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10.07.2003 17:16

Münster wird zum Mekka der Schmerzmediziner

Jutta Reising Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster

    Das Deckblatt des Kongressprogramms schmückt eine Lithographie von Pablo Picasso. Mit dem Motiv der beiden gleichsam zu einer Einheit verschmolzenen aber dennoch getrennten Köpfe will das Universitätsklinikum Münster (UKM) als Ausrichter des Deutschen Schmerzkongresses 2003, der mit rund 2000 erwarteten Teilnehmern vom 8. bis 12. Oktober in Münster stattfindet, schon auf den ersten Blick einen Bezug zum Tagungsthema schaffen. "Anspruch und Wirklichkeit der Schmerzforschung und Therapie" lautet das diesjährige Motto. So wie das Picassosche Motiv Trennung und Symbiose gleichermaßen symbolisiert, soll auch der Kongress eine Brücke schlagen zwischen Grundlagenforschung auf der einen Seite und klinischer Anwendung auf der anderen.

    Der mit zahlreichen Begleitveranstaltungen, wie beispielsweise einem von TV-Moderatorin Christine Westermann moderierten Patientenforum in den Städtischen Bühnen, einem Pflegesymposium, einem Palliativtag und diversen praxisorientierten Workshops in unterschiedlichen Krankenhäusern Münsters, verbundene Kongress gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung sowie der Diagnostik und Therapie bei chronischen Schmerzen. Die Wahl Münsters als Tagungsort macht zugleich den hohen Stellenwert einer fachübergreifenden Schmerzforschung und Schmerztherapie am dortigen Universitätsklinikum deutlich. Unter anderem wurde in Münster 1992 die bundesweit erste Schmerztagesklinik eingerichtet. Deren Leiterin Privatdozentin Dr. Ingrid Gralow von der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin sowie Privatdozent Dr. Stefan Evers von der Neurologischen Universitätsklinik sind die Kongresspräsidenten dieser gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft in Kooperation mit der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Schmerztherapie und der Deutschen Schmerzgesellschaft.

    Trotz der großen Zahl von Menschen, die an chronischen Schmerzen leiden - allein für die Bundesrepublik schwanken die Schätzungen zwischen fünf und neun Millionen - , ist die Schmerzmedizin noch eine relativ junge Disziplin. Seit Erscheinen des ersten Lehrbuchs auf diesem Gebiet vor 50 Jahren entwickelte sie sich zu einem eigenständigen medizinischen Fachgebiet. Nach
    einer entsprechenden bundesweiten Empfehlung im Jahr 1996 bieten mittlerweile fast alle Ärztekammern eine entsprechende Weiterbildung für Ärzte an. Längst wird der chronische Schmerz als eigenes Krankheitsbild anerkannt, Schmerzambulanzen wie in Münster haben sich mittlerweile fast flächendeckend an Universitätskliniken durchgesetzt.

    Angeführt wird das weite Spektrum chronischer Schmerzen übrigens von Kopf- und Rückenschmerzen, gefolgt von Tumorschmerzen sowie Befindlichkeitsstörungen, die mit Schmerzen einhergehen. Während bei der Diagnostik und Behandlung betroffener Patienten heute Mediziner nahezu sämtlicher medizinischer Fachgebiete, wie unter anderem Anästhesisten, Neurologen, Orthopäden , Internisten, Psychosomatiker und Psychotherapeuten eng zusammenarbeiten, führte die Schmerzgeplagten früher eine in der Regel jahrelange Odyssee von Facharzt zu Facharzt, ohne dass sich ihre Schmerzen nennenswert besserten.

    Die heute übliche enge interdisziplinäre Kooperation kommt auch beim Deutschen Schmerzkongress in der Halle Münsterland zum Ausdruck, bei dem namhafte Experten aus Forschung und Klinik über neue Ergebnisse und Perspektiven berichten werden. So zum Beispiel über bisherige Aktivitäten auf dem Gebiet der Schmerzforschung, unter anderem durch bildgebende Verfahren gewonnene neue Erkenntnisse über die Entstehungsmechanismen der jeweiligen Schmerzerkrankung sowie über biopsychosoziale Aspekte, die in der Chronifizierung des Schmerzes eine Rolle spielen. Erkenntnisse haben unter anderem zur Entwicklung neuer Medikamente geführt, die den Schmerz heute viel gezielter dort bekämpfen, wo er entsteht. Den größten Durchbruch in jüngster Zeit haben nach Urteil der Experten in diesem Zusammenhang Ergebnisse der modernen molekularbiologischen Forschung gebracht. Hier werden für die nächste Zeit auch besonders große Perspektiven im Hinblick auf eine noch effektivere Bekämpfung chronischer Schmerzen gesehen.

    Neben der Entwicklung neuer Pharmaka und neuer Applikationsformen, wie beispielsweise Schmerzpflaster, die vor allem bei Krebspatienten einen großen Fortschritt gebracht haben, wurden weitere innovative Behandlungsstrategien erarbeitet. Sie reichen von lokalen Nervenstimulationsverfahren, mit denen der Patient Nervenschmerz-Attacken sozusagen per Knopfdruck unterdrücken kann, bis hin zum multimodalen Reha-Programm mit medikamentösen, krankengymnastischen, psychotherapeutischen und entspannungstechnischen Anteilen bei chronischen Rückenschmerzen.

    Dass trotz großer Fortschritte der letzten Jahre die Schmerzmedizin aber noch vor großen Herausforderungen steht, wird der Kongress in Münster deutlich machen. Dazu zählt beispielsweise die Beantwortung der Frage, wie es überhaupt zu einer Chronifizierung des Schmerzes kommt, ebenso wie die weitere Suche nach möglichen Mutationen im Erbgut sowie eine Klärung der genaueren psychischen und organischen Zusammenhänge bei der Schmerzentstehung. Über den wissenschaftlichen Diskurs hinaus wird sich die Tagung aber auch mit den kulturellen und gesellschaftlichen Aspekten des Schmerzes beschäftigen. Den Einführungsvortrag hält daher bewusst auch kein Mediziner, sondern der Leiter des Picasso-Museums in Münster.


    Weitere Informationen:

    http://www.schmerzkongress.de/2003/


    Bilder

    Picasso-Lithographie auf dem Deckblatt des Tagungsprogramms
    Picasso-Lithographie auf dem Deckblatt des Tagungsprogramms

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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