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upm-Pressemitteilung der Universitaet Muenster 450/97 - 10. November 1997
Reform des Mathematik-Unterrichts durch Einsatz von Computeralgebra T(hoch 3) - ein praxisorientiertes Projekt an der Universitaet Muenster
Computer veraendern die Welt, der PC zu Hause ist fuer viele so selbstverstaendlich geworden wie Radio, Telefon und Fernsehen. Immer wieder gab und gibt es Forderungen nach einer Anpassung schulischer Lehrstoffe an die Anforderungen des modernen Lebens, vor allem aus der Industrie. Doch der Mathematik-Unterricht ist in Inhalt und Didaktik seit Jahrzehnten nahezu unveraendert. Selbst die breite Einfuehrung des Taschenrechners vor 20 Jahren hat nicht zu nennenswerten Veraenderungen gefuehrt. Und das, obwohl unser durch technische Hilfsmittel aller Art gepraegtes Leben immer mehr Anwendungen mathematischer Methoden erfordert. Im internationalen Vergleich schneidet der deutsche Mathematik- Unterricht schlecht ab: Er wird als zu schematisch und reproduzierend bewertet, zu wenig kreativ und zu wenig orientiert auf die Loesung von Problemen.
Die zunehmende Leistungsfaehigkeit der Computer ermoeglicht bessere grafische Darstellungen und kleinere Bauweisen. Dies wird fuer die Computeralgebra genutzt. Diese Programme, die sogenannten Computeralgebrasysteme (CAS), ermoeglichen numerisches und symbolisches Rechnen sowie grafische Darstellung mathematischer Funktionen auf Knopfdruck. Inhaltlich ergeben sich dadurch neue Moeglichkeiten fuer alle Schulformen ab der Mittelstufe zu einem mehr anwendungsbezogenen Mathematik- Unterricht, der auch faecheruebergreifend gestaltet werden kann. Realistische Beispiele aus Technik, Naturwissenschaften, Wirtschafts- und Soziallehre bis zu Politik lassen sich mit den entsprechenden mathematischen Modellen bearbeiten. Nicht mehr das Rechenverfahren an sich steht im Vordergrund und wird eingeuebt, sondern der Blick fuers Ganze wird geschaerft, da dank der Geschwindigkeit der Rechner eine komplexere Aufgabenstellung auch in einer Schulstunde umfassend behandelt werden kann. Gleichzeitig unterstuetzt dieses technische Medium die Moeglichkeit, neue didaktische Wege zu gehen. Das sogenannte "entdeckende Lernen" wird gefoerdert, die Schueler koennen selbstaendig Loesungswege suchen und ausprobieren und das innerhalb eines festgesetzten Rahmens auch im eigenen Lerntempo. Reformpaedagogische Ideen klingen hier an und koennen auch effektiv umgesetzt werden, wie erste Versuche weltweit gezeigt haben.
Das an Schulen am meisten verbreitete Computeralgebrasystem ist "Derive", da es die wenigsten Ansprueche an die Hardware stellt, die in Schulen oft nicht auf dem neuesten Stand ist. Seit 1996 gibt es auch den grafikfaehigen Taschenrechner TI 92 von Texas Instruments, auf dem eine modifizierte Version des Programms "Derive" fest installiert ist. Dieses Geraet ist dabei nicht groesser als eine DIN A5-Seite. Damit eroeffnen sich ganz neue Moeglichkeiten eines breiten Einsatzes von Computeralgebrasystemen im Mathematik-Unterricht, denn dieses Geraet macht den Unterricht mit Computeralgebrasystemen unabhaengig vom Computerraum der Schule und kann ausserdem zu Hause und bei Klassenarbeiten eingesetzt werden.
