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Am Klinikum der Universität Erlangen-Nürnberg wurde Ende Januar eines der ersten Klinischen Ethikkomitees an einer bundesdeutschen Universitätsklinik gegründet. In dem nach internationalen Vorbildern konzipierten Gremium soll das Bewusstsein für ethische Fragen im klinischen Alltag gefördert werden. Zum Vorsitzenden wurde Prof. Dr. Wolfgang Rascher, Direktor der Klinik mit Poliklinik für Kinder und Jugendliche, gewählt. Geschäftsführendes Mitglied und Moderator ist Prof. Dr. Dr. Jochen Vollmann, Professor für Ethik in der Medizin.
Eine 80jährige Frau wird mit einem Schlaganfall in die Klinik eingeliefert. Bei der Untersuchung stellt sich heraus, dass sie zudem an einem Tumor im Magen-Darm-Trakt leidet. Wer soll über die Therapie entscheiden, wenn die Patientin hierzu nicht mehr in der Lage ist? Wann kommt die Pflicht des Arztes ("in dubio pro vita") mit der Würde der Patientin in Konflikt? "Dies sind Fragen, denen sich Ärztinnen und Ärzte im klinischen Alltag häufig gegenüber sehen", sagt Dr. Axel Weidtmann, der die Arbeit des Ethikkomitees durch klinische Ethikberatungen unterstützt. "Für derart konkrete Fälle will das Klinische Ethikkomitee Orientierungshilfen geben und in Zukunft ethische Leitlinien formulieren." Neue Zwänge für die behandelnden Ärzte sollen jedoch nach Weidtmanns Worten in keinem Fall geschaffen werden. Zudem hat das Ethikkomitee keine Entscheidungsbefugnis, sondern kann nur Empfehlungen aussprechen und so Entscheidungshilfen geben.
Im Unterschied zur Ethikkommission der Medizinischen Fakultät, die über Anträge zur Forschung am Menschen befindet, will das Gremium das Bewußtsein für ethische Fragen im klinischen Alltag stärken. Weidtmann sieht hier ein breites Aufgabenspektrum. Seiner Einschätzung nach werden ethische Fragen im klinischen Alltag weiter zunehmen: "Neben die Therapiebegrenzung treten neue ethische Problemfelder wie zum Beispiel die Präimplantationsdiagnostik."
In das mindestens einmal monatlich tagende Klinische Ethikkomitee wurden vom Klinikumsvorstand neben Prof. Rascher und Prof. Vollmann insgesamt zwölf Mitglieder des Klinikums aus unterschiedlichen Berufsgruppen (fünf Ärzte, vier Pflegekräfte, eine Betriebswirtin, ein Klinikseelsorger, ein Patientenfürsprecher) sowie drei externe Professoren aus den Bereichen Philosophie (Prof. Dr. Maximilian Forschner), Theologie (Prof. Dr. Hans G. Ulrich) und Geschichte der Medizin (Prof. Dr. Renate Wittern-Sterzel) für zunächst drei Jahre berufen. Die begleitende klinische Ethikberatung durch Dr. Weidtmann kann von Ärzten, Pflegepersonal, Patienten und Angehörigen jederzeit in Anspruch genommen werden. Über die Arbeit des Klinischen Ethikkomitees wird ein für dieses Jahr geplanter "Ethik-Tag" im Universitätsklinikum informieren.
Klinische Ethikkomitees sind vor allem in den USA an jedem größeren Klinikum eingerichtet. In Deutschland gibt es sie bislang vorwiegend an kirchlich geführten Krankenhäusern.
Weitere Informationen
Dr. med. Axel Weidtmann
Klinische Medizinethik
Institut für Geschichte und Ethik der Medizin
Tel.: 09131/85-26435
axel.weidtmann@gesch.med.uni-erlangen.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Wissenschaftspolitik
Deutsch
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