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12.05.2010 10:39

Die Erlanger Universitätsbibliothek zeigt einen einzigartigen Kunstschatz

Pascale Anja Dannenberg Kommunikation und Presse
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Die Universität Erlangen-Nürnberg besitzt einen Kunstschatz, um den sie viele Museen auf der ganzen Welt beneiden dürften: knapp 7000 Handzeichnungen, Kupferstiche, Radierungen und Holzschnitte aus dem 14. bis 18. Jahrhundert. Besonders die Zeichnungen aus dem 14. und 15. Jahrhundert sind eine Rarität. Eine Gruppe von Kunsthistorikern um Prof. Dr. Hans Dickel hat diese Zeichnungen jetzt in einem Forschungsprojekt untersucht und die Ergebnisse in einem Katalog zusammengetragen. Die Universität präsentiert aus diesem Anlass die schönsten und wertvollsten Stücke der Sammlung der Öffentlichkeit.

    Die Ausstellung
    Die Ausstellung „Zeichnen vor Dürer. Die Zeichnungen des 14. und 15. Jahrhunderts in der Universitätsbibliothek Erlangen“ wird am 14. Mai eröffnet.
    Vom 14. bis 21. Mai können Besucher die Zeichnungen im Sitzungssaal des Altbaus der Universitätsbibliothek, Universitätsstraße 4, Erlangen, besichtigen. Die Ausstellung ist täglich von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Führungen finden am 13., 16., 18. und 21. Mai jeweils um 15 Uhr statt.

    „Sicher nicht im Umfang, aber ohne Zweifel in ihrem künstlerischen Wert kann sich die Erlanger Sammlung mit den großen graphischen Sammlungen wie denen im Pariser Louvre, dem New Yorker Metropolitan Museum, der Albertina in Wien oder dem Berliner Kupferstichkabinett messen“, sagt Professor Hans Dickel. „Was die nordeuropäische Kunst des 15. und 16. Jahrhunderts betrifft, gehört sie zu den weltweit wichtigsten ihrer Art. Kunstkennern ist sie wohl bekannt. Regelmäßig treffen Leihgesuche der großen internationalen Museen ein, und Erlanger Zeichnungen sind auf fast allen bedeutenden Ausstellungen zu finden, die sich mit Zeichnungen des 15. bis 18. Jahrhunderts befassen.“

    Bisher wusste man über viele der Blätter in der Sammlung nur wenig: Die meisten sind unsigniert, nur wenige datiert, und Quellen über ihre Funktion fehlen häufig. Die rund 150 Zeichnungen aus der Spätgotik haben die Kunsthistoriker jetzt erforscht und jedes der Werke im Original genauestens untersucht: Sie analysierten den Stil, um Aussagen über den möglichen Urheber, die Entstehungszeit und den -ort treffen zu können. Papier und das Zeichenmaterial – Tusche, Silberstift, Kreide – wurden radiologisch untersucht, Wasserzeichen genau dokumentiert. So konnten zahlreicher Blätter kunsthistorisch ganz neu eingeordnet und bewertet werden.

    Viele Lücken im Wissen über die fränkische Kunstproduktion aus der Zeit vor Dürer konnten durch die Arbeit der Forscher geschlossen werden. So fanden sie heraus, dass die nur selten erhaltenen Zeichnungen als Muster dienten, größere Bilder vorbereiteten oder gelegentlich auch Motive nach Gemälden kopiert wurden. Als Vorlagenschatz waren sie bedeutendes Werkstattkapital, das allerdings seinen Wert verlor, wenn die dargestellten Motive unmodern geworden waren, so dass die Blätter weggeworfen wurden. Dass einige wenige Zeichnungen erhalten sind, muss daher als Glücksfall gelten.

    Ermöglicht wurden die aufwändigen Forschungen durch die großzügige Unterstützung der Getty Foundation Los Angeles, die für die Arbeit der Wissenschaftler 120.000 Dollar zur Verfügung stellte. Die Publikation des Katalogs zu den Graphiken des 14. und 15. Jahrhunderts wurde von der Staedtler Stiftung Nürnberg mit 40.000. Euro gefördert. Jetzt planen die Erlanger Kunsthis­toriker die wissenschaftliche Bearbeitung der knapp 400 Blätter aus dem 16. Jahrhundert.

    Die Graphische Sammlung der Universität und ihre Geschichte
    Die Graphische Sammlung der Universität Erlangen-Nürnberg gilt als einziges unversehrt erhaltenes Zeugnis der großen Nürnberger Kunstsammlertradition: Was zunächst in den Künstlerwerkstätten der Stadt aus arbeitstechnischer Notwendigkeit aufbewahrt wurde – Musterblätter, Skizzen, Kompositionsentwürfe, Sicherheitskopien oder auch selbstständige Arbeiten – fand recht bald das Interesse kunstsinniger Kaufleute. Die Zeichnungen und Graphiken wurden seit dem 16. Jahrhundert in Nürnberg zusammengetragen und gelangten vermutlich Ende des 17. Jahrhunderts in den Besitz der Ansbacher Markgrafen. Von 1769 an wurden die Fürstentümer Bayreuth (zu dem Erlangen gehörte) und Ansbach von Markgraf Alexander von Brandenburg-Ansbach-Bayreuth regiert. Nach seiner Abdankung im Jahre 1791 fielen die beiden Fürstentümer an den preußischen König. Friedrich Wilhelm III. machte im Jahr 1805 den Bestand der Ansbacher Schlossbibliothek der Universität Erlangen zum Geschenk.

    Der älteste Bestand der Sammlung umfasst die so genannten „altdeutschen Zeichnungen“: Blätter, die bis zum Jahre 1500 im deutschsprachigen Raum entstanden sind. Außerdem sind fast alle großen Meister des 16. Jahrhunderts in der Sammlung vertreten. Allein von Dürer besitzt die Universitätsbibliothek die „Apokalypse“ sowie die „Kleine“ und die „Große Passion“, nicht zu vergessen die große Anzahl der von Dürer beeinflussten Nürnberger Kleinmeister wie Hans Sebald und Barthel Beham, Virgil Solis, Georg Pencz und Erhard Schön. Besonders hervorzuheben ist der berühmte „Totentanz“ von Hans Holbein d.J. sowie Blätter von Albrecht Altdorfer, Jost Amman und Lucas Cranach d.Ä. bzw. d.J. Bei den Kupferstichen und Radierungen dominieren die deutschen und niederländischen Blätter. Sehr zahlreich sind Stiche aus dem Dürerkreis, darunter allein 75 von Dürer selbst, nicht gerechnet die Kopien seiner Werke.

    Der Katalog zu Sammlung: Hans Dickel (Hrsg.): Zeichnen vor Dürer. Die Zeichnungen des 14. und 15. Jahrhunderts in der Universitätsbibliothek Erlangen. Petersberg: Michael Imhof Verlag, 2009.

    Weitere Informationen für die Medien:

    Prof. Dr. Hans Dickel
    Tel.: 09131/85-29234
    Hans.Dickel@rzmail.uni-erlangen.de


    Bilder

    Michael Wolgemut – Werkstatt, Johannes am Ölberg (?), Feder in Schwarz auf Bütten, um 1490
    Michael Wolgemut – Werkstatt, Johannes am Ölberg (?), Feder in Schwarz auf Bütten, um 1490

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    Meister der Berliner Herpin-Handschrift, Jugendliches Paar, Feder in Braun auf Bütten, um 1490
    Meister der Berliner Herpin-Handschrift, Jugendliches Paar, Feder in Braun auf Bütten, um 1490

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Kulturwissenschaften, Kunst / Design
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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