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Physiker der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) haben nachgewiesen, dass sich Systeme entgegengesetzt rotierender makroskopischer Teilchen entmischen und homogene Fraktionen aus entweder links- oder rechtsdrehenden Partikeln bilden. Für ihr Experiment verwendeten die Forscher Mini-Roboter, die im 3D-Druck hergestellt wurden. Die Ergebnisse wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.*
Das Phänomen an sich ist bekannt: Biologische Organismen, etwa Bakterien, und künstliche aktive Partikel haben die Tendenz, sich zu Schwärmen und Mustern zu organisieren. Kaum erforscht hingegen ist, wie genau diese Selbstorganisation funktioniert und welche Kräfte dabei wirken. Experimente zur Dynamik mikroskopischer Partikel sind schwer durchzuführen, und auch Simulationen stoßen an ihre Grenzen, wenn grundlegende Wechselwirkungsmechanismen noch unverstanden sind.
Vibration lässt Mini-Roboter rotieren
Physikern der FAU und der Universität Düsseldorf ist es nun gelungen, die Selbstorganisation rotierender Partikel im Experiment zu beobachten. Dafür stellten sie kleine Roboter von etwa 1,5 Zentimetern Größe, die mit jeweils sieben geneigten Beinen ausgestattet sind, auf eine vibrierende Grundplatte. Die Beine wirken als elastische Federn und wandeln den Vibrationsimpuls in eine Rotationsbewegung um. Um Wechselwirkungen zu verstärken, wurden die im 3D-Drucker hergestellten Roboter mit vier kleinen Antennen versehen. Auf diese Weise verhalten sie sich wie Zahnräder, die ineinandergreifen. „Der Aufbau ist eigentlich simpel“, erklärt Prof. Dr. Thorsten Pöschel vom Institut für Multiscale Simulation of Particulate Systems der FAU. „In einem Ring haben wir jeweils 210 im und gegen den Uhrzeigersinn drehende Rotoren vollständig gemischt wie ein Schachbrettmuster angeordnet. Dann haben wir den Vibrationstisch aktiviert und geschaut, was passiert.“
Zusammen bleibt, was sich blockiert
Das Ergebnis war auch für die Forscher überraschend: Bereits nach einer Minute waren einzelne Domänen klar zu erkennen, nach 15 Minuten hatten sich die Roboter beinahe vollständig entmischt. „Diese Segmentierung ist nicht intuitiv“, sagt Dr. Christian Scholz vom Institut für Theoretische Physik II der HHU. „Man hätte erwarten können, dass gerade entgegengesetzt rotierende Teilchen zusammenbleiben, weil ihre Antennen sich nicht verhaken – ähnlich einer Kette rotierender Zahnräder, die sich abwechselnd links- und rechtsherum drehen.“ Doch das Gegenteil ist der Fall: Rotoren mit identischem Drehsinn blockieren sich und bilden gemeinsame Fraktionen. Durch das Tracking der einzelnen Roboter konnten die Forscher außerdem super-diffusive Kantenströme beobachten: Partikel in der Nähe der Grenzflächen sind deutlich beweglicher sind als im Zentrum der Domänen.
Simulationen bestätigen Experiment
Zahlreiche Wiederholungen zeigen, dass die Ergebnisse des Experiments sehr robust sind – nach der Vibrationsdauer von 1000 Sekunden hatten die Rotoren meist drei bis vier voneinander getrennte Domänen gebildet. In entsprechenden Simulationsläufen auf der Basis von Langevin-Gleichungen kommt es sogar stets zur vollständigen Entmischung in zwei Fraktionen. „Dass die Variationen in den Versuchsläufen größer sind als in der Simulation, könnte auf Formfehler unserer 3D-gedruckten Rotoren und auf den Einfluss der Gravitation zurückzuführen sein, weil wir den Vibrationstisch nicht hundertprozentig waagerecht ausrichten können“, erklärt Prof. Dr. Michael Engel vom Institut für Multiscale Simulation of Particulate Systems der FAU.
Beide Verfahren – die Experimentalläufe mit physischen Rotoren ebenso wie die Langevin-Simulationen – sind hervorragend geeignet, die kollektive Dynamik und die Phasentrennung rotierender Partikel zu beschreiben. Die Wissenschaftler hoffen, damit einen Beitrag zur weiteren Erforschung aktiver weicher Materie und mikroskopischer oder sogar molekularer Partikel leisten zu können. Die Ergebnisse des Projektes wurden unter dem Titel „Rotating robots move collectively and self-organize“ in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
*doi: 10.1038/s41467-018-03154-7
Kontakt:
Prof. Dr. Thorsten Pöschel
Tel.: 09131 85-20865
thorsten.poeschel@fau.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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