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10.09.2001 11:13

Erlangen zwischen Theologie und Wachskreide

Gertraud Pickel Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Der lange Gang im ersten Stock der Theologischen Fakultät in der Kochstraße war bisher einer von vielen typischen Gängen eines Gebäudes aus den 50er Jahren. Zimmertüren reihen sich an mannshoche Metallschränke, und Licht fällt nur durch ein Fenster am Ende des Ganges herein. Doch jetzt haben sich Landschaftsansichten in zarten Farbtönen und kräftig leuchtende Wachskreidebilder zwischen Schränke und Türen gedrängt und den Gang in eine Art Galerie verwandelt. In der Ausstellung "Erlangen - so gesehen" stellt der emeritierte Theologieprofessor Dr. Friedrich Mildenberger einige seiner Werke vor.

    Friedrich Mildenberger, von 1970 bis 1994 Professor für Systematische Theologie an der Universität Erlangen-Nürnberg, entschloss sich nach seiner Emeritierung, noch einmal etwas Neues anzufangen, und wandte sich der Malerei zu. "Ich habe während meiner Laufbahn an der Uni schon genug Bücher geschrieben", erklärt Mildenberger mit einem verschmitzten Lächeln. Dabei war das Thema Kunst kein unbeschriebenes Blatt für ihn. Prof. Mildenberger behandelte Themen wie Ästhetik und Schönheit bereits in seinen theologischen Seminaren. 1982 erschien sein Arbeitsbuch "Grundwissen der Dogmatik", das er selbst mit treffenden und amüsanten Comics illustriert hatte. Natürlich ging es Mildenberger dabei nicht in erster Linie um die Erheiterung seiner Studenten, sondern er suchte nach Mitteln und Wegen, den Kommunikationsprozess möglichst effektiv zu gestalten und Probleme zu veranschaulichen. "Die Malerei ist für mich eine Möglichkeit, gezielt Signale zu setzen und damit zur aufmerksamen Wahrnehmung zu animieren", so Mildenberger.

    Der aktive Kommunikationsprozess ist auch ein Thema in Prof. Mildenbergers Ausstellung im Theologischen Seminargebäude (TSG) der Fakultät. Neben Landschaftsbildern von Erlangen in gedeckten, zurückhaltenden Kreidefarben werden Ansichten aus dem Stadtgebiet und von den Stadtwerken Erlangen in kräftigen Wachskreide- und Acrylfarben ausgestellt. Mit vielen Rottönen, ergänzt durch leuchtendes Blau und Violett, zeichnet Mildenberger ein intensives Bild des städtischen Lebens. Die Veränderung der Natur durch die Menschen wird einerseits auf erschreckende Weise vor Augen geführt. Auf der anderen Seite eröffnen sich dem Betrachter völlig neue und überraschende Ansichten der alltäglichen Umgebung.

    Zwei abstrakte Bilder fallen aus der Reihe. Diese Bilder sollen die Studenten und anderen Besucher laut Mildenberger ganz gezielt zum Spielen und zur Meinungsäusserung auffordern. Da darf ein Bild auch schon mal abgenommen und anders herum aufgehängt werden oder Kritik und Lob auf der danebenhängenden Pinnwand festgehalten werden. Prof. Mildenberger geht es hierbei um das Mitmachen und den Dialog zwischen Künstler und Betrachter. Er selbst würde sich allerdings nicht als Künstler bezeichnen, sondern lieber als "Bildermacher". Seine Bilder, die bereits in Ausstellungen in Nürnberg und Bamberg zu sehen waren, öffentlich zu zeigen, ist für Mildenberger Bestandteil des Kommunikationsprozesses.

    Start einer Ausstellungsreihe
    Friedrich Mildenbergers Ansichten von Erlangen, die noch bis Ende November 2001 zu sehen sein werden, sollen der Auftakt für eine Reihe von Ausstellungen unter dem Motto "Kunst im TSG" sein. Initiator dieses Projektes ist Prof. Dr. Martin Nicol, seit 1995 Professor für Praktische Theologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Für Nicol sollte eine Universität als ein Ort, an dem geistige Arbeit geleistet wird, ästhetisch ansprechend sein und eine angenehme Studienatmosphäre vermitteln.

    Die anregendere Gestaltung des Studienumfeldes war aber nur einer der Gründe für die Ausstellung. Für Martin Nicol hat Kunst im Bereich der Praktischen Theologie während der letzten Jahre immer mehr an Bedeutung gewonnen. Ähnlich wie Friedrich Mildenberger sieht er in der Kunst - als einer Form der Wahrnehmung mit sämtlichen Sinnen - eine bereichernde Ergänzung zur rein begrifflichen Wahrnehmung in der Theologie.

    "Für mich ist es immer wieder faszinierend, welche Lichtblicke, aber auch welche dunklen Seiten der Welt aus verschiedenen künstlerischen Perspektiven aufblitzen können", erklärt Prof. Nicol. Durch verschiedene Projekte und Ausstellungen, auch aus dem Bereich der Musik und Literatur, möchte er diese Perspektiven an die Studierenden weiter geben.
    Martina Rail

    * Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Martin Nicol
    Lehrstuhl für Praktische Theologie (Pastoraltheologie)
    Kochstraße 6, 91054 Erlangen
    Tel.: 09131/85-22041, Fax: 09131/85-26376


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Kunst / Design, Musik / Theater, Philosophie / Ethik, Religion
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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