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Wissenschaft
Wissenschaftsfreiheit ist ein universelles Recht und grundlegend für qualitativ hochwertige Hochschulbildung, Innovation und gesellschaftlichen Fortschritt. Dennoch: Fast 80 Prozent der Weltbevölkerung lebt in Ländern, die die Wissenschaftsfreiheit einschränken. Zu diesem Ergebnis kommt der Academic Freedom Index (AFi) für das Jahr 2020. Der Index wurde von Forschenden der FAU, des V-Dem-Instituts der Universität Göteborg und des Global Public Policy Institute (GPPi) gemeinsam mit dem Scholars at Risk Network entwickelt und ist jetzt zum zweiten Mal veröffentlicht worden.
Medienvertreterinnen sind am Donnerstag, 11. März, zu einer Präsentation mit anschließender Diskussion eingeladen.
Universitäten weltweit unter Beschuss
„Es gibt zahlreiche Selbstverpflichtungen von Staaten und Institutionen, die Wissenschaftsfreiheit zu achten und zu schützen, dennoch zeigt der Academic Freedom Index, dass die Universitäten in vielen Ländern der Welt unter Druck stehen“, sagt Prof. Dr. Katrin Kinzelbach vom Institut für Politische Wissenschaft der FAU. „Natürlich gibt es große Unterschiede zwischen einzelnen Ländern, aber insgesamt haben wir festgestellt, dass nur etwa ein Fünftel der Weltbevölkerung in Ländern lebt, in denen die Wissenschaftsfreiheit umfassend geschützt ist. Deutschland gehört zur Spitzenklasse.“
„Im Jahr 2020 deckte der Wissenschaftsfreiheitsindex 175 Länder und Territorien weltweit ab, ein Jahr zuvor waren es noch 144 gewesen. In einer gemeinsamen Anstrengung haben Forschende aus aller Welt eine wichtige Voraussetzung für ihre eigene Arbeit bewertet: die zu wissenschaftlicher Forschung unerlässliche Freiheit“, erklärt Prof. Dr. Staffan I. Lindberg, Direktor des V-Dem-Instituts an der Universität Göteborg.
In Belarus, Hongkong, Sambia und Sri Lanka wurden die stärksten Verschlechterungen zwischen 2019 und 2020 beobachtet. „In den meisten Fällen, in denen die Wissenschaftsfreiheit im Vergleich zu 2019 signifikant gesunken ist, kann dies entweder auf neue Vorschriften zurückgeführt werden, die die Freiheit zu forschen, zu lehren und zu veröffentlichen einschränken, oder auf repressive politische Maßnahmen gegen prodemokratische Bewegungen mit einer starken Basis unter Studierenden sowie Dozentinnen und Dozenten“, erklärt Ilyas Saliba vom GPPi in Berlin die Entwicklung. „Hinzu kommt, dass digitale Unterrichtsformen die Überwachung erleichtern und sehr wahrscheinlich einen Anreiz zur Selbstzensur in repressiven Umgebungen bieten.“
So ist die Freiheit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich zu politischen Fragen zu äußern, am stärksten rückläufig. Der globale Durchschnittswert für diesen Indikator sinkt seit 2013 kontinuierlich. „Wir glauben, dass dies zum Teil auch auf die zunehmende politische Polarisierung zurückgeführt werden kann, die in vielen Ländern zu beobachten ist“, sagt Janika Spannagel vom GPPi. Darüber hinaus zeigen die neuen Daten auch deutliche Verschlechterungen bei der Campus-Integrität in einzelnen Ländern. Dieser Indikator bewertet das Ausmaß, in dem Hochschulen frei von Überwachung oder Sicherheitsverletzungen sind. Zwischen 2019 und 2020 ist die Campus-Integrität zum Beispiel in Belarus und in Polen gesunken. Allerdings gibt es auch positive Entwicklungen, wie in Gambia zum Beispiel. „Der AFi-Indikator mit der höchsten Punktzahl für Gambia ist die Freiheit des wissenschaftlichen Austauschs. Das ist eine sehr ermutigende Entwicklung“, sagt Janika Spannagel.
Internationale Anstrengung
Der AFi liefert Daten für den Zeitraum 1900 bis 2020 zur Wissenschaftsfreiheit weltweit. Die systematische Erhebung stützt sich auf Einschätzungen von mehr als 2000 Länderexpertinnen und -experten aus der ganzen Welt sowie auf ein statistisches Modell, das vom V-Dem Institut in Göteborg für einen größeren Demokratiedatensatz entwickelt wurde.
Der AFi selbst setzt sich aus fünf Indikatoren zusammen, die jeweils eine andere Dimension der Wissenschaftsfreiheit messen: (1) Freiheit der Forschung und Lehre, (2) Freiheit des akademischen Austauschs und der Wissenschaftskommunikation, (3) Institutionelle Autonomie, (4) Campus-Integrität und (5) Akademische und kulturelle Ausdrucksfreiheit.
Die detaillierten Daten, aus denen sich der AFi 2020 zusammensetzt, sind ab dem 10. März 2021 online verfügbar und können auch mit Hilfe von Online-Visualisierungstools abgerufen werden. Der Index kann von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für weitere Studien genutzt werden, aber auch von Universitätsleiterinnen, Forschungsförderern und politischen Entscheidungsträgerinnen, um die Wissenschafts- und Hochschulpolitik zu informieren. Darüber hinaus kann er für Risikomanagementstrategien und tägliche operative Entscheidungen darüber, wo zusätzliche Schutzmaßnahmen gegen Verstöße ergriffen werden sollen, genutzt werden.
Pressegespräch und Diskussion
Vertreterinnen und Vertreter der Presse sind herzlich eingeladen am Donnerstag, 11. März, von 14.00 Uhr bis 15.00 Uhr an einem Online-Pressegespräch mit einer kurzen Präsentation der wichtigsten Ergebnisse in englischer Sprache teilzunehmen. Fragen werden im Anschluss von Forschenden der drei beteiligten Institutionen beantwortet. Eine Präsentation und Diskussion in deutscher Sprache findet von 15.30 Uhr bis 16.30 Uhr statt, zu der wir ebenfalls herzlich einladen. Wir bitten um vorherige Registrierung unter folgenden Links:
Deutsch: https://fau.zoom.us/meeting/register/tJ0qceGurDkpG9GG6fpuJtgzAx4Fratl-rtb
Englisch: https://fau.zoom.us/meeting/register/tJIkcO2tpzgtEtZEAsJOOWPQ88BWtk6f0ALG
Prof. Dr. Katrin Kinzelbach
Professur für Internationale Politik der Menschenrechte
Tel.: 09131/85-23481 und -23274
katrin.kinzelbach@fau.de
http://www.v-dem.net/en/data/data/v-dem-dataset-v11/ Dem AFI zugrunde liegender Datensatz
https://www.v-dem.net/en/online-graphing/ Visualisierungstool
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
fachunabhängig
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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