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Wissenschaft
Auf der Hannover Messe Industrie 2001 vom 23. bis zum 28. April dieses Jahres präsentieren zwei Lehrstühle der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Schwerpunkte ihrer Forschung. Als Mitglied des Berliner Kreises e.V., eines wissenschaftlichen Forums zur Produktentwicklung, stellt der Lehrstuhl für Konstruktionstechnik von Prof. Dr. Harald Meerkamm die Zusammenarbeit mit der Firma Oechsler AG im Wave-Drive-Projekt vor, einem Kooperationsvorhaben zur Entwicklung eines neuartigen Kunststoffgetriebes. Der Lehrstuhl für Technische Thermodynamik (LTT) von Prof. Dr.-Ing. Alfred Leipertz zeigt am Gemeinschaftsstand von "Bayern Innovativ" zwei Exponate, eines zur laseroptischen Bestimmung von Durchmesser und Konzentration von Nanopartikeln und ein weiteres zur Visualisierung der Sprayausbreitung einer Kraftstoffeinspritzdüse.
Laserbasierter Partikelsensor für den Nanobereich
Das vorgestellte Exponat demonstriert die Funktionsweise eines neu entwickelten Sensors zur Partikelmesstechnik, das für eine Vielzahl zukunftsträchtiger Aufgabenstellungen deutliche Vorteile gegenüber konventionellen Messsystemen bietet. Der breite Anwendungsbereich reicht hierbei von der Rußmessung an modernen Dieselmotoren bis hin zur Produktcharakterisierung und Prozesskontrolle bei der industriellen Produktion von Pulvern in der Nanotechnologie.
Herzstück des Messsytems ist ein kompakter Hochleistungslaser, der winzigste Teilchen (wenige Millionstel Millimeter) innerhalb weniger Milliardstel Sekunden auf über 4000°C aufheizen kann. Als Folge davon strahlen die Teilchen, ähnlich einem glühenden Stück Kohle, Wärme ab, deren Messung und Auswertung umfassende Aussagen über die bestrahlten Partikel erlaubt. So ist beispielsweise erstmals eine optische Größenbestimmung winzigster Partikel möglich, die bislang nur über aufwendige und teuere Laboruntersuchungen mit Elektronenmikroskopen möglich war.
Ein wichtiges Anwendungsfeld wird dabei unter der Leitung von Prof. Leipertz mit dem mittlerweile patentierten Verfahren schon seit vielen Jahren bearbeitet. So stellt die Analyse der Partikel innerhalb von Abgasen von Verbrennungsmotoren einen wichtigen Schwerpunkt der Arbeiten mit bereits hohem Entwicklungsstand dar. Über das Spin-off-Unternehmen des Instituts, ESYTEC Energie- und Systemtechnik GmbH, Erlangen, ist zwischenzeitlich ein vollautomatisierter Rußsensor für den Einsatz innerhalb der Automobilbranche kommerzialisiert. Dieses System bietet gegenüber konventionellen Systemen eine deutlich verbesserte Empfindlichkeit, Geschwindigkeit und eine vereinfachte Handhabung. Darüber hinaus liefert die gleichzeitig messbare Partikelgröße zusätzliche Informationen, die im Hinblick auf das Gesundheitsgefährdungspotential durch motorische Rußemission innerhalb zukünftiger Abgasgrenzwerte und die Effektivität von Rußpartikelfiltern möglicherweise von entscheidender Bedeutung sein werden.
Weitere aktuelle Arbeiten betreffen beispielsweise die Prozesskontrolle innerhalb großtechnischer Produktionsanlagen von Nanopartikeln, z.B. technologisch wichtigen Pulvern. Das On-line-Messsystem hilft hier durch eine kontinuierliche Bestimmung der Partikelgröße, Fehler in der Anlage unmittelbar zu erkennen und damit den Ausschuss ganzer Produktchargen zu vermeiden.
Neben den stark anwendungsorientierten Aufgabenstellungen sind mit dem Messverfahren auch grundlegende wissenschaftliche Fragen zu beantworten. Im Mai diesen Jahres setzt der LTT beispielsweise erstmals eine speziell angepasste Variante des Sensors innerhalb eines ESA-Projektes in der Schwerelosigkeit ein, das die Erforschung der Rußbildung unter Extrembedingungen zum Ziel hat.
Spraydiagnostik
Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeiten des LTT-Erlangen ist die Analyse der Wirkkette der motorischen Verbrennung mittels laserbasierender Messverfahren. Diese berührungslosen Techniken ermöglichen einerseits die Analyse der für die Gemischbildung relevanten Zusammenhänge im Motor, wie zum Beispiel Strömungsfeld, Sprayausbreitung, Tropfengröße und -geschwindigkeit, Verteilung von Kraftstoffdampf, und andererseits die Darstellung von Schadstoffentstehung (z.B. unverbranntem Kraftstoff, Ruß und NO), Verbrennungstemperaturen bis hin zur Schadstoffemission. Durch den kombinativen Einsatz dieser Techniken konnten in den letzten Jahren bedeutende Beiträge zum Verständnisgewinn innermotorischer Prozesse geleistet werden, welche sich auch international höchster Anerkennung erfreuen.
