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DFG unterstützt Projekt zur Geschichte der Medizintheorie
Was ist Krankheit, was Gesundheit? Klinische Lehr- und Handbücher oder medizinische Nachschlagewerke scheinen darauf eine eindeutige Antwort zu geben, indem sie die bekannten Krankheitsbilder mit ihren Symptomen systematisch aufzählen. Doch ist damit schon geklärt, was "Krankheit", ganz allgemein gesehen, ist? Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass "Krankheit" nicht zu allen Zeiten gleich verstanden wurde. Während Alkoholismus früher als moralische Verfehlung abgewertet wurde, galt Homosexualität als Krankheit, die geheilt werden musste. Beispiele, die belegen, dass das Spektrum der Krankheiten historisch immer wieder neu aufgefächert worden ist. Es haben sich daher immer wieder Ärzte gefragt, ob überhaupt eine allgemeine Definition oder Theorie davon gegeben werden kann, was "Krankheit" ist. Unter anderem diesen Versuchen zu einer "Krankheitstheorie" nachzuspüren, war das Ziel einer von der DFG geförderten Studie zur Geschichte der Theorie der Medizin in der Bundesrepublik seit 1945, die Dr. Daniela Mergenthaler am Institut für Theorie und Geschichte der Medizin der Universität Münster erarbeitet hat.
"Die Medizintheorie ist in ihrer geschichtlichen Entwicklung ein sehr uneinheitliches Gebiet, das erst in den 70er Jahren zu einem eigenständigen Fach heranwuchs. Immer wieder wurde vereinzelt publiziert, es finden sich auch Versuche einer systematischen Auseinandersetzung, aber bislang existiert noch keine allgemein anerkannte systematische Grundlegung", erläutert Mergenthaler, die über den US-amerikanischen Neurologen Oliver Sacks promoviert hat. In Münster hat sie zunächst eine Datenbank zusammengetragen, in der rund 1300 Einträge verzeichnet sind. Dann untersuchte sie, mit welchen Fragestellungen sich die Autoren beschäftigten. Neben dem Krankheitsbegriff sind es vor allem die Bereiche "Organismus", "Menschenbild", die klinische Methodologie, die den Weg zur Entscheidungsfindung des Arztes untersucht, das "Leib-Seele-Problem", also die Untersuchung, wie physiologische und psychologische Prozesse zusammenhängen, und die Wissenschaftstheorie, die sich unter anderem mit der Frage beschäftigt, ob die Medizin eine Wissenschaft sei.
"Im Vergleich mit der internationalen Forschung zeigt sich, dass es in Deutschland vor allem eine lange Tradition im Bereich der Anthropologie gibt, also die Frage, wie sich der Mensch in der Medizin darstellt", erklärt Mergenthaler. Es gehe dabei vor allem darum, dass der Mensch in der Medizin zugleich ein Objekt und ein Subjekt ist, also nicht nur behandelt, sondern auch gehört werden will. Während früher auch ethische Fragen im Rahmen der Medizintheorie behandelt worden seien, sei dieser Bereich seit den 80er Jahren zu einer eigenen Disziplin herangewachsen.
"Es war dringend an der Zeit, diesen Überblick einmal zusammenzustellen", sagt Prof. Dr. Peter Hucklenbroich, Leiter des Instituts, des ersten und noch immer fast einzigen in Deutschland, das sich mit der Theorie der Medizin beschäftigt. "Die Medizintheorie stellt Fragen, die sich ihrer Natur nach nicht immer abschließend beantworten lassen. Die heutigen naturwissenschaftlich ausgebildeten Mediziner sind daran gewöhnt, auf alle Fragen eine eindeutige, präzise und endgültige Antwort zu erwarten. Es ist daher nicht immer leicht, sie an das Problembewusstsein der Medizintheorie heranzuführen."
http://medweb.uni-muenster.de/institute/itgm/forschung/dfg_imping.html
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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