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28.02.2013 09:53

Mehr Zuverlässigkeit für die Stromversorgung

Blandina Mangelkramer Kommunikation und Presse
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Rund ein Drittel der Betriebsmittel des deutschen Mittelspannungsnetzes hat seine Lebenserwartung von rund 35 Jahren überschritten. Damit steigt die Gefahr von Stromausfällen. Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben jetzt ein Datenbanksystem entwickelt, mit der sich die Restlebensdauer sowie die Wahrscheinlichkeit des nächsten Ausfalls für verschiedene Stromkabelarten vorhersagen lassen. Dr. Ivana Mladenovic, ein Mitglied des Teams unter der Leitung von PD Dr. Christian Weindl, hat wesentliche Ergebnisse in ihrer Doktorarbeit veröffentlicht. Dafür hat sie jetzt den renommierten europäischen John-Neal-Award erhalten.

    Das Mittelspannungsnetz bildet das Rückgrat der elektrischen Energieversorgung: Es verteilt die elektrische Energie bei Spannungen von 10 bis 36 Kilovolt so, dass diese dann lokal in die für die Endverbraucher benötigte Niederspannung von 400 bzw. 230 Volt umgesetzt werden kann. Über die Hälfte der Mittelspannungskabel in Deutschland sind Massekabel aus öl- bzw. massegetränktem Papier. Die andere Hälfte besteht aus Kabeln aus vernetztem Polyethylen (VPE), die seit Beginn der 70er Jahre eingesetzt wurden, sobald ein Massekabel ersetzt werden musste. Die verbliebenen Papiermassekabel haben die erwartete Lebensdauer von rund 35 Jahren daher längst überschritten. Dadurch steigt die Gefahr von Stromausfällen – insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass sich die Belastungen des Netzes durch die verstärkte Nutzung regenerativer Energien verändern und in weiteren Bereichen auch erhöhen. In den vergangenen Jahren entwickelten die Versorgungsunternehmen daher vermehrt Instandhaltungsstrategien, bei denen Informationen über den Zustand des Netzes helfen sollen, Ausfälle vorherzusagen. Das Problem: Es sind immer noch nicht alle physikalischen Prozesse eindeutig identifiziert und klassifiziert, die während des Betriebes ablaufen. Damit fehlt es den Unternehmen an aussagekräftigen Parametern, anhand derer sie eine verlässliche Vorhersage über die Restlebensdauer treffen können.

    Testkabel wurden mit neu entwickeltem System beschleunigt gealtert
    Ein an der FAU entwickeltes und realisiertes System zur künstlichen Alterung von Kabeln und das darauf basierende Datenbanksystem versprechen Abhilfe: PD Dr. Christian Weindl und Dr. Ivana Mladenovic vom Lehrstuhl für Elektrische Energiesysteme sammelten mehr als 900 GB an Daten, anhand derer sie Grenzwerte für Parameter ermittelten, die eine genauere Vorhersage von Ausfällen ermöglichen. Zu den untersuchten Parametern zählen unter anderem das Teilentladungsverhalten (kleinste energetische Entladungen innerhalb der Isolation, die eine Identifikation von Schwachstellen ermöglichen) oder der Verlustfaktor (das Verhältnis der Leistung, die in einer Isolation in Wärme umgewandelt wird und der benötigten kapazitiven Leistung). Neben diesen Werten wurden auch die Umgebungsbedingungen der Parameter näher analysiert. Für ihr Projekt entwickelten die beiden Forscher zunächst ein System zur künstlichen und beschleunigten Alterung der Kabel – das Integrated Cable Accelerated Ageing System (ICAAS). Hierbei werden die Kabel einer bis zur dreifachen Nennspannung sowie wechselnden Lasten und unterschiedlichen Temperaturen ausgesetzt. In einer ehemaligen Lkw-Garage ließen Mladenovic und Weindl dann mehrere Dutzend Kabel – von fabrikneuen Testobjekten bis zu alten aus den 50er Jahren – altern. Einmal täglich erfasste dann ein von den beiden Wissenschaftlern entworfenes automatisches Messsystem in einem Zeitraum von über zwei Jahren 840 verschiedene Diagnosekenngrößen – insgesamt mehr als 270.000 einzelne Diagnosemessungen. Im Rahmen von Parameterstudien wurden zudem jeweils mehr als 22.000 Messgrößen in einem zweimonatigen Turnus ermittelt. Das Ziel der Messungen: Messgrößen zu finden, die eine zuverlässige Strategie zur Instandhaltung und zum Asset-Management ermöglichen sowie die Grenzwerte der bereits bekannten Parameter genauer zu spezifizieren.

    Ihre Alterungsdatenbank setzen die beiden Forscher inzwischen auch in Felduntersuchungen ein. „Die Anwendung der Datenbank im Feld ist ein sehr komplizierter Prozess. Um die Restlebensdauer zu bestimmen, müssen nicht nur die verschiedenen Parameter berücksichtigt werden, sondern auch die unterschiedlichen Bedingungen vor Ort, wie beispielsweise Temperaturschwankungen“, erklärt Weindl. Die Ergebnisse ihrer Forschungen hat Dr. Mladenovic in ihrer Doktorarbeit mit dem Titel „Performance, Reliability & Remaining lifetime estimation of MV PILC cables“ veröffentlicht. Das Projekt wurde von der Nürnberger N-ERGIE AG, der US-amerikanischen Imcorp sowie der Bayka Bayerische Kabelwerke AG gefördert.

    John-Neal-Award
    Mit dem John-Neal-Award zeichnet die European Electrical Insulation Manufacturers (EEIM) jährlich Studierende aus, die auf dem Gebiet der Materialien und Systeme von Elektroisolierungen herausragende Leistungen erbracht haben. Bewerben können sich Studierende, deren Arbeit sich mit Konstruktion, Anwendung oder Überprüfung von elektrischen Maschinen oder Systemen beschäftigt. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.

    Informationen für die Medien:
    PD Dr. Christian Weindl
    09131/85-29517
    christian.weindl@fau.de

    Dr. Ivana Mladenovic
    09131/85-29518
    Mladenovic@eev.eei.uni-erlangen.de


    Bilder

    Dr. Ivana Mladenovic erhielt den John-Neal-Award. Zu den ersten Gratulanten zählten Prof. Dr. Gerhard Herold, Professor in Ruhestand (links), und PD Dr. Christian Weindl (rechts) vom Lehrstuhl für Elektrische Energiesysteme sowie Dr. Jörg Langer von der EEIM.
    Dr. Ivana Mladenovic erhielt den John-Neal-Award. Zu den ersten Gratulanten zählten Prof. Dr. Gerhar ...
    Bild: Lehrstuhl für Elektrische Energiesysteme/FAU
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Elektrotechnik, Energie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

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