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12.10.2016 12:36

Im Namen der Päpste: Wie die Kirche Europa prägte

Dr. Susanne Langer Kommunikation und Presse
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Wie wurde Europa zu dem, was es heute ist und welche Rolle spielte die Institution Kirche? Im Rahmen des Projekts „Regesta Pontificum Romanorum“ arbeiten Historiker der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) gemeinsam mit der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen daran, sämtliche Papstkontakte von den Anfängen bis ins Jahr 1198 umfassend aufzuarbeiten.

    Die offizielle Bestätigung einer Reliquienschenkung, ein Machtwort des Papstes in einer strittigen Rechtsangelegenheit oder das Schreiben anlässlich einer Kaiserkrönung – dies sind einige Beispiele für Urkunden, wie Päpste sie im frühen und hohen Mittelalter, also etwa zwischen dem 6. und dem 13. Jahrhundert, an ihre Empfänger schickten. Erst ab dem Jahr 1198 sind die schriftlichen Kontakte der Päpste zur christlichen Welt gut dokumentiert.

    Was die römischen Päpste in der Zeit davor etwa an Herrscher, Bischöfe oder an Klöster in ganz Europa per Boten entsendeten, ist zum einen nur selten erhalten und wurde zum anderen bis 1198 nie zentral erfasst. Das bedeutet: Die Schreiben, die über ganz Europa verstreut sind, weil sie bei den Empfängern aufbewahrt wurden, müssen zusammengetragen werden.

    „Für die Erforschung der Entstehung des staatlichen Gebildes Europa sowie für die Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen dem römischen Zentrum und der damaligen christlichen Welt ist ein Verzeichnis der päpstlichen Schreiben jedoch unerlässlich“, sagt Projektleiter Prof. Dr. Klaus Herbers vom Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte und Historische Hilfswissenschaften der FAU. Denn die von der päpstlichen Kanzlei versandten Dokumente bieten nicht nur tiefe Einblicke, sondern vermitteln auch lokale Besonderheiten und Erwartungshaltungen der Empfänger gegenüber dem christlichen Oberhirten.

    Mit Hilfe des Projekts lässt sich dabei nicht nur die Geschichte einer bis heute bestehenden Institution aufarbeiten. „Auch die Ordnungsstrukturen, die im Mittelalter geschaffen wurden und bis heute Europa sein Gesicht geben, werden nachvollziehbar gemacht“, erklärt Herbers.

    Die FAU-Wissenschaftler haben sich viel vorgenommen. Sie arbeiten an einer Neuauflage des Standardwerks „Regesta Pontificum Romanorum“ von Philipp Jaffé, der die Papstkontakte in sogenannten Regesten erstmals 1851 zusammengestellt hat und dem 1885/1888 eine zweite Auflage folgte. In den Regesten sind in Kurzform die Inhalte päpstlicher Schreiben, Ausstelllungsdatum und -ort sowie die maßgeblichen Editionen zusammengefasst. „Durch Neufunde und Forschungen der letzten 130 Jahre ist mittlerweile von mindestens 32.000 dokumentierten Papstkontakten bis 1198 auszugehen“, erläutert Klaus Herbers. Dank der FAU-Forscher wird es eine dauerhafte Aktualisierung geben. Die Dokumente aus der Zeit von der Ankunft des Petrus in Rom bis zum Jahr 604 haben sie bereits bearbeitet, damit umfasst der erste Band über 3.100 Regesten auf 600 Seiten.

    Nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ haben die Wissenschaftler das Standardwerk überarbeitet: Sie stellen die Ergebnisse auch systematisch durchsuchbar in der Online-Datenbank www.papsturkunden.de zur Verfügung. Um das chronologische Verzeichnis der Papsturkunden zu erarbeiten, gehen die Wissenschaftler mit detektivischem Spürsinn vor. Neben der kundigen Analyse zum Beispiel von Annalen, Chroniken oder Kirchenrechtssammlungen entdecken sie auch „versteckte Quellen“, in denen sich Hinweise über päpstliche Urkunden verbergen – auch solche, die nicht mehr erhalten sind. „Damit eröffnen wir den wissenschaftlich gesicherten und systematischen Zugang zu einem der wichtigsten europäischen Quellenbestände“, sagt Herbers, „so dass nun die konstitutive Rolle des Papsttums bei der Verbreitung von Werten, Verfahren sowie von Rechts- und Denkfiguren vergleichend und umfassend betrachtet werden kann."

    Weitere Informationen:
    Projekt „Papsturkunden des frühen und hohen Mittelalters“
    Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte und Historische Hilfswissenschaften
    Tel.: 09131/85-25835 (Viktoria Trenkle)
    klaus.herbers@fau.de, viktoria.trenkle@fau.de, judith.werner@fau.de
    www.mittelalter.geschichte.fau.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geschichte / Archäologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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