Im Ausland hat man diese Moeglichkeiten schon lange erkannt und angefangen, mit ihnen zu arbeiten. Schon vor zehn Jahren wurde in den USA an der Ohio State University, Columbus, ein Projekt dafuer gegruendet: T3 (sprich: T cubed) - Teachers Teaching with Technology. Zu Beginn der neunziger Jahre startete in OEsterreich ein Forschungsprojekt zum Einsatz des Computeralgebrasystems "Derive" im Schulunterricht. Letztes Jahr wurden auf amerikanische Initiative auch T3-Projekte in Europa initiiert. Das T3-Zentrum fuer den angelsaechsischen und romanischen Sprachraum wurde in der Universitaet von Plymouth/England integriert, das T3-Zentrum fuer die deutschsprachigen Laender Deutschland, Schweiz und OEsterreich an der Westfaelischen Wilhelms-Universitaet Muenster in die Zentrale Koordination Lehrerausbildung (ZKL) eingebettet, fuer deren Koordinierung die Studienraetin Baerbel Barzel abgeordnet wurde. Zwischen allen T3-Zentren besteht eine enge Zusammenarbeit: Unterrichtsmaterialien fuer den Einsatz in der Schule und Konzepte zur Fortbildung und Gestaltung des T3- Projektes werden diskutiert und ausgetauscht, gemeinsame internationale Kongresse durchgefuehrt.
In der universitaeren Ausbildung von Lehrern sind Computeralgebrasysteme haeufig noch unbekannte Fremdkoerper. Die im Beruf stehenden Lehrer haben aufgrund des derzeitigen Altersgefuege in der Regel grosse Hemmungen, mit dem Computer umzugehen, vor allem zusammen mit einer Jugend, die mit Computern aufwaechst und denen vieles intuitiv verstaendlich ist, was Lehrer jenseits der 40 sich erst erarbeiten muessen. Deshalb richtet sich die Arbeit des T3-Projektes zuerst an Lehrer und Referendare.
Diesen werden Fortbildungen angeboten, regional und schulintern, auf Tagungen und in Ferienakademien. 1200 Lehrer werden in diesem Jahr allein im deutschsprachigen Raum von T3 fortgebildet und das Interesse nimmt zu. Dazu werden Unterrichtsmaterialien im Rahmen des T3-Projektes erstellt und Lehrern und Lehrerinnen zur Verfuegung gestellt. Um die Arbeit ueberhaupt bewaeltigen zu koennen, mussten Moderatoren fuer regionale und schulinterne Tagungen ausgebildet werden. Ausserdem wurden innerhalb des letzten halben Jahres auf Anregung und mit Unterstuetzung des deutschen T3-Projektes 20 solcher Modellklassen in Deutschland geschaffen (in NRW, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Hessen, Hamburg und Bremen). In Sachsen sind ab 1998 grafikfaehige Taschenrechner im Abitur verpflichtend.
Getragen und finanziert wird das Projekt von der Universitaet Muenster im Rahmen der Zentralen Koordination Lehrerausbildung, dem Land NRW durch Finanzierung einer halben Stelle fuer die Koordinierung des Projektes und "Texas Instruments Europe", die das Projekt finanziell mit mehr als einer halben Millionen Mark ueber drei Jahre sponsert. Ohne diese Drittmittelfoerderung, die vertraglich zwischen der Universitaet Muenster und "Texas Instruments Europe" geregelt ist, waere die umfangreiche Arbeit derzeit angesichts leerer oeffentlicher Kassen nicht zu finanzieren.
In diesen Tagen ist der Initiator und Leiter des amerikanischen T3- Projektes, Bert Waits, in Muenster zu Gast. Er nimmt teil an einer der regelmaessig stattfindenden Tagung der engeren Planungsgruppe des T3-Projektes im deutschsprachigen Raum und besucht Modellklassen in Deutschland, in denen mit dem TI-92 unterrichtet wird.
Informationen zum T3-Projekt gibt es bei der Westfaelischen Wilhelms-Universitaet Muenster, Zentrale Koordination Lehrerausbildung, Prinzipalmarkt 38, Tel. 0251/51038-0, Fax: 0251/51037-19, email: Barzel@uni-muenster.de, Internet: http://www.uni-muenster.de/Lehrerausbildung/Welcome-d.html .
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Mathematik, Physik / Astronomie
überregional
Es wurden keine Arten angegeben
Deutsch
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