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„Der Freistaat Bayern hat versprochen, dass an Bildung und Forschung nicht gespart wird. Ich würde mir wünschen, dass dieses Versprechen nicht in Frage zu stellen ist.“ Mit deutlichen Worten kommentiert Prof. Dr. Karl-Dieter Grüske, Präsident der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und Vorsitzender des Universität Bayern e.V., dem Zusammenschluss der Bayerischen Universitäten, den Beschluss des bayerischen Ministerrats zur Haushaltssperre.
„Der Freistaat Bayern hat versprochen, dass an Bildung und Forschung nicht gespart wird. Ich würde mir wünschen, dass dieses Versprechen nicht in Frage zu stellen ist.“ Mit deutlichen Worten kommentiert Prof. Dr. Karl-Dieter Grüske, Präsident der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und Vorsitzender des Universität Bayern e.V., dem Zusammenschluss der Bayerischen Universitäten, den Beschluss des bayerischen Ministerrats zur Haushaltssperre. Der besagt, dass die Universitäten und Hochschulen ab sofort einem Bau- und Planungsstopp für neue Vorhaben unterliegen und die Haushaltssperren bei Sach- und Investitionsausgaben verdoppelt werden. Die FAU muss dadurch allein von Oktober bis Dezember 2010 zusätzlich zu den ohnehin geltenden Haushaltssperren weitere 1,2 Millionen Euro einsparen.
Für Professor Grüske widerspricht dieser Beschluss den politischen Aussagen und gefährdet das mit dem Freistaat geschlossene „Innovationsbündnis 2013“. In diesem Bündnis haben sich die Universitäten und Fachhochschulen dazu verpflichtet, für den doppelten Abiturjahrgang und die bis 2013 steigenden Studierendenzahlen besondere Vorkehrungen zu treffen und dafür auch außergewöhnliche Belastungen auf sich zu nehmen. Im Gegenzug garantierte ihnen der Freistaat Planungssicherheit bis 2013. Diese sollte insbesondere darin bestehen, dass die im Staatshaushalt 2008 veranschlagten Mittel für die Hochschulfinanzierung bis 2013 nicht unterschritten werden. „Davon, insbesondere von Planungssicherheit, kann nach dem Ministerratsbeschluss keine Rede mehr sein“, betont Grüske.
Anhand einiger Beispiele werden die Auswirkungen des Beschlusses auf die FAU deutlich.
Allein im Bauunterhalt stehen der Universität im zu Ende gehenden Jahr über 250.000 Euro weniger zur Verfügung. Damit verschlechtert sich nicht nur der ohnehin höchst problematische und auch vom Bayerischen Obersten Rechnungshof gerügte Zustand der Universitätsgebäude weiter. Auch dringende Maßnahmen wie erforderliche Umbauten für neu berufene Professoren oder neu eingerichtete Lehrstühle müssen auf nicht absehbare Zeit verschoben werden. „Das erhöht den ohnehin dramatischen Sanierungsstau und verschärft die Situation in den kommenden Jahren weiter“, erläutert Grüske. „Außerdem führt es zu einem Vertrauensverlust in die Zusagen bayerischer Universitäten gegenüber ihren Wissenschaftlern und schwächt unsere Stellung im Wettbewerb um herausragende Köpfe.“
Zahlreiche Baumaßnahmen können nicht wie geplant in Angriff genommen werden, darunter beispielsweise die Sanierung des Gebäudes der Mikroelektronik in Erlangen sowie das neue Domizil des Lehrstuhls für Psychogerontologie und des Instituts für Biomedizin des Alterns in Nürnberg. „Ob die Mittel dafür im kommenden Jahr zur Verfügung stehen, ist ungewiss“, sagt Grüske.
Der Universitätsbibliothek stehen für Literaturbeschaffung bis Dezember 144.000 Euro weniger zur Verfügung - und das bei einer ohnehin angespannten Finanzlage und permanent steigenden Kosten für die Beschaffung gedruckter und vor allem elektronischer Zeitschriften, einem wichtigen Wettbewerbsfaktor für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der FAU.
Derzeit errichtet die Universität Neubauten mit rund 21.000 Quadratmetern Fläche, für den doppelten Abiturjahrgang werden zusätzlich 10.000 Quadratmeter angemietet. Für Strom und Heizung in diesen zum bisherigen Bestand hinzukommenden Flächen hatte der Freistaat von vornherein keine zusätzlichen Mittel vorgesehen. Durch die Haushaltssperre verschärft sich die Situation nochmals. „Es ist doch Irrsinn, neue Gebäude zu errichten, die wir dann nicht beziehen können, weil wir kein Geld für die Heizung, für das Licht und für den Betrieb der IT-Infrastruktur haben“, bringt Grüske die Situation auf den Punkt. Eine Konsequenz der Sparmaßnahmen: Von Weihnachten bis einschließlich 9. Januar wird die Universität geschlossen, um Geld bei Heizung und Strom zu sparen.
Frei werdende Stellen im wissenschaftlichen Bereich, die dauerhaft besetzt waren, und frei werdende Stellen im nicht-wissenschaftlichen Bereich, dürfen sechs Monate lang nicht nachbesetzt werden. Bislang galt für diese Stellen eine Stellensperre von drei Monaten.Durch die Verlängerung lassen sich Vakanzen nicht mehr in der vorlesungsfreien Zeit abfedern. Die FAU sieht deshalb erhebliche Konsequenzen für die Lehre. „Unsere Studierendenzahlen steigen, der doppelte Abiturjahrgang steht vor der Tür, und außerdem haben wir uns verpflichtet, bis 2013 insgesamt über 4000 neue, zusätzliche Studienplätze zu schaffen und zu besetzen“ erläutert Grüske. „Und dann müssen wir für den Lehrbetrieb dringend benötigte Stellen sechs Monate lang unbesetzt lassen. Das gefährdet die gesamte Ausbauplanung und ist, mit Verlaub, Politik auf dem Rücken der Studierenden.“ Wie viele Stellen davon betroffen sind, lässt sich nicht vorhersagen, da neben dem altersbedingten Ausscheiden auch Wegberufungen von Professorinnen und Professoren und außerplanmäßige Stellenwechsel von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu berücksichtigen sind. „In den vergangenen zwölf Monaten haben wir über 60 Professorinnen und Professoren neu berufen“, erläutert Grüske. „Wenn wir diese Zahl zugrunde legen, fehlen uns bei sechs Monaten Sperre pro Stelle im kommenden Jahr allein 30 Professorenstellen.“
Dass es nicht bei den 1,2 Millionen Euro bleiben wird, die der Universität in den letzten Monaten des laufenden Jahres zusätzlich fehlen, scheint ausgemachte Sache zu sein. „Es ist zu hören, dass die Sparmaßnahmen im kommenden Jahr vermutlich noch weit drastischer ausfallen werden“, berichtet Professor Grüske. „Ich will mir gar nicht ausmalen, was das für den doppelten Abiturjahrgang bedeutet.“ Und mit Blick auf die Proteste des vergangenen Wintersemesters sieht der Uni-Präsident auch für 2010 einen heißen Winter voraus. Mehr noch: „Falls die Studierenden gegen die Sparmaßnahmen auf die Straße gehen, würde ich mich diesen Protesten sofort anschließen.“
Weitere Informationen für die Medien:
Präsident
Prof. Dr. Karl-Dieter Grüske
Tel.: 09131/85-26605
praesident@uni-erlangen.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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überregional
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Deutsch
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