idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
30.12.2003 09:12

"Gelbluten" verhindern

Jutta Reising Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster

    Für viele Frauen ist ein Silikonimplantat eine große Hilfe nach einer Brustoperation. Rund 250.000 Implantate sind in Deutschland eingesetzt worden, nur zum geringen Teil aus kosmetischen Gründen, die meisten nach einer Krebserkrankung. Verschiedene Materialien stehen zur Auswahl, als am natürlichsten wird Silikon empfunden. Doch es ist nicht ohne Risiken: In den USA ist das Material derzeit noch verboten. Privatdeozentin Dr. Bettina Pfleiderer vom Institut für Klinische Radiologie der Universität Münster versucht, die Eigenschaften des Materials und die Alterungsprozesse besser zu verstehen, um die Implantate sicherer zu machen und Frauen eine höhere Lebensqualität zu gewährleisten.

    Pfleiderer ist es gelungen, eine Methode zu entwickeln, mit deren Hilfe Silikon in der Leber nachgewiesen werden kann, ohne dass dazu Gewebe- oder Blutproben benötigt werden. Dazu nutzt sie die Magnetresonanz-Spektroskopie und die Kernspintomographie. "Silikon hat einen spezifischen chemischen Fingerabdruck, der sonst so im Körper nicht vorkommt. Den können wir dank der Magnetresonanz-Spektroskopie nicht-invasiv nachweisen", erklärt Pfleiderer, die bereits mit zahlreichen Preisen, darunter dem Deutschen Röntgenpreis und kürzlich dem Maria-Sybilla-Merian-Preis, ausgezeichnet wurde.

    Die Privatdozentin ist promovierte Chemikerin, habilitierte sich an der hiesigen medizinischen Fakultät und absolviert derzeit ihr Praktisches Jahr als Medizinerin. Zugleich untersucht sie am Institut für Klinische Radiologie, woher das so genannte "Gelbluten" von Silikonprothesen rührt. "Man kann nicht pauschal sagen, dass Silikon im Körper krank macht. Wir haben aber Hinweise darauf gefunden, dass es möglicherweise bereits vorhandene rheumatische Erkrankungen verschlimmert", so Pfleiderer. Es gebe außerdem Hinweise, dass durch ausgetretenes Silikon Verhärtungen der Bindegewebskapsel um die Prothesen, die so genannte Kapselfibrose, verstärkt würde. Die Kapselfibroserate kann durch Bestrahlung oder Chemotherapie, wie sie bei einer Krebserkrankung zwangsläufig sind, erhöht werden.

    Pfleiderer interessiert sich vor allem für die Eigenschaften des Materials und für dessen Alterungsprozesse. Das Austreten des Silikongels lässt sich vor allem bei älteren Implantaten beobachten, die eine glatte Oberfläche haben. "Eine Ursache dafür ist, dass sich körpereigene Fette, die Lipide, auf der Hülle anlagern. Diese
    wiederum ist lipophil, so dass sich durch Einwandern von Lipiden in die Hülle die Poren der Hülle vergrößern und Silikon austreten kann", erklärt Pfleiderer. "Silikon ist eigentlich ein stabiles Material, aber man hat einfach den Körper unterschätzt, als man es in den 60er Jahren entwickelte." Durch eine texturierte Oberfläche und eine andere Materialzusammensetzung lasse sich das "Gelbluten" aber inzwischen weit gehend reduzieren.

    Mit ihrer Suche nach solchen Mechanismen ist Pfleiderer die erste, die nicht nur die Krankheitsauswirkungen allein untersucht, sondern auch verstehen möchte, woher sie kommen. Dazu hat sie rund 600 Frauen untersucht und auch explantierte Silikonkissen unter die Lupe genommen. Dadurch war es möglich, nicht nur eine Momentaufnahme zu machen, sondern auch den Verlauf nachzuzeichnen. "Jede Frau reagiert anders und die verwendeten Materialien sind auch sehr unterschiedlich in Dicke und Oberfläche, daher können wir keine hundertprozentigen Aussagen machen", so Pfleiderer. Sicher aber sei, dass das Silikon keinen Krebs auslöse, wie früher befürchtet, und vom Körper im Laufe der Zeit wieder ausgeschieden werde. Nach Explantationen konnte nach drei bis fünf Jahren kein Silikon mehr in der Leber oder im Blut nachgewiesen werden.

    Die Alternative Kochsalz, wie sie vor allem in den USA verwendet wird, ist für Pfleiderer zumindest keine ideale: "Kochsalz vermittelt nicht dasselbe Formgefühl wie es Silikon vermag, außerdem kann es verdunsten und die Prothesen schrumpfen." Deshalb arbeitet sie daran, das eigentlich beste Material noch sicherer zu machen. Dass es inzwischen auch in den USA Bestrebungen gibt, Silikon wieder für Brustimplantate zuzulassen, macht ihre Forschung umso aktueller.


    Weitere Informationen:

    http://www.klinikum.uni-muenster.de/institute/ikr/


    Bilder

    PD Dr. Bettina Pfleiderer untersucht die Materialeigenschaften von Silikon-Implantaten
    PD Dr. Bettina Pfleiderer untersucht die Materialeigenschaften von Silikon-Implantaten

    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).