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Neue Pflichten - Neue Rechte
Versorgung von Geschiedenen in neuen Partnerschaften
Eheaehnliche Gemeinschaften sind sowohl beguenstigend als auch belastend zu beruecksichtigen. Wenn der Partner im Unterhalts-, Arbeitslosen- und Sozialhilferecht schon belastende Auswirkungen tragen muss, so muss er auch die Vorzuege einer rentenrechtlichen Einbeziehung erlangen, z.B: das Anrecht auf eine Hinterbliebenen- oder Erziehungsrente. Dies legt eine Untersuchung von Dr. Birgit Oppermann vom Forschungsinstitut fuer Sozialrecht der Universitaet zu Koeln nahe. Die bisherige Praxis sei mit dem Grundgesetz, welches den besonderen Schutz von Ehe und Familie fordert, nicht vereinbar.
Die Anforderungen an eine eheersetzende oder eheaehnliche Gemeinschaft in den verschiedenen Gesetzen sollten angeglichen werden. Betroffen sind vor allem Unterhalts-, Arbeitslosen- und Sozialhilferecht. Dabei sollte auch das Bestehen gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften beruecksichtigt werden. Eine solche Regelung wuerde den tatsaechlichen Verhaeltnissen eher gerecht.
Die Zahl der Scheidungen in der BRD hat sich von 1960 - 1993 verdreifacht. Inzwischen werden 35 Prozent der Ehen wieder geschieden. Die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften hat sich dagegen verzehnfacht: Seit 1996 leben rund drei Millionen Bundesbuerger ohne Trauschein zusammen. Parallel dazu haben sich die oeffentlichen Ausgaben fuer die Familien- Sozial- und Jugendhilfe in den letzten 10 Jahren verdoppelt. Eine Neufassung der Bewertungsgrundsaetze zum Unterhalts- und Sozialrecht erscheint dringend geboten.
Wenn jemand nach einer Scheidung mit einem neuen Partner zusammenzieht, hat das zur Zeit unterschiedliche Auswirkungen im Unterhalts- und Sozialrecht. Dies betrifft die Arbeitslosen- und Sozialhilfe, das Wohngeld, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung sowie die Hinterbliebenen- und Erziehungsrente. Das blosse Zusammenleben in einer nichtehelichen Gemeinschaft kann den Unterhaltsanspruch mindern, aber auch ausschliessen. Wenn die Ehe einseitig von einem Partner beendet wurde, um eine Beziehung mit einer anderen Person aufzunehmen, hat dieser Partner keinen Unterhaltsanspruch gegenueber seinem 'Ex'-Partner. Diese 'einseitige' Abwendung von der Ehe ist jedoch sehr schwer zu beurteilen.
Die Unterhaltspflicht entfaellt nicht automatisch, wenn der ehemalige Partner mit einem neuen Gefaehrten zusammenzieht. In bestimmten Faellen kann es dem Zahlungspflichtigen jedoch nicht zugemutet werden weiterzuzahlen. Eine solcher Fall kann z.B. dann vorliegen, wenn die neuen Partner zusammenwohnen und eine 'Unterhaltsgemeinschaft' fuehren. Voraussetzung ist hier, dass gemeinsam gewirtschaftet wird und der Unterhaltsberechtigte innerhalb dieser neuen Gemeinschaft keiner eigenen Berufstaetigkeit nachgeht. Voraussetzung ist dabei ebenfalls, dass der unterhaltene 'Ex'-Partner durch die Haushaltsfuehrung in der neuen Partnerschaft sein wirtschaftliches Auskommen hat. Hierbei kann dem Unterhaltspflichtigen nicht zugemutet werden, seinem Nachfolger in der Partnerschaft quasi die Haushaltshilfe durch seinen ehemaligen Partner zu finanzieren.
Lebt das neue Paar schon zwei bis drei Jahre zusammen, wird von einer 'eheersetzenden' Gemeinschaft gesprochen. Dabei wird dann eine gegenseitig uebernommene Versorgungsverantwortung unterstellt und ein Anspruch gegenueber dem ehemaligen Gatten ausgeschlossen. Zudem wirkt sich schon alleine das Zusammenleben mit einem neuen Partner als beduerftigkeitsmindernd aus, da von einer Wohnkostenersparnis ausgegangen wird. Diese Annahmen werden unabhaengig von der Art der Beziehung gemacht, welche die neuen Partner unterhalten.
Bei der Arbeitslosenhilfe fuehrt dagegen schon das kurzfristige, probeweise Zusammenleben und gemeinsame Wirtschaften zu finanziellen Belastungen fuer den neuen Partner eines bzw. einer Geschiedenen. Hier wird sofort eine eheaehnliche Gemeinschaft vermutet. Diese beinhaltet nach Ansicht der Bewilligungsstellen dann auch eine Verantwortungsgemeinschaft. Dr. Oppermann vertritt die Ansicht, dass beim Arbeitslosenrecht - wie im Unterhaltsrecht - erst nach einer Frist von zwei bis drei Jahren von einer eheaehnlichen Gemeinschaft ausgegangen werden sollte. Bei der Sozialhilfe wird demgegenueber der Finanzbedarf den Besonderheiten des Einzelfalls angepasst. Dies beinhaltet zumeist eine eingehende Erforschung der Partnerbeziehung. In eheaehnlichen Gemeinschaften werden - wie in Ehen - gegenseitige Unterhaltungspflichten angenommen und auf die Sozialhilfe angerechnet. Bei sonstigen Haushaltsgemeinschaften werden dagegen nur tatsaechlich erbrachte Zuwendungen auf die Sozialhilfe angerechnet.
Die Differenzierung zwischen eheaehnlichen und sonstigen Haushaltsgemeinschaft ist jedoch aeusserst schwierig. Die Koelner Rechtswissenschaftlerin plaediert dafuer, auch beim Sozialhilferecht die Kriterien des Unterhaltsrechts zu benutzen, um eheaehnliche Gemeinschaften festzustellen. Sie sieht eine enge Verbundenheit dieser beiden Rechtsbereiche und befuerwortet deshalb gleiche Massstaebe. Sie konstatiert, dass nur bei Beziehungen, die von engen persoenlichen Bindungen gepraegt sind, dem neuen Partner finanzielle Belastungen zuzumuten sind. Im Bereich der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung haelt sie den buergerlich-rechtlichen Ehebegriff fuer gerechtfertigt.
Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias
Fuer Rueckfragen steht Ihnen Professor Dr. P. Hanau unter der Telefonnummer 0221/470-2300 und der Fax-Nummer 0221/470-4961 zur Verfuegung.
Fuer die UEbersendung eines Belegexemplares waeren wir Ihnen dankbar.
Presse- und Informationsstelle der Universitaet zu Koeln, Albertus-Magnus-Platz 1, 50923 Koeln, Tel. 0221 470 2202, Fax 0221 470 5190
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
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