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09.07.1997 00:00

Mangelernährung als Ursache für AIDS

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    111/97

    Mangelernaehrung als Ursache fuer AIDS

    Ansatzpunkte zu einer moeglichen Behandlung

    Zwischen einer mangelhaften Ernaehrung und dem Krankheitsbild, bzw. Krankheitsverlauf HIV-infizierter Patienten besteht eine enge Verbindung. Der Zusammenhang zwischen einer Mangelernaehrung und einer HIV-Infektion sowie der spaeteren Entwicklung des AIDS-Syndroms ist sogar ein "Teufelskreis". Dr. Regina Kallabis fand in ihrer Studie an der Klinik fuer innere Medizin der Universitaet zu Koeln heraus, dass Mangelernaehrung zu einem geschwaechten Immunsystem fuehrt, wodurch eine Infektion - auch mit dem HI-Virus - beguenstigt wird; dieses HI-Virus beeinflusst zusaetzlich den Immunstatus, was ausserdem die Gefahr weiterer Infekte erhoeht; diese wiederum schwaechen den Ernaehrungs- und Allgemeinzustand des Organismus.

    Der Bedeutung einer gesunden Ernaehrung wurde innerhalb der vergangenen Jahre eine zunehmende Aufmerksamkeit gewidmet. Erste Untersuchungen bezogen sich auf Laender, in denen ein Grossteil der Bevoelkerung mangelernaehrt sind. Mangelernaehrung wird charakterisiert durch einen Protein- und Energie-Mangel. Dieser beeinflusst hauptsaechlich das Immunsystem und den Magen-Darm-Trakt in negativer Weise. Menschen, vor allem Kinder, mit diesem Mangel erkranken haeufig an akuten und chronischen Infekten, die nicht selten zum Tode fuehren. Der Zusammenhang von Mangelernaehrung und HIV-Infektion wurde zuerst in Afrika beobachtet. Bei vielen Patienten fielen starke Gewichtsverluste, Durchfaelle und Fieberschuebe auf. Diese Symptome wurden unter dem Begriff "slim disease" (Abmagerungskrankheit) zusammengefasst. Wie die Studie zeigt, ist nicht nur in unterentwickelten Laendern die Mangelernaehrung von grosser Bedeutung. Sie ist ausserdem charakteristisch im Rahmen einer HIV-Infektion. Heute ist offensichtlich, dass die Erscheinungen der "slim disease" den klinischen Symptomen der HIV-Infektion entsprechen. Die genannten Symptome werden gegenwaertig als "wasting syndrome" (Auszehrungsphaenomen) bezeichnet und treten haeufig bei HIV-Patienten auf.

    Mangelernaehrung als Krankheit entsteht aus verschiedenen Gruenden, wie z. B. unzureichende Nahrungsaufnahme, verminderte Naehrstoffaufnahme und Verlust von Naehrstoffen sowie ein erhoehter Naehrstoffbedarf. Als Ursachen einer unzureichenden Nahrungsaufnahme sind Schluckbeschwerden, UEbelkeit, Erbrechen, Veraenderung der Geschmackswahrnehmung und Appetitlosigkeit zu nennen. Des weiteren spielen auch die psychische und emotionale Belastung durch die Konfrontation mit der Diagnose "HIV-Positiv", die soziale Isolation und die Perspektivenlosigkeit eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt tragen sowohl koerperliche Schwaeche als auch Nebenwirkungen eingesetzter Medikamente zu einer unzureichenden Nahrungsaufnahme bei. Im Zusammenhang mit einer verminderten Naehrstoffaufnahme und dem Verlust an Naehrstoffen sind starke Durchfaelle, eine schlechte Verdauung, Stoerungen in der Kohlehydrat- und Fettverdauung und die Schaedigung der Darmschleimhaut als Ursachen anzufuehren. Fieber, Infektionen und Tumoren als sogenannte "konsumierende Erkrankungen" und ein bei einigen Patienten auftretender erhoehter Grundumsatz aufgrund eines gesteigerten Stoffwechsels bedingen den erhoehten Naehrstoffbedarf.

    Bei einem Vergleich der Folgen unterernaehrter Kinder mit den Folgen fuer den Organismus durch eine HIV-Infektion beweist die Untersuchung unter der Leitung von Professor Dr. Matthias Schrappe an der Universitaet Koeln deutliche Parallelen. Beide Untersuchungsgruppen erleiden haeufig schwerwiegende Infektionen und bei beiden Krankheitsbildern manifestieren sich Infektionen vorwiegend im Magen-Darm-Trakt. Schaeden der Darmschleimhaut - durch den direkten Einfluss des Erregers und den Naehrstoffmangel - fuehren zu Darmfunktionsstoerungen. Aus einer haeufig unzureichenden Naehrstoffaufnahme resultieren Protein-Kalorien-Mangelzustaende, die sowohl den Verlauf als auch die Prognose beider Krankheitsbilder negativ beeinflussen. Eine weitere Parallele zeigt sich in einem geschwaechten Immunsystem bei Angehoerigen beider Untersuchungsgruppen. Darueber hinaus liegen deutliche Zusammenhaenge zwischen dem Zustand einer Mangelernaehrung und dem UEbertritt eines HIV-infizierten Organismus in das Stadium von AIDS vor. Die Ergebnisse der Koelner Studie weisen darauf hin, dass mangelernaehrte Patienten haeufiger in das Stadium AIDS eintreten als nicht mangelernaehrte Patienten. Ausserdem zeigt sich eine deutliche Wechselwirkung zwischen der Abnahme des Koerpergewichts und der UEberlebenszeit.

    Das Wissen, was die Untersuchung der Koelner Universitaetsklinik ueber die komplexen Zusammenhaenge von Mangelernaehrung, Immunsystem, Magen-Darm-Trakt und HIV-Infektion liefert, fuehrt zu Bemuehungen, diese Wechselbeziehungen zu durchbrechen und durch die Beeinflussung einer der Groessen indirekten Einfluss auf die anderen auszuueben und so positiv auf den Krankheitsverlauf einzuwirken. Da die Mangelernaehrung einen grossen Einfluss auf das Immunsystem und den Magen-Darm-Trakt hat, kann durch eine gezielte Ernaehrungstherapie diese negative Wechselwirkung aufgehoben, bzw. abgeschwaecht werden. Grundlage dieser Therapie ist eine gute Diaetberatung. Dazu gehoert laut Professor Schrappe zunaechst der Rat zu vielen kleinen Malzeiten. In einem weiteren Stadium wird eine Zusatzernaehrung ueber Sonden verordnet und waehrend einer akuten Krankheitsphase wird der Patient ueber den Tropf im Krankenhaus ernaehrt. Dieses Stufentherapiekonzept erreicht eine Stabilisierung des Koerpergewichts, eine Steigerung der Lebensqualitaet und die Staerkung des Immunsystems. Eine solche Ernaehrungstherapie sollte fruehzeitig begonnen und individuell auf den Patienten abgestimmt werden. Parallel ist eine ernaehrungstherapeutische Beratung und Betreuung zu empfehlen. So zeigen sich Ansatzpunkte fuer moegliche Therapien, um den Krankheitsverlauf und das Wohlbefinden eines HIV-Patienten positiv zu beeinflussen.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Fuer Rueckfragen steht Ihnen Professor Schrappe unter der Telefonnummer 0221/478-6740, der Fax-Nummer 0221/478-6778 und der Email-Adresse Matthias-Schrappe@medizin.uni-koeln.de zur Verfuegung.

    Fuer die UEbersendung eines Belegexemplares waeren wir Ihnen dankbar.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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