Neben mehreren beheizbaren Einspritzkammern (bis 50 bar und 550°C) stehen dem LTT-Erlangen mittlerweile zwei Motorprüfstände und insgesamt vier Transparentmotoren (2xFEV, MAN, BMW) zur Verfügung. Das Exponat soll einen Einblick in dieses Tätigkeitsfeld geben und zeigt das Ausbreitungsverhalten eines Kraftstoffsprays anhand eines Saugrohreinspritzventils, wie es derzeit in PKW-Ottomotoren zum Einsatz kommt. Dabei wird der in ein Glasrohr eingespritzte Kraftstoffspray von einem Laser beleuchtet und das an den einzelnen Tropfen gestreute Licht von einer CCD-Kamera detektiert. Die vom Laser ausgesandten Lichtpulse sind sehr kurz, wodurch selbst extrem instationäre Vorgänge (z.B. Hochdruckeinspritzprozess) quasi "eingefroren" abgebildet werden können. Prinzipiell ist die Messtechnik natürlich nicht auf eine rein motorische Anwendungen beschränkt, sondern durchaus auch für die Diagnose jeglicher Zerstäubungsprozesse in anderen industriellen Einsatzgebieten (Lack-, Pharma-, Chemische Industrie, Kosmetik) geeignet. Die aufgenommenen Bilder können über entsprechende Bildverarbeitungssoftware in charakteristischen Strahlparametern zusammengefaßt werden und dienen beispielsweise in Kombination mit anderen Messdaten (Tropfengröße, Geschwindigkeit) als Grundlage für die Erstellung numerischer Simulationsmodelle.
Wissenschaftliches Know-How für Umsetzung von Produktideen
Dem 1993 gegründeten Berliner Kreis e.V. (BK) gehören Wissenschaftler an, die sich mit der integrativen Konstruktions- und Informationstechnik in Produktentwicklungsprozessen befassen. Die Vereinigung verfolgt das Ziel, Forschung und Lehre an die Herausforderungen anzupassen, die zu bestehen sind, wenn die Attraktivität und Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland erhalten und weiter ausgebaut werden sollen. Unternehmen, die Chancen aus neuen Technologien und aus der Forschung frühzeitig erkennen und für sich erschließen wollen, können das Know-How nutzen, das die über 400 wissenschaftlichen Mitarbeiter der Institute des BK zu Entwicklungsmethodiken, Führung und Prozessgestaltung, Suche nach Lösungsprinzipien, Bereitstellung von Werkzeugen der Informationsverarbeitung und Gestaltung von Maschinenelementen zur Verfügung stellen. Ein solcher Wissenstransfer kann wesentliche Wettbewerbsvorteile bewirken.
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Kooperation von Universitäten und Industrie ist die Unterstützung, die der Erlanger Lehrstuhl für Konstruktionstechnik bei der Entwicklung des Wave-Drive-Getriebes der Firma Oechsler leistet. Das Unternehmen hatte das enorme Marktpotential für eine patentierte Getriebekonstruktion erkannt, die nach dem Wellgetriebeprinzip arbeitet. Zur Umsetzung und Realisierung dieser Produktidee fehlte aber das notwendige Wissen über getriebetheoretische und konstruktionsmethodische Untersuchungen. Dies führte zur Kooperation mit dem Lehrstuhl für Konstruktionstechnik. In einem von der Bayerischen Forschungsstiftung geförderten Projekt führen Wissenschaftler des Lehrstuhls die theoretischen und experimentellen Untersuchungen durch, die zur Konstruktion und Fertigung einer kompletten Getriebebaureihe benötigt werden. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit konnte die Getriebefunktion maßgeblich verbessert werden. Heute stehen erste Prototypen des Getriebes in verschiedenen Baugrößen zur Verfügung.
Als kostenloses Angebot an die Industrie wurde das Berliner Kreis Kompetenz Netzwerk (BKKN) etabliert. Die Institute sind über ein Datenbanksystem miteinander vernetzt. Durch eine einfach Suche anhand von Stichworten lassen sich Themenschwerpunkte identifizieren und der Kontakt zu den fachlich kompetenten wisssenschaftlichen Mitarbeitern herstellen. Das BKKN bietet Beschreibungen zu Methoden und Werkzeugen bzw. Projekten an den einzelnen Instituten. Eine Vielzahl von Veröffentlichungen lässt sich direkt aus dem Netz herunterladen.
* Weitere Informationen:
Prof. Dr. Alfred Leipertz, Dipl-Phys. Frank Beyrau
Lehrstuhl für Technische Thermodynamik
Am Weichselgarten 8, 91058 Erlangen
Tel.: 09131/85 -29770, Fax: 09131/85- 29901
E-Mail: sek@ltt.uni-erlangen.de
Prof. Dr.-Ing Harald Meerkamm, Dipl.-Ing. Kristin Paetzold
Lehrstuhl für Konstruktionstechnik
Martensstraße 9, 91058 Erlangen
Tel.: 09131/85 -23220, Fax: 09131/85 -23223
E-Mail: paetzold@mfk.uni-erlangen.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Elektrotechnik, Energie, Informationstechnik, Maschinenbau, Werkstoffwissenschaften, Wirtschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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