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Deformationsprozesse der Erdkruste und Plattentektonik verstehen: Der Strukturgeologe Dr. Michel Bestmann von der Arbeitsgruppe Strukturgeologie und Tektonik des GeoZentrums Nordbayern an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) untersucht mit Wissenschaftlern der Universitäten Genua und Padova, wie es zur Naturgewalt Erdbeben kommt. Dazu erforschen sie seltene fossile Strukturen eines Erdbebens, das vor 45 Millionen Jahren stattgefunden hat. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht. (doi: 10.1038/s41561-017-0010-7)
Informationen über aktuelle Erdbeben werden meist mit Hilfe seismographischer Daten gewonnen. Wissenschaftler ziehen daraus Rückschlüsse, in welcher Tiefe und wo genau etwa ein derartiges Naturereignis stattgefunden hat. Untersucht werden kann aber nicht, welche Prozesse sich in der entsprechenden Tiefe ereignet haben –zum Beben direkt gibt es keine Zugänge. Speziell dann, wenn sich das Beben entlang so genannter Subduktionszonen in einer Tiefe von 50 bis 300 Kilometern ereignete. Dort, wo die ozeanische Kruste unter die Kontinentalplatte abtaucht, ist die Erdbebengefahr besonders groß.
Dr. Michel Bestmann von der Arbeitsgruppe für Strukturgeologie und Tektonik des GeoZentrums Nordbayern an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) hat nun in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universitäten Genua und Padova ganz besondere fossile Erdbebenstrukturen untersucht. Aufgrund tektonischer Erosionsprozesse gelangten so genannte Pseudotachylite an die Erdoberfläche. Sie entstanden, als während eines Erdbebens vor 45 Millionen Jahren das Gestein aufgrund der hohen Reibungswärme aufgeschmolzen worden ist und als Glas erstarrte.
"Solche Zeugen fossiler Erdbeben sind äußerst selten", sagt Michel Bestmann. "Die Proben beinhalten das bislang einzige Beispiel weltweit von fossilen Erdbebenstrukturen, die in einer subduzierten ozeanischen Platte in solch einer Tiefe von 70 Kilometern gebildet worden sind. Aufgrund der außerordentlichen Trockenheit des Gesteins und deren Minerale konnten diese Strukturen den langen Weg bis an die Erdoberfläche unbeschadet überdauern ohne dabei überprägt worden zu sein.“ Gefunden wurden die Reibungsschmelzen in Moncuni, einem Ort westlich von Turin in Italien.
"Die fossilen Erdbebenstrukturen wurden zwar bereits vor rund zehn Jahren als solche erkannt, aber auf Erdbeben vor dem Subduktionsprozess bezogen", erläutert Bestmann. Nun wurde eine Neuinterpretation vorgenommen. "Denn die fossilen Erdbebenstrukturen repräsentieren Prozesse, die auch heute innerhalb der zirkumpazifischen Subduktionszonen ablaufen."
Bestmann steuerte die rasterelektronenmikroskopischen Analysen und Aufnahmen bei. Von den Gesteinsproben stellte er zunächst lichttransparente und circa 25-30 µm dicke Dünnschliffe her. Mit Hilfe eines konventionellen Lichtmikroskops und hochauflösender Rasterelektronenmikroskope und sowie in Kooperation mit den Erlanger Werkstoffwissenschaftlern (Arbeitsgruppe Prof. Dr. Matthias Göken) analysierte der Strukturgeologe unterschiedliche Parameter wie etwa den Anteil bestimmter Minerale und deren chemische Zusammensetzung und bestimmte die Drucktemperatur, unter der sich die Minerale gebildet haben. "Wir können zurückrechnen, in welcher Tiefe das Erdbeben stattgefunden hat und welche Deformationsprozesse zu dem fossilen Erdbeben führten."
Die Grundlagenforschung trägt dazu bei, Deformationsprozesse der Erdkruste zu verstehen sowie neue Erkenntnisse über das Verhalten der Gesteine bei Erdbeben hinsichtlich bestimmter plattentektonischer Begebenheiten zu gewinnen. Die Ergebnisse veröffentliche Ko-Autor Michel Bestmann gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universitäten Genua und Padova in Nature Geoscience unter dem Titel: "Fossil intermediate-depth earthquake in subducting slabs linked to differential stress release."
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geowissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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