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10.09.2002 13:18

Von der Doping-Analytik bis zur "Aufklärung" der Proteine

Volker Schulte Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    Einladung zu einem Pressegespräch anlässlich des 24. Internationalen Chromatographie-Symposiums am Montag, 16. 9. 2002, 13 Uhr, im Rektoratsgebäude der Universität Leipzig, Ritterstr. 26, 3. Etage, Raum 320. Gesprächspartner sind Prof. Dr. Werner Engewald, Universität Leipzig; Prof. Dr. Dr. h. c. Heinz Engelhardt, Universität Saarbrücken;Prof. Dr. Friedrich Lottspeich, Max-Planck-Institut für Biochemie, Martinsried.

    Vom 16. bis 20. September 2002 treffen sich nahezu 600 Experten aus aller Welt an der Universität Leipzig, um über Fortschritte auf einem speziellen, aber sehr bedeutenden Gebiet der Analytischen Chemie zu beraten.

    Die Teilnehmer sind an einem beigefarbenen Rucksack mit dem Aufdruck ISC '02 zu erkennen. ISC steht für Internationales Symposium über Chromatographie. Der Vorsitzende der Tagung, Prof. Dr. Werner Engewald vom Institut für Analytische Chemie der Leipziger Universität, hat mit seinen Mitarbeitern und der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) diesen traditionsreichen Weltkongreß seit 3 Jahren neben allen anderen Verpflichtungen vorbereitet.

    Diese Tagungsreihe wird seit 1956 im zweijährigen Turnus von mehreren wissenschaftlichen Gesellschaften in Europa durchgeführt. Die letzten Veranstaltungsorte waren Rom (1998; dort gelang es dem Leipziger Universitätsprofessor, das internationale wissenschaftliche Komitee von Leipzig als Veranstaltungsort zu überzeugen) und London (2000). In zwei Jahren wird Paris Gastgeber der Veranstaltung sein.

    Was ist nun Chromatographie? Das Wort bedeutet eigentlich Farbschreiben und wurde vor ca. 100 Jahren von einem russischen Biochemiker benutzt, weil es ihm gelang, eine aus grünen Blättern gewonnene Farbstofflösung in mehrere Bestandteile zu zerlegen. Dieser historische Name wurde beibehalten, obwohl heute mit den modernen Varianten Gaschromatographie oder Hochleistungs-Liquidchromatographie (kurz als HPLC bezeichnet) überwiegend farblose Substanzen getrennt werden. Dies erfolgt, indem die Proben durch ein kleines Rohr transportiert werden, das eine spezielle Füllung enthält (die sogenannte stationäre Phase). Die Trennung erfolgt durch unterschiedliche Haftung an der Oberfläche; am Ende der Trennung gelangen die getrennten Stoffe dann in einen Detektor, in dem ein charakteristisches elektrisches Signal erzeugt wird.

    Erst durch die Anwendung und Weiterentwicklung der chromatographischen Methoden hat man besonders in den letzten 50 Jahren erkannt, wie kompliziert die uns umgebende Welt überhaupt ist. So wurden z. B. im Kaffeearoma über 800 verschiedene chemische Substanzen - meist in äußerst geringen Mengen - gefunden. Auch die bekannten Duft- und Aromastoffe (Lavendelöl, Rosenöl, Vanilleextrakt) setzen sich ebenso wie Benzin oder Dieselkraftstoff aus jeweils über 100 verschiedenen Verbindungen zusammen.

    Durch Kopplung von chromatographischen mit spektroskopischen Methoden - inbesondere mit der Massenspektrometrie - lassen sich Auftrennung und Bestimmung der Bestandteile in einem Arbeitsgang vereinen. Eng verwandt mit den chromatographischen Methoden sind die elektrophoretischen Techniken, bei denen Transport und Auftrennung der Komponenten durch ein elektrisches Feld bewerkstelligt werden. Von besonderer Bedeutung sind auch die verschiedenen Anreicherungstechniken, die eine Analyse von äußerst winzigen Mengen, den sogenannten Spurenkomponenten, ermöglichen.

    Die chromatographischen und verwandten analytischen Trennverfahren haben sich daher zu wichtigen Untersuchungsmethoden in vielen Bereichen von Wissenschaft, Technik und Medizin entwickelt und ganz wesentlich zum Erkenntnisfortschritt in anderen Disziplinen und zur Sicherung unserer Lebensqualität beigetragen. Chromatographiegeräte sind weitverbreitet: Nach einer amerikanischen Studie stehen sie in den Labors nach den Waagen und pH-Meßgeräten anzahlmäßig an 3. Stelle. Über die Hälfte aller Analysen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie werden mit Chromatographie ausgeführt. Die Anwendungen reichen von der Doping-Analytik bei Sportlern, Kraftstoffkontrollen bei den Formel-1-Rennen, Erkennung angeborener Stoffwechselerkrankungen bei Neugeborenen ("Neugeborenenscreening") über die Überwachung der Qualität von Nahrungsmitteln (Nitrophen-Skandal, Steroide und andere Dopingsubstanzen in Nahrungsmitteln usw.), Umweltanalytik (Kontrolle von Wasser, Boden und Luft) bis zur Entwicklung neuer Arzneimittel, der Biotechnologie und den Lebenswissenschaften.

    Solche Anwendungen werden ebenso wie methodische und apparative Weiterentwicklungen der analytischen Trenntechniken und Möglichkeiten zur Steigerung der Effektivität im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Programms des Leipziger Symposiums stehen.

    Warum brauchen wir immer noch leistungsfähigere Trenntechniken? Einerseits geht es, wie in anderen Bereichen auch, um die Steigerung der Effektivität, d. h., die Analysen sollen möglichst noch genauer, billiger und in kürzerer Zeit gemacht werden. Denken wir z. B. an die jüngste Hochwasserkatastrophe. Zur Einschätzung einer möglichen Umweltbelastung müssen viele Analysen in kürzester Zeit bei vertretbarem Aufwand durchgeführt werden.

    Mit zunehmender Leistungsfähigkeit analytischer Trennmethoden lassen sich auch immer komplexere Systeme untersuchen und neue Erkenntnisse gewinnen. Es ist auch hier die ständige Spirale zwischen analytischem Fortschritt - neuen Herausforderungen / Fragestellungen und dem Erkenntnisfortschritt.

    Besonders hohe Anforderungen an die Analytik stellen die biochemischen Systeme. Nachdem vor zwei Jahren die Sequenz des menschlichen Genoms aufgeklärt werden konnte, ist das gegenwärtige "Post-Genom-Zeitalter" ("Proteom-Ära") gekennzeichnet durch die Suche nach der biologischen Aktivität und Funktion der Proteine. Läßt sich die Genom-Sequenz z. B. mit einem Adressen- oder Telefonverzeichnis einer Stadt vergleichen, so geht es nun um die dynamischen Vorgänge (nicht zuletzt, um bestimmte Krankheiten künftig besser bekämpfen zu können): Was machen die Einwohner dieser Stadt zu den einzelnen Zeiten und warum tun sie das? Allerdings handelt es sich bei den Proteinen um sehr komlizierte Moleküle, die zudem in räumlich unterschiedlichen Modifikationen vorkommen können. Eine immense Herausforderung, die nur schrittweise durch neue Lösungsansätze und Gerätekombinationen lösbar ist, z. B. durch Kombination von multidimensionaler Trennung mit leistungsstarker Spektroskopie.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Werner Engewald
    Telefon: 0341 97 36061
    E-Mail: engewald@uni-leipzig.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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