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16.04.2012 14:36

Mechanismus für Entstehung von Autoimmunerkrankungen entdeckt

Heiner Stix Kommunikation und Presse
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Im Laufe von Entzündungsprozessen treffen Zellen unseres Immunsystems nicht nur auf Krankheitserreger, sondern auch auf Reste toter körpereigener Zellen, die durch begleitenden Gewebsschaden akkumulieren. Um eine fehlgerichtete Immunreaktion gegen solche toten Zellen und die Entstehung von Autoimmunerkrankungen zu verhindern, müssen abgestorbene Zellen von Krankheitserregern getrennt und „entsorgt“ werden. Wie beides durchgeführt wird, war bisher unklar. Erstmalig konnte nun die Arbeitsgruppe von Dr. Gerhard Krönke an der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie des Uni-Klinikums Erlangen ein Enzym identifizieren, das diesen grundlegenden Entscheidungsprozess steuert.

    Die in der Fachzeitschrift „Immunity“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen unter anderem auf, dass ein Funktionsverlust dieses 12/15-Lipoxygenase genannten Enzyms in einer fehlerhaften Entsorgung toter Zellen und in eine daraus resultierende systemische Autoimmunreaktion mündet. Damit wurde ein wesentlicher molekularer Mechanismus bei der Entstehung von Autoimmunerkrankungen, wie dem Lupus erythematosus (auch: „Roter Wolf“) aufgedeckt.

    Koordinierte Mülltrennung durch Fresszellen des Immunsystems
    Tagtäglich steht unser Immunsystem vor der schwierigen Aufgabe, zwischen schädlichen Mikroorganismen und harmlosen Überresten körpereigener Zellen zu unterscheiden. Die Konsequenzen dieses Entscheidungsprozesses sind weitreichend, da eine Immunreaktion gegen Mikroorganismen für eine lang anhaltende und schützende Immunität benötigt wird. Eine derartige Immunreaktion gegen körpereigene Zellen kann jedoch zu einer lebensbedrohlichen Autoimmunerkrankung führen.

    Dr. Stefan Uderhardt und Dr. Gerhard Krönke konnten nun erstmals zeigen, dass tote körpereigene Zellen durch eine spezialisierte Untergruppe von Fresszellen entsorgt werden. Diese Gewebsmakrophagen besitzen die Fähigkeit zur spezifischen Entsorgung von toten Zellen und verhindern somit einen Zugriff von anderen Teilen des Immunsystems auf deren Überbleibsel. Bakterien und andere Krankheitserreger werden jedoch gleichzeitig durch entzündliche Zellen des Immunsystems (Monozyten) erkannt und aufgenommen, ein Prozess der eine spezifische Immunreaktion zur Folge hat. Damit vollzieht unser Immunsystem innerhalb von Entzündungen und Infektionen frühzeitig eine „Mülltrennung“ zwischen schädlichen Krankheitserregern und körpereigenen abgestorbenen Zellen. Dies dient einerseits der spezifischen Bekämpfung von Krankheitserregern und andererseits der Vermeidung einer Autoimmunreaktion bzw. der Aufrechterhaltung der immunologischen Toleranz.

    Lipidoxidation als Schlüssel zur Entsorgung toter Zellen
    Neben der Identifikation dieser „immunologischen Mülltrennung“ und der daran beteiligten Untergruppen von Immunzellen, gelang den Wissenschaftlern auch die Aufdeckung der zugrunde liegenden molekularen Mechanismen. Sie identifizierten ein spezielles Enzym in Gewebsmakrophagen (12/15-Lipoxygenase), welches die getrennte Entsorgung von toten Zellen und Krankheitserregern koordiniert. Dieses Enzym wiederum produziert spezielle Botenstoffe, sog. oxidierte Phospholipide, welche den Abräumprozess durch die unterschiedlichen Zellen des Immunsystems steuern. „Fehlt jedoch dieses Enzyms so kommt es zu einer gestörten Entsorgung toter Zellen und einer Autoimmunerkrankung“, erklärt Dr. Gerhard Krönke, Arbeitsgruppenleiter an der Medizinischen Klinik 3. „Wir konnten zeigen, dass mittels der Zugabe der durch das Enzym gebildeten oxidierten Phospholipiden die geordnete „Mülltrennung“ wiederhergestellt und dadurch eine Autoimmunreaktion verhindert werden kann“, so Krönke weiter. Damit stellt die aktuelle Arbeit auch einen wesentlichen Fortschritt in der Entwicklung von neuen und zielgerichteten Therapien von Erkrankungen wie Lupus erythematosus dar.

    Langfristig zahlt unser Körper für die immunologische Toleranz
    Während somit diese Oxidation von Phospholipiden durch das Enzym 12/15-Lipoxygenase wesentlich zur Aufrechterhaltung der immunologischen Toleranz zu sein scheint, ist eine über Jahrzehnte anhaltende und gesteigerte Lipidoxidation durch dieses Enzym jedoch auch eine Hauptursache für die Entwicklung von Arteriosklerose und Gefäßverkalkung und letztlich mitverantwortlich für Herzinfarkt und Schlaganfall. Somit deuten diese Befunde darauf hin, dass wir den Schutz vor Autoimmunerkrankungen im Verlauf unseres Lebens mit einer erhöhten Anfälligkeit für Arteriosklerose und Gefäßverkalkung „bezahlen“ müssen.

    Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), gegründet 1743, ist mit 33.500 Studierenden, 630 Professuren und rund 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Und sie ist, wie aktuelle Erhebungen zeigen, eine der erfolgreichsten und forschungsstärksten. So liegt die FAU beispielsweise beim aktuellen Forschungsranking der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) auf Platz 8 und gehört damit in die Liga der deutschen Spitzenuniversitäten. Neben dem Exzellenzcluster „Engineering of Advanced Materials“ (EAM) und der im Rahmen der Exzellenzinitiative eingerichteten Graduiertenschule „School of Advanced Optical Technologies“ (SAOT) werden an der FAU derzeit 31 koordinierte Programme von der DFG gefördert

    Die Friedrich-Alexander-Universität bietet insgesamt 142 Studiengänge an, darunter sieben Bayerische Elite-Master-Studiengänge und über 30 mit dezidiert internationaler Ausrichtung. Keine andere Universität in Deutschland kann auf ein derart breit gefächertes und interdisziplinäres Studienangebot auf allen Qualifikationsstufen verweisen. Durch über 500 Hochschulpartnerschaften in 62 Ländern steht den Studierenden der FAU schon während des Studiums die ganze Welt offen.

    Ansprechpartner für die Medien:
    Dr. Gerhard Krönke
    Tel.: 09131/85-43012
    gerhard.kroenke@uk-erlangen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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