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Der Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaft wird dem israelischen Historiker und ehemaligem Leiter des Leo Baeck Instituts in Jerusalem, Avraham Barkai, am 8. April die Ehrendoktorwürde verleihen. Den Festvortrag hält der Geehrte zum Thema: "'Deutschjuden' und 'Nationaljuden' in der Rückschau eines israelischen Historikers". Die Laudatio hält der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Prof. Drs. Dr. h.c. Wolfram Fischer. Weitere Ehrendoktoren der FU sind u.a. Umberto Eco, Kofi Annan und Klaus Töpfer.
Mit der Ehrendoktorwürde ehrt der Fachbereich einen ungewöhnlichen Gelehrten, der infolge seiner Vertreibung aus Deutschland erst im Alter von 56 Jahren an der Universität Tel Aviv über das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus promovierte. Avraham Barkai wurde 1921 im sog. Berliner Scheunenviertel als Sohn eines Thora-Schreibers geboren. Bis 1936 besuchte er das Adass-Jisroel-Realgymnasium und emigrierte 1938 nach Palästina, wo er eine landwirtschaftliche Ausbildung machte. 1940 trat er in den Kibbuz Lahavoth Habashan ein, dem er gemeinsam mit seiner ebenfalls aus Deutschland stammenden Frau bis heute angehört und in dem er mehr als zwanzig Jahre in der Landwirtschaft und der Jugenderziehung arbeitete. 1963 begann er nebenbei ein Studium der Geschichte und Volkswirtschaftslehre an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Von 1967 bis 1979 arbeitete er außerdem als Teilzeitdozent für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsgeschichte an einem College.
Mit seiner Dissertation: Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus: Der historische und ideologische Hintergrund 1933 bis 1936 (1977) stellte Barkai die viel beachtete These auf; "dass die Gesamtheit der wirtschaftspolitischen Maßnahmen in der ersten Phase des Dritten Reiches das Bild eines in sich konsistenten Systems vermitteln". 1988 erschien seine bis zum Jahr 1945 erweiterte Fassung. Außerdem verfasste Barkai ein viel beachtetes Werk über den Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens 1893-1938, der ersten Gesamtdarstellung der größten jüdischen Interessenorganisation in Deutschland. Darüber hinaus schrieb Barkai zahlreiche Einzelstudien zur deutsch-jüdischen Geschichte seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, der Emigration deutscher Juden in die Vereinigten Staaten und den Nationalsozialismus. Barkai hat in Archiven und Bibliotheken in Deutschland, Israel und Deutschland gearbeitet und ging im Rahmen eines Schwerpunktprogramms der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Freien Universität seinen Forschungen nach. Barkai ist Mitglied der Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte der Deutschen Bank im Nationalsozialismus.
Die feierliche Verleihung der Ehrendoktorwürde findet am Freitag, dem 8. März 2003, um 16.15 Uhr im Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften, Hörsaal B, Koserstraße 20, 14195 Berlin statt.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Wirtschaft
überregional
Personalia
Deutsch
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