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Am 27. Januar, dem Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, findet der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus statt. Die Veranstaltungen, die es rund um dieses Datum in Rheinland-Pfalz geben wird, erinnern in diesem Jahr im Besonderen an die Krankmorde in der NS-Zeit. Aus diesem Anlass spricht Prof. Dr. Norbert W. Paul in der Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz über die nationalsozialistische Praxis der Zwangssterilisation.
Nach langen Jahren des Schweigens über die Medizinverbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus begann ab den 1980er Jahren die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der deutschen Geschichte. Es galt und gilt dabei zu erfassen, wie aus der Medizin mehr als nur eine Erfüllungsgehilfin des diktatorischen Gewaltregimes wurde, sondern wie sie sich vielmehr mit Überzeugung in den Dienst einer brutalen, bis dahin undenkbaren Politik der ›Reinigung des Volkskörpers‹ stellte.
Der Vortrag widmet sich der nationalsozialistischen Praxis der Zwangssterilisierung. Das am 14. Juli 1933 erlassene ›Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses‹ bildete die Grundlage für eine straff organisierte, zwangsweise Sterilisierung von über 360 000 Menschen. Wie aber sah der Zwang zur Sterilisierung in der Lebenswirklichkeit der Opfer aus? Auf welchen Kriterien basierte die ärztliche Entscheidung zum Vollzug der Zwangsmaßnahme? Mit welchen Argumenten wurde der offensichtliche Verstoß gegen die Prinzipien ärztlicher Fürsorge gerechtfertigt? Wie gestalteten sich der Eingriff und die anschließende medizinische Versorgung?
Anhand der aus dieser Zeit erhaltenen Krankenakten aus Mainz werden die Mechanismen der Rechtfertigung untersucht und vor dem Hintergrund der Ideologie der NS-Gesetzgebung kritisch analysiert. Die in den Akten gefundenen Zusatzdokumente wie Patientenbriefe, Tagebucheinträge und Beschwerden erlauben neben der Beleuchtung der Täterperspektive auch eine detaillierte Sicht auf die Opfer.
Prof. Dr. Norbert W. Paul ist Leiter des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur.
Der Vortrag findet in Kooperation mit der Universitätsmedizin Mainz im Rahmen der Veranstaltungen zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus statt. Über einen Terminhinweis und Berichterstattung würden wir uns freuen. Der Eintritt ist frei.
Dienstag, 2. Februar 2016, 19 Uhr
Plenarsaal der Akademie, Geschwister-Scholl-Str. 2, 55131 Mainz
http://www.adwmainz.de/fileadmin/adwmainz/veran16/Einladungsflyer_Paul.pdf
Merkmale dieser Pressemitteilung:
jedermann
fachunabhängig
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Pressetermine
Deutsch
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