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Wissenschaft
Tagung über Anatomie und Wahrnehmung in der Frühen Neuzeit
Wahrheit oder Manipulation? Individuum oder Typus? Mit diesen beiden Gegensatzpaaren lässt sich das Thema der Tagung über Anatomie und Wahrnehmung in der Frühen Neuzeit umreißen, die vom 6. bis 8. November 2002 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Casino des Campus Westend, stattfindet und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. Veranstaltet und konzipiert wird die Konferenz vom Frankfurter Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit, das sich schon seit geraumer Zeit mit dem Wandel der Wahrnehmung beschäftigt und ihre Veränderungen als Belege für die Beschaffenheit des neuzeitlichen Individuums analysiert.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diskutieren deshalb anhand konkreter Beispiele im wesentlichen über folgende Themen: Die unmittelbare Wahrnehmung der Anatomie wird der medial vermittelten gegenübergestellt. In welcher Weise tragen also neue Darstellungstechniken des Körpers seit Erfindung des Buchdrucks zu einer Neuordnung in der Wahrnehmung der Anatomie bei? Inwieweit sind diese Techniken andererseits aber auch Folge einer Vermischung spezifischer Wahrnehmungsformen zwischen Kunst, Religion und Wissenschaften? Die Inszenierung der öffentlichen Leichensektion als Modellfall des "theatrum mundi" und die Frage "Was nützen Medizinern Leichen?" thematisieren die Bedeutung anatomischer Darstellungen zur Diskussion der Frage von Leben und Tod in den frühneuzeitlichen Gesellschaften. Gezeigt wird, wie die Normen für Schönheit als Ausdruck himmlischer Harmonie durch den Blick ins Körperinnere gefährdet werden.
Auf der internationalen Konferenz, zu der etwa 50 Teilnehmer erwartet werden, wird die Frage nach der "Natur" des Körpers und seiner Verfügbarkeit für den menschlichen Zugriff gestellt: Es wird untersucht, wie die soziale, kulturelle und damit auch geschlechtliche Identität durch die Wahrnehmung der Anatomie bestimmt wird - und umgekehrt. Denn in der Ordnung des Körpers durch die Wahrnehmung der Anatomie wird eine Ordnung des Menschen vollzogen. Dabei werden Konflikte zur Normbildung ausgetragen, in denen die Wahrnehmung eines Typus der Wahrnehmung der Individuen übergeordnet und die sinnliche Wahrnehmung der vernünftigen untergeordnet wird.
Die eingeladenen Referentinnen und Referenten weisen sich durch ihre Forschungen als Experten auf dem jeweiligen Gebiet aus und lassen eine intensive interdisziplinäre Diskussion erwarten. Nicht zu übersehen ist zudem die gesellschaftliche Aktualität des Themas. Der immer wieder angesprochene Bezug auf die derzeit intensiv diskutierte Reproduzierbarkeit des Menschen, die heute auf neue Art die Natürlichkeit des Menschen in Frage stellt, wird deshalb auch Gegenstand der Referate sein.
Nähere Informationen: Prof. Dr. Klaus Reichert, Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit, Telefon: 069/798-23282, Organisation: Albert Schirrmeister, E-Mail: Aschirrm@geschichte.uni-bielefeld.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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