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Wissenschaft
Als Eugen Lommel 1868 auf den damals einzigen Lehrstuhl der Physik in Erlangen berufen wurde, handelte das Ministerium damit gegen den Willen der Universität. Doch Lommel war, wie der Chronist Jaenicke später feststellte, ein Glücksgriff für die Friedrich-Alexander-Universität: sein wissenschaftliches Werk ist durch Beiträge zur Optik geprägt, und so datiert die Geschichte der "Wissenschaft vom Licht" in Erlangen zurück auf den Zeitpunkt seiner Berufung vor 130 Jahren. Am 8. Oktober 1998 wurde dieses Jubiläum im Physikum der Universität Erlangen-Nürnberg mit einem Festkolloquium gefeiert
Einen eigenen Lehrstuhl gestand man der physikalischen Disziplin erst geraume Zeit nach Lommel zu. Die Renaissance der Optik in Erlangen begann vor 25 Jahren mit der Berufung von Adolf Lohmann, der den Lehrstuhl in den ersten 19 Jahren bis 1992 prägte und ihn weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt machte. Seit 1994 führt Gerd Leuchs den Lehrstuhl, tatkräftig unterstützt von Gerd Häusler, Johannes Schwider und Andreas Sizmann. Der heute 70 Personen starke Lehrstuhl für Optik operiert in der internationalen Forschungslandschaft mit Schwerpunkten in der Mikrooptik, der optischen Meßtechnik und der Quantenoptik, wobei etwa 70 Prozent der gesamten Betriebskosten über Drittmittel eingeworben werden.
Jürgen Mlynek, Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, lobte in seiner Festrede die Breite des bearbeiteten Spektrums von Forschungsprojekten, die von den modernen Methoden der klassischen Optik bis zu Quantenmeßverfahren und von der Grundlagenforschung bis zu engen Industrie-Kooperationen reichen. Studenten aus den verschiedensten Ländern der Erde kommen oft speziell zu dem Zweck nach Erlangen, in der Optik zu promovieren.
Quanten für den Alltagsgebrauch
Der Lehrstuhl für Optik ist Partner in zahlreichen nationalen und europäischen Forschungsverbünden, Kooperationen und industriellen Verbundprojekten, gefördert durch DFG, Bayerische Forschungsstiftung, VDI, BMBF und EU. Am spektakulärsten ist sicher der DFG-Schwerpunkt "Quanteninformationsverarbeitung", der unter Erlanger Federführung im vergangenen Frühjahr beantragt wurde und ab 1999 gefördert wird. Dieses Forschungsgebiet lebt von der Vision, die so schwer begreifliche Quantenwelt dem Alltag dienstbar zu machen.
Über erste, noch wackelige Schritte in dieser Richtung berichtete in seinem Kolloquiumsbeitrag Herbert Walther, Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik und viele Jahre Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft. Die Schlagworte sind Quanten-Kryptografie, Quantenteleportation, Quantenrechenwerke und Quantenkommunikation. Eine schon greifbare Anwendung ist die absolut sichere Verteilung kryptografischer Schlüssel - ein heute mit klassischen Methoden unmögliches Unterfangen. Kryptografie (die "Lehre von den Geheimschriften") bezeichnet in der Informatik die Ver- und Entschlüsselung von Information.
Ausbildung als Investition in die Zukunft
Die Zukunft der Industrie hängt nach den Worten des Festredners Augustin Siegel, Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung bei der Firma Carl Zeiss, davon ab, ob viele der besten Schüler einen Beruf im Bereich Naturwissenschaft und Technik wählen. In der weltweiten Konkurrenzsituation könne Deutschland auf Dauer nur bestehen, wenn es gelinge, Massenmärkte zurückzugewinnen, was nur mit optimal ausgebildeten Arbeitskräften möglich sei. Er warnte eindringlich vor Abstrichen bei der Qualität der Ausbildung und vor der Politik, sich ganz auf Nischenmärkte zurückzuziehen.
Laut einer kürzlich erschienenen amerikanischen Studie ("Harnessing Light", s. unten) wird die Optik im kommenden Jahrhundert als Schlüsseltechnologie die zentrale Rolle spielen. Den amerikanischen Begriff "enabling technology" (d.h. möglich-machende Technologie) bezeichnete Gerd Litfin, Gesellschafter der LINOS- Holding in Göttingen, in seinem Festvortrag als viel treffender. Viele technologische Produkte und Systeme werden in zunehmendem Maße durch optische Komponenten überhaupt erst möglich, obwohl sie an der gesamten Wertschöpfung oft nur einen vergleichsweise kleinen Anteil haben. Das ist beispielsweise der Fall bei der weltumspannenden optischen Kommunikation, die das Rückgrat des Internet ausmacht. Um so wichtiger ist es daher, die Optik auch an den Universitäten mit geeigneten Maßnahmen zu unterstützen und dadurch dem Fach den gebührenden Stellenwert zu geben. Wegen der bereits vorhandenen Infrastruktur bietet sich Erlangen besonders als Standort für eine weitere Konzentration und Verstärkung der Optik an.
Reife Früchte zur Erntezeit
Recherchen aus Anlaß des Jubiläums hatten ein 300 Seiten starkes Buch Eugen Lommels über "Das Wesen des Lichts" aus dem Jahr 1874 zutage gefördert, das sich in manchen Textpassagen als erstaunlich aktuell und zukunftsweisend zeigte. So resümiert der Autor am Schluß des Buches: "An Ergebnissen, welche dem menschlichen Leben unmittelbar dienstbar gemacht werden können, schien dieser letzte Theil unsers Weges unfruchtbar bleiben zu sollen, bis wir ganz zuletzt zur Construction eines Apparates von hervorragend praktischer Bedeutung gelangten. Es ist die Aufgabe der Wissenschaft, ohne alle Nebenrücksichten nach der Erkenntnis der Wahrheit zu streben. Bleibt sie diesem idealen Streben getreu, so fallen ihr die praktischen Anwendungen als reife Früchte der Erkenntniss von selbst in den Schos."
* Kontakt:
Prof. Dr. Gerd Leuchs, Lehrstuhl für Experimentalphysik (Optik)
Staudtstraße 7 B2, 91058 Erlangen, Tel.: 09131/85 -28371, Fax: 09131/15249
E-Mail: leuchs@physik.uni-erlangen.de
FAU-Pressestelle, Redaktion Forschung, Gertraud Pickel M.A., Tel.: 09131/85 -24036, -26167
Informationen im Internet zur Studie "Harnessing Light": http://www.nap.edu
http://www.physik.uni-erlangen.de/conferences.html
http://www.nap.edu/
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Mathematik, Physik / Astronomie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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