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Zwar erwärmen sich die Meere weltweit langsamer als die Kontinente, doch Tiere und Pflanzen in den Ozeanen reagieren deutlich schneller auf die neuen Bedingungen als Lebewesen an Land. Zu diesem überraschenden Ergebnis kommt eine internationale Forschergruppe, an der Prof. Dr. Wolfgang Kießling von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) beteiligt ist. Ihre Erkenntnisse haben die Wissenschaftler jetzt in der Online-Fachzeitschrift Nature Climate Change veröffentlicht (doi10.1038/nclimate1958).
Rund 71 Prozent der Erdoberfläche ist von Wasser bedeckt, allerdings sind weite Teile der Ozeane noch immer unbekanntes Terrain. Bisher wusste man nur sehr wenig darüber, wie etwa Tiere und Pflanzen in den Weltmeeren auf höhere, durch den Klimawandel hervorgerufene Wassertemperaturen reagieren. Man könnte vermuten, dass Meeresorganismen vergleichsweise wenig durch den Klimawandel beeinträchtigt werden, da die Klimaveränderung die Temperaturen an Land dreimal schneller ansteigen lässt als im Wasser. Doch die Wissenschaftler um Prof. Kießling, Lehrstuhl für Paläoumwelt, fanden genau das Gegenteil heraus. Die Reaktionen von Meereslebewesen auf steigende Temperaturen sind weitaus gravierender als an Land. Außerdem belegten die Forscher einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und den Veränderungen in den Ozeanen. In den Regionen, die in den vergangenen Jahren die höchsten Temperaturzunahmen verzeichneten, waren auch die dramatischsten Veränderungen zu beobachten.
Die Wissenschaftler werteten für ihre Analyse 1735 Studien aus aller Welt aus, die sich damit beschäftigten, welche Veränderungen der Klimawandel bei Pflanzen und Tieren in den Meeren auslöst. Die erste Erkenntnis: Die Wasserorganismen weichen aufgrund der höheren Temperaturen in Äquatornähe in Richtung der Pole aus – Gegenden, die noch vor einigen Jahren zu kalt waren. Und nicht nur das: Ihre Lebensräume verschieben sich mehr als zehnmal schneller als jene der Landlebewesen. Alle zehn Jahre wandern die Lebensräume in den Meeren im Schnitt um 72 Kilometer polwärts, an Land durchschnittlich um sechs Kilometer. Die in dieser Hinsicht „flinkesten“ Organismen sind Phyto- und Zooplankton – dazu gehören unter anderem Kieselalgen oder Ruderfußkrebse – sowie Fischlarven.
Eine zweite Erkenntnis: Eine größere Veränderung lässt sich auch im Bereich der Phänologie beobachten. So heißen in der Tier- und Pflanzenwelt alle Ereignisse, die direkt von den Jahreszeiten beeinflusst werden. Wann kommen Stare aus dem Süden zurück? Wann treiben Schneeglöckchen aus? Wann suchen sich Igel ihr Winterquartier? Hier stellten die Forscher fest, dass sich typische Frühjahrsereignisse im Meer – wie das Auftreten von Planktonblüten und die Brutzeit von Meeresvögeln – alle zehn Jahre im Durchschnitt mehr als vier Tage nach vorne verschieben. An Land sind es etwa zweieinhalb Tage. Die größte Veränderung zeigte sich bei Zooplankton und Knochenfischen, deren Frühling alle zehn Jahre sogar elf Tage früher beginnt.
Welche Folge diese Veränderungen haben, muss in den kommenden Jahren noch untersucht werden. „Nur weil zum Beispiel bestimmte Fischarten ihren Lebensraum weiter in Richtung Nord- oder Südpol verlagern, heißt dies noch lange nicht, dass es in den ursprünglichen Gebieten keine Fische mehr gibt“, erklärt Paläobiologe Kießling. „Allerdings wird es in Äquatornähe schwierig, die abwandernden Arten durch Einwanderer zu ersetzen.“
Informationen für die Medien:
Prof. Dr. Wolfgang Kießling
Tel.: 09131/85-22690
wolfgang.kiessling@fau.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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