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Wissenschaft
Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Rudolf Gmür ist am vergangenen Samstag, 23. März 2002, in seiner Schweizer Heimatstadt Bern im Alter von 89 Jahren verstorben. Von 1957 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1978 hat Gmür als Inhaber des Lehrstuhls für Deutsche Rechtsgeschichte und Bürgerliches Recht in Münster an der Westfälischen Wilhelms-Universität gewirkt.
Rudolf Gmür, Sohn des bekannten Berner Rechtshistorikers und Zivilrechtslehrers Max Gmür, trat in die Fußstapfen seines schon 1923 verstorbenen Vaters und studierte Rechtswissenschaften in Bern, Zürich, Jena und Paris. Nach dem Examen in Bern wurde er Kammerschreiber am Berner Obergericht und dann selbständiger Rechtsanwalt. Daneben habilitierte er sich 1951 über den "Zehnt im Alten Bern". Nach Lehrtätigkeiten in Bern, Marburg und Tübingen erhielt er 1957 zwei Rufe nach Deutschland, von denen er den nach Münster auf den Lehrstuhl von Karl Michaelis annahm.
Rechtshistoriker war Rudolf Gmür durch und durch, in das deutsche Bürgerliche Recht musste er sich einarbeiten. Frucht dessen wurde das im Jahr 1965 erschienene Buch "Das schweizerische Zivilgesetzbuch verglichen mit dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch". Seine zentrale Vorlesung über Deutsche Rechtsgeschichte hat er mit seiner Emeritierung als Grundriss herausgegeben und bis zu siebten Auflage stetig erneuert. Seitdem wird das Buch von dem Rechtshistoriker Andreas Roth betreut und erlebt demnächst die zehnte Auflage.
Obwohl Prof. Gmür in der Lehre keine Vorlesung vernachlässigte, legte er das Hauptgewicht auf Seminare, aus deren Referaten Doktorarbeiten hervorgehen konnten. Unter den zahlreichen von ihm angeregten und betreuten Dissertationen haben diejenigen zur Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches dessen Vorgeschichte erst eigentlich erschlossen. Nicht wenige seiner Doktoranden sind später Professoren geworden.
Für seinen Schülerkreis veranstaltete Rudolf Gmür auch nach der Emeritierung und der Rückkehr in seine Schweizer Heimat alle zwei Jahre Treffen in Münster, die immer mit einer Kaffeetafel begannen und zu der auch die wachsende Zahl der Familienmitglieder seiner Schüler eingeladen war. Nur im letzten Jahr luden Rudolf und Silvia Gmür nach Bern ein, weil sie die lange Reise nach Münster scheuten. Als Voraussetzung seiner wissenschaftlichen Leistung hat er einige Sekundär-Tugenden sehr gepflegt, darunter neben dem Gedächtnis die körperliche Tüchtigkeit - er hat gewandert und bis ins höhere Alter hinein im Verein geboxt.
Zum Bild des Hochschullehrers Gmür gehört die gewissenhafte Wahrnehmung der Selbstverwaltungsaufgaben des Dekans und in zahlreichen Gremien und Ausschüssen. In den unruhigen, oft kämpferischen Jahren nach 1968 ermöglichte ihm die Distanz des Schweizers, ohne Scheu vor Themen und Personen auf protestierende Studierende zuzugehen, sie zur Sache zu bitten und sogar nach Hause zum Essen einzuladen.
Als Wissenschaftler war Rudolf Gmür von altmeisterlicher Genauigkeit, ohne sich jedoch auf die Oberfläche der rechtsgeschichtlichen Erscheinungen zu beschränken. Davon zeugt sein nach der Emeritierung erschienenes Buch über "Rechtswirkungsdenken in der Privatrechtsgeschichte". Mit dem von ihm formulierten Begriff hat er das wohl wichtigste Element einer juristischen Dogmatik bezeichnet, nämlich die Vorstellung, dass Rechtsakte rechtliche Wirkungen erzeugen, unabhängig von befehlenden und erlaubenden Normen und deren Folgen der Erfüllung und Durchsetzung.
Rudolf Gmür hat gern in Münster gelebt. Einen Ruf an die Berliner Freie Universität lehnte er 1967 ab. In Münster erinnerten ihn die Arkaden des Prinzipalmarktes an die Straßenzeilen in der Berner Altstadt. Dort in der Nydegg-Kirche wird am 2. April der Trauergottesdienst gehalten.
http://www.jura.uni-muenster.de/adressen/index.html
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Politik, Recht
überregional
Personalia
Deutsch
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