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Bioinformatik: Veröffentlichung in Nature Communications
Die winzigen „Maschinen“, die die Prozesse in Bakterienzellen am Laufen halten, bestehen aus einer Vielzahl verschiedener Proteine und RNA-Molekülen. Bakterien müssen diese, je nach Wachstumsrate, in unterschiedlichen Konzentrationen herstellen. Bioinformatiker der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) haben ein Modell entwickelt, mit dem zum ersten Mal die genaue Zusammensetzung dieses „Cocktails“ für ein zentrales zelluläres System verstanden werden kann. Ihre auch für die Biotechnologie relevanten Ergebnisse stellen sie im Wissenschaftsjournal Nature Communications vor.
Die wichtigsten Bausteine für die Funktion einer biologischen Zelle sind ihre Proteine; deshalb ist die Proteinherstellung der wohl wichtigste Prozess beim Zellwachstum. Je schneller ein Bakterium wächst, umso schneller muss die Proteinproduktion ablaufen. Weil diese Produktion der – in Bezug auf die eingesetzten zellulären Ressourcen – „teuerste“ Prozess in der Zelle ist, könnte man intuitiv annehmen, dass die Produktion nur dadurch gesteigert werden kann, dass die Zelle proportional zur Wachstumsrate mehr Kopien der dafür notwendigen komplizierten Maschinerie produziert: Eine Verdoppelung des Wachstums würde dann auch zweimal so viele Kopien aller Bestandteile der Produktionsmaschinerie benötigen.
Seit den 1960er Jahren ist aber klar, dass es so einfach nicht ist: Tatsächlich unterscheidet sich, je nach Wachstumsrate, die Zusammensetzung des Cocktails aus den verschiedenen Bausteinen der Maschinerie, die selbst aus Proteinen sowie aus RNA besteht. Warum dies so ist und wie hoch die Konzentration der unterschiedlichen Bausteine für welche Produktionsrate sein muss, kann nun erstmals mit einem komplexen Computermodell aus Düsseldorf erklärt werden.
Entwickelt hat es Xiao-Pan Hu, Doktorand in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Martin Lercher am HHU-Institut für Computational Cell Biology. Hu hat dazu bekannte biochemische Gesetzmäßigkeiten innerhalb der Zelle für den Computer kodiert und kann damit errechnen, wie schnell eine Zelle bei einer vorgegebenen Zusammensetzung ihrer Maschinerie ihre Bausteine herstellen und damit wachsen kann.
Doch jede Produktionsrate ist theoretisch mit einer Vielzahl verschiedener Molekülkonzentrationen realisierbar. Die Frage ist: Was macht die Natur, welche Zusammensetzung – von den vielen möglichen – verwenden reale Escherichia coli-Bakterien (kurz E. coli), und warum? Hu und seine Kollegen haben sich dazu einer einfachen Annahme bedient, die sich überall in der Natur widerspiegelt: Ein Lebewesen hat in der Regel dann einen evolutionären Vorteil, wenn es für seine Entwicklung möglichst wenige Ressourcen benötigt. Daher wurde – unter den vielen möglichen – diejenige Zusammensetzung der Maschinerie gesucht, die am „billigsten“ für die Zelle ist, d.h. die die kleinstmöglichste Gesamtmasse der benötigten Moleküle hat.
Vergleiche mit experimentellen Daten zeigen, dass diese Annahme genau richtig ist und jeweils die an echten E. coli-Bakterienkolonien gemessenen Konzentrationen am besten wiedergibt. Damit konnte das Düsseldorfer Forschungsteam die Daten aber nicht nur quantitativ beschreiben, sondern auch tatsächlich die Hintergründe verstehen: Nämlich, dass auch hier ein an vielen Stellen zu findendes Prinzip des Lebens dahinterliegt.
In weiteren Analysen bewährte sich das Modell auch für Situationen, bei denen die Bakterien Antibiotika ausgesetzt sind; in solchen Ausnahmesituationen stehen die Bakterien unter besonderem Stress und benötigen einen anders sortierten Baukasten zum Wachsen.
Aktuell untersucht die Forschungsgruppe, ob sich die Ergebnisse für die Proteinproduktion auch auf die übrigen Prozesse in der Zelle sowie auf andere Organismen übertragen lassen. Die dabei entwickelten Modelle sollen auch dabei helfen, biotechnologische Verfahren effizienter zu gestalten: Sie erlauben, für eine gewünschte biologische Produktion die optimalen Konzentrationen der verschiedenen Bausteine in der Zelle zu berechnen.
Xiao-Pan Hu, Hugo Dourado, Peter Schubert, Martin J. Lercher, The protein translation machinery is expressed for maximal efficiency in Escherichia coli, Nat. Comm.
DOI: 10.1038/s41467-020-18948-x
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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