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02.11.2021 07:07

Planetologen erforschen schweres Bombardement des Mondes vor 3,9 Milliarden Jahren

Dr. Kathrin Kottke Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfälische Wilhelms-Universität Münster

    Der Mond war vor 3,9 Milliarden Jahren einem schweren Bombardement mit Asteroiden ausgesetzt. Der Ursprung dieses Bombardements war aber bisher ungeklärt. Durch Isotopenmessungen an Mondgesteinen konnten Planetologen der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster jetzt zeigen, dass das Bombardement des Monds auf kontinuierliche Einschläge von Asteroiden zurückgeht, die aus der Hauptphase der Erdentstehung übriggeblieben sind. Die Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Science Advances“ veröffentlicht.

    Einschläge von Asteroiden haben zahlreiche Krater auf der Mondoberfläche hinterlassen. Altersbestimmungen an Mondgesteinen deuten darauf hin, dass die meisten dieser Einschläge vor etwa 3,9 Milliarden Jahren beziehungsweise etwa 500 Millionen Jahren nach Entstehung des Erdtrabanten stattgefunden haben. Diese Beobachtungen haben zu der sogenannten Theorie des „späten schweren Bombardements“ des Mondes (oder LHB für „Late Heavy Bombardment“) geführt; der Begriff spät bezeichnet hier eine längere Zeitspanne nach Bildung des Mondes.

    Aber was war der Ursprung dieses späten Bombardements und woher kamen die Asteroiden, die auf dem Mond eingeschlagen sind? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diskutieren zwei Möglichkeiten. So könnten diese Körper das übriggebliebene Material aus der Hauptphase der Erdentstehung darstellen, die mit kontinuierlich abnehmender Häufigkeit auf dem Mond eingeschlagen sind. Eine andere Hypothese besagt, dass es vor etwa 3,9 Milliarden Jahren durch Instabilitäten in den Umlaufbahnen der Gas- und Eisriesen zu einem plötzlichen starken Anstieg von Einschlägen von Asteroiden und Kometen aus dem äußeren Sonnensystem gekommen ist.

    Planetologen der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster prüften diese Hypothesen nun mit sehr genauen Isotopenmessungen an Mondgesteinen. Ihr Fazit: Es gab keine plötzliche Erhöhung der Einschlagsrate. Das Bombardement des Mondes geht demnach auf kontinuierliche Einschläge von Asteroiden zurück, die aus der Hauptphase der Erdentstehung übriggeblieben sind. Die Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Science Advances“ veröffentlicht.

    Zum Studienhintergrund

    Die münsterschen Wissenschaftler vom Institut für Planetologie untersuchten Mondgesteine, die während des Bombardements vor 3,9 Milliarden Jahren entstanden sind. Diese Gesteine enthalten winzige Metallkügelchen, die von den eingeschlagenen Asteroiden stammen. Durch die Untersuchung der Isotopen-Zusammensetzung dieser Metallkügelchen können die Forscher daher bestimmen, woher aus dem Sonnensystem diese Asteroiden stammen. Dabei zeigen vor allem die Elemente Ruthenium und Molybdän systematische Veränderungen in ihrer Isotopenzusammensetzung, abhängig vom Bildungsort im Sonnensystem. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass das Bombardement des Mondes durch die gleichen Körper erfolgte, aus denen auch schon die Erde und der Mond entstanden sind“, erklärt Planetologin und Erstautorin der Studie Dr. Emily Worsham.

    Die Einschlagskrater auf dem Mond gehen daher auf ein kontinuierliches Bombardement mit übriggebliebenen Asteroiden aus der Hauptphase der Erdentstehung zurück. Damit können die Wissenschaftler auch einen plötzlichen Anstieg der Einschlagsrate durch das Bombardement mit Körpern aus dem äußeren Sonnensystem ausschließen. Aber woher kommt dann die Häufung der Alter von 3,9 Milliarden Jahren? „Es wurde schon früher vermutet, dass die bisher untersuchten Mondgesteine überwiegend aus Material von einem einzigen Einschlagsbecken bestehen – dem Mare Imbrium in der nördlichen Mitte der erdzugewandten Seite des Mondes“, erklärt Emily Worsham.

    Aus theoretischen Berechnungen ist bekannt, dass sich die Umlaufbahnen der Gas- und Eisriesen irgendwann in der Frühgeschichte des Sonnensystems verändert haben und dabei eine Vielzahl an Körpern aus dem äußeren Sonnensystem nach innen gestreut wurden, die unter anderem mit der Erde und dem Mond kollidierten. „Dieses Ereignis muss früher als bisher angenommen stattgefunden haben, da wir in den Mondgesteinen keine Hinweise auf Einschläge von Asteroiden oder Kometen aus den äußeren Bereichen des Sonnensystems finden“, erläutert Prof. Dr. Thorsten Kleine. Die Umlaufbahnen der Gas- und Eisriesen haben sich daher vermutlich während der Hauptbildungsphase der erdähnlichen Planeten verändert – das heißt in den ersten etwa 100 Millionen Jahren des Sonnensystems. Das stimmt wiederum gut mit neueren dynamischen Modellen überein. „Unsere Studie zeigt somit auch, dass die erdähnlichen Planeten schon relativ früh, während ihrer Entstehung, wasserreiche Körper aus dem äußeren Sonnensystem eingebaut haben und so die Bedingungen für die Entstehung von Leben geschaffen wurden“, ergänzt Thorsten Kleine.

    Förderung

    Die Arbeit entstand im Rahmen des Sonderforschungsbereichs SFB/Transregio 170 „Late accretion onto terrestrial planets“ („Spätes Wachstum erdähnlicher Planeten“) und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Thorsten Kleine
    Institut für Planetologie, WWU Münster
    E-Mail: thorsten.kleine@uni-muenster.de
    Telefon: +49 251 83-33406


    Originalpublikation:

    Emily Worsham und Thorsten Kleine (2021): Late accretionary history of Earth and Moon preserved in lunar impactites. Science Advances Vol. 7; doi: 10.1126/sciadv.abh2837


    Weitere Informationen:

    https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abh2837 Originalpublikation in "Science Advances"
    https://www.trr170-lateaccretion.de/ SFB/Transregio 170 „Spätes Wachstum erdähnlicher Planeten“
    https://www.uni-muenster.de/Planetology/ifp/personen/kleine_thorsten/profil.shtm... Forschergruppe Prof. Dr. Thorsten Kleine an der WWU Münster


    Bilder

    Apollo-Probe 60335 mit sichtbaren Metalleinschlüssen: Diese Metallkörner stammen von Asteroiden, die auf dem Mond eingeschlagen sind.
    Apollo-Probe 60335 mit sichtbaren Metalleinschlüssen: Diese Metallkörner stammen von Asteroiden, die ...

    AG Kleine


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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