, so jedenfalls Sylvia Brecko, die am Institut fuer Theater-, Film und Fernsehwissenschaften der Universitaet zu Koeln eine Forschungsarbeit zu diesem Thema erstellte. Dazu wurden von ihr die Programmoderationen - (Fernsehansagen) - von ARD, ZDF, RTL, SAT1 und Pro7 analysiert.

    Zu Beginn der deutschen Fernsehgeschichte in den fuenfziger Jahren hatte die Fernsehansagerin, es handelte sich damals ausschliesslich um Frauen, die Aufgabe, die technisch notwendigen Umschaltzeiten zu ueberbruecken. Das Programm war damals noch relativ unstrukturiert und die Ansagerin erfuellte zwischen den thematisch voellig unterschiedlichen Programminhalten eine Art Pufferfunktion. Mit der Entstehung des ZDF in den sechziger Jahren sah sich die ARD nun erstmals in einer Konkurrenzsituation. Bei beiden Sendern fuehrte das zur Herausbildung von unterschiedlichen Programmprofilen. Die ARD legte ihren Schwerpunkt nun weiterhin auf politische, kulturelle und bildende Programminhalte, wohingegen das ZDF sich mehr der allgemeinen Unterhaltung widmete. Gemaess ihren Inhalten waehlten die beiden Sender auch ihre Ansagertypen. Die ARD setzte erstmals auch maennliche Ansager ein, die den serioes kompetenten Charakter bestimmter Sendungen noch unterstreichen sollten. Das ZDF hingegen beschaeftigte weiterhin ausschliesslich attraktive weibliche Ansagerinnen, deren Praesentationen wesentlich "showmaessiger" abliefen. In den siebziger Jahren schliesslich kam es im Zuge der allgemeinen gesellschaftlichen Umbrueche auch bei der Programmoderation der Fernsehsender zu AEnderungen. Am massivsten aeusserte sich dies beim SDR, der versuchte, die Ansager bzw. Ansagerinnen durch ein Standbild mit munteren Voegelchen zu ersetzen, was bei den Zuschauern jedoch nicht gerade auf positive Resonanz stiess.

    Anfang der achtziger Jahre erhielten die oeffentlich-rechtlichen Anstalten Konkurrenz von den privaten Sendern. Das ZDF reagierte auf diese Veraenderung rasch indem es seine Sprecher aus ihrer Starrheit befreite und ihnen neue Moeglichkeiten der Entfaltung vor der Kamera bot. Das eher foederalistisch organisierte Erste Programm konnte dieser Entwicklung hingegen nur zoegernd folgen. In den folgenden Jahren fanden jedoch bei beiden Sendern zuschauerorientierte Programmerweiterungen und Umplazierungen statt. Dabei blieb allerdings ein ausgewogenes Verhaeltnis zwischen Information und Unterhaltung bestehen. Die Programminhalte der Privaten waren von Anfang an stark an dem fuer die werbetreibende Industrie attraktiven Publikum im Alter zwischen sechs und vierzig Jahren orientiert. Ungefaehr aus dieser Zeit stammt auch die neue Berufsbezeichnung "Programmoderator" bzw. "-moderatorin", wodurch deutlich wird, dass die Ansager fuer Text und Praesentation ihrer Moderation selbst verantwortlich sind. Der Koelner Fernsehwissenschaftlerin Silvia Brecko, die selbst bis Januar 1997 beim WDR als Programmoderatorin arbeitete, fiel auf, dass von den privaten Sendern Programmoderatoren eingesetzt wurden, die verschiedenen Klischees entsprachen: RTL zeigte "Menschen wie Du und ich". Demgegenueber stand das "stilisierte Mannequin" von SAT1. Pro7 wurde last not least von dem "Luxusweib" praesentiert. Letztgenannter Sender benutzte auch als erster in den fruehen Neunzigern Filmausschnitte, die eine "apetizer-Funktion" uebernehmen sollten. Die Ausschnitte wurden in Verbindung mit, von schoenen jungen Frauen dargebotenen, informativen Texten gesendet. SAT1 und RTL gingen schliesslich mehrmals taeglich dazu ueber, ausschliesslich werbewirksame Trailer zu senden und auf die Programmoderatoren voellig zu verzichten. Die wertvolle Sendezeit sollte nicht mehr fuer die eigene Programmpraesentation verschwendet werden, sondern auf publikumswirksame Programminhalte verteilt werden.

    Auch ARD und ZDF sahen sich von Mitte 1993 an genoetigt, ihre Programmpraesentation auf die Sendung von komprimierten Trailern zu bestimmten Sendezeiten zu beschraenken. Lediglich die dritten Programme arbeiteten weiterhin mit von Programmoderatoren entworfenen und praesentierten Ansagen. Der WDR sendet ebenfalls ab Januar 1997 ausschliesslich Trailer (kleine Vorschaufilme) und verzichtet auf Programmoderatoren. Nach Auffassung der Koelner Wissenschaftlerin ist diese Angleichung an die Privaten fuer ARD und ZDF, die einen voellig anderen Zuschauertypus bedienen, nicht gerechtfertigt. Die Trailer koennen zwar eine gewisse Entscheidungshilfe bei der Auswahl der Programme sein, die Haeufigkeit ihrer Einspielungen und ihre unharmonische Eingliederung in den Programmablauf, nervt jedoch vor allem aeltere Zuschauer. Silvia Brecko sieht die heutige Aufgabe der Programmoderatoren vielmehr darin, eine logische und harmonische Verbindung zwischen Trailer und Sendung zu schaffen und zwischen Zuschauer und Fernseher zu vermitteln. Die Person des Programmoderators soll in der immer unuebersichtlicher werdenden Medienlandschaft neue Orientierungsmoeglichkeiten schaffen.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Fuer Rueckfragen steht Ihnen Frau Brecko unter der Telefonnummer 0172/2914391 zur Verfuegung. Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.htm).

    Fuer die UEbersendung eines Belegexemplares waeren wir Ihnen dankbar.


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    Deutsch


     

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