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Wissenschaft
„Der korrigierte Mensch“ steht im Mittelpunkt der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Forschung Frankfurt“ (1/2013). Neben den Beiträgen, die über den Stand der Forschung und neueste Behandlungsmethoden auf dem Gebiet der Zell- und Gentherapie berichten, wagen zwei Frankfurter Wissenschaftler einen Ausblick auf ethische Fragen zum Klonen und zu Eingriffen in die menschliche Keimbahn.
Diesen Fragen stellen sich in einem Interview die Politikwissenschaftlerin Dr. Anja Karnein, deren Buch „Zukünftige Personen. Eine Theorie des ungeborenen Lebens von der künstlichen Befruchtung bis zur genetischen Manipulation“ soeben im Suhrkamp Verlag erschienen ist, und der Internist Prof. Hubert Serve, wissenschaftlicher Direktor des Universitären Centrums für Tumorerkrankungen (UCT) an der Goethe-Universität und stellvertretender Vorsitzender des Frankfurter LOEWE-Zentrums für Zell- und Gentherapie (CGT).
Auch wenn das Gedankenexperiment des Klonens nichts mit der Arbeit der Frankfurter Naturwissenschaftler und Mediziner zu tun hat, so können die Mediziner doch der Frage nicht ausweichen: „Wie viel Methodenentwicklung dürfen wir machen, ohne mitschuldig zu werden, sollten diese Kenntnisse in die falschen Hände geraten?“ Serve zeigt damit ein ethisches Dilemma auf, das in der Gesellschaft breiter diskutiert werden sollte: Die Mediziner forschen mit der klaren Intention, Patienten mit der Gen- und Stammzelltherapie zu helfen. Gleichzeitig bewegen sie sich auf innovativen Gebieten und ermöglichen eventuell weniger gut meinenden Menschen, Dinge zu tun, die sie ethisch fragwürdig finden. Karnein sieht das Hauptproblem darin, dass geklonte Personen möglichweise durch die Gesellschaft diskriminiert werden, und verweist darauf, dass das Klonen – anders als etwa die Atombombe als Resultat der Nuklearforschung – nicht „lebensbedrohlich oder gar gefährlich“ ist: „Wenn die Technik so erfolgreich wäre, dass Klone unversehrt auf die Welt kämen – wie groß wäre denn der Schaden? Es gibt doch heute schon das Phänomen der Zwillinge.“ Bei aller Skepsis führt die Sozialwissenschaftlerin als möglichen guten Grund für das Klonen den Wunsch eines gleichgeschlechtlichen Paares an, ein biologisch verwandtes Kind zu bekommen.
Kritisch betrachten beide Interviewpartner Eingriffe in die Keimbahn – auch dies ist noch Zukunftsmusik. Während Karnein einen solchen Eingriff, der dann auch an die Nachfahren weiter gegeben wird, für erwägenswert hält, wenn Mutter oder Vater unter einer gravierenden, nicht behandelbaren Krankheit leiden und so erreicht werden könne, dass die Krankheit nicht auf das Kind übertragen wird, ist Serves Position eindeutig: „Eingriffe in die Keimbahn sind für mich ein Tabu. Es bedarf eines Auftrags an den Arzt durch den konkreten Patienten, den er mit seinem Leiden vor sich hat, um ärztlich tätig zu werden zu dürfen.“ Dieser notwendige unmittelbare Kontakt könne sich aber nicht auf Patienten in zweiter, dritter oder vierter Generation beziehen.
Die beiden Wissenschaftler diskutieren in diesem Interview unter anderem auch über die Situation schwerkranker Patienten, die sich bereit erklären, an klinischen Prüfungen zu neuen Zell- und Gentherapien teilzunehmen. Ohne die Zustimmung der jeweiligen Ethik-Kommission, in der neben Ärzten auch Juristen, Theologen und Personen des öffentlichen Lebens mitwirken, dürfen solche Behandlungen nicht vorgenommen werden. Zudem spielt das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient eine entscheidende Rolle. Für Serve ist klar: „Die Patienten, die sich an klinischen Prüfungen beteiligen, sind echte Helden. Ohne sie gäbe es keine Entwicklung in der Medizin.“ Karnein findet zwar das Prozedere und insbesondere die Risiko-Abwägung, die einer klinischen Prüfung vorausgehen, sehr plausibel und wichtig. Doch sie sieht auch die Gefahr, dass die Situation Schwerkranker, die sich in einer verzweifelten Situation befinden, ausgenutzt werden könnte: „Die Position solcher Menschen ist äußerst verwundbar, und Einverständniserklärungen, die Patienten in solch einem Stadium geben, sind daher oftmals ethisch bedenklich.“ Ihr Eindruck ist, dass zu oft eine viel zu rationale Sichtweise des Patienten unterstellt werde.
Informationen: Prof. Hubert Serve, Universitäres Centrum für Tumorerkrankungen (UCT), Campus Niederrad, Universitätsklinikum, Tel. (069) 6301-4634; serve@em.uni-frankfurt.de; Dr. Anja Karnein, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, Professur für Politische Theorie und Philosophie (Prof. Rainer Forst), Campus Westend, Tel. (069) 798-31539 ; karnein@em.uni-frankfurt.de
Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ zum Thema „Der korrigierte Mensch“ kostenlos bestellen unter: ott@pvw.uni-frankfurt.de; PDF im Internet: www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de/34831594/aktuelle_Ausgabe
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin, Philosophie / Ethik
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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