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07.04.2004 10:41

Wie der Hase zu seinem Oster-Job kam

Dr. Bärbel Adams Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    ... und was man eigentlich noch alles über das gefährdete Tier wissen sollte

    Jeder kennt ihn, doch nicht alle kennen ihn wirklich: den (Oster-)Hasen. Er macht sich rar auf Feld und Flur und begegnet dem heutigen Menschen vor allem als reproduziertes Dürer-Bild oder geflügeltes Wort, als grinsende Schokoladenfigur oder bestenfalls tiefgekühlte Importware. Dass Meister Lampe mehr Aufmerksamkeit verdient hat, meint auch Prof. Dr. Klaus Schildberger vom Institut für Zoologie an der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie der Universität Leipzig.

    Die erste Falle, in die vermutlich viele tappen, wenn sie Mümmelmanns Maul betrachten - sie halten ihn für ein Nagetier. Falsch! "Anders als Meerschweinchen, Hamster oder Biber hat der Hase neben den großen Schneidezähnen auch noch Stiftzähne", klärt Prof. Schildberger den verbreiteten Irrtum auf. "Man ordnet all die Hasenarten ebenso wie das Kaninchen den Hasenartigen zu."

    Stichwort Kaninchen. Auch hier lauert ein Irrtum: Das meiste, was über den Acker hoppelt, ist nämlich keine Hase, sondern ein Wildkaninchen. "Den Unterschied zwischen den beiden kann allerdings auch der Laie erkennen", fordert der Zoologe zum genauen Hinsehen auf. "Der Hase ist eher rotbraun, während das Fell des Kaninchens grau bis braun aussieht. Auch ist er stattlicher, hat kräftigere Hinterbeine und vor allem längere, mit einer schwarzen Spitze verzierte Ohren. Das Kaninchen mutet da wesentlich kurzbeiniger, kurzohriger und irgendwie unsportlicher an."

    Trotz aller Unterscheide sind die beiden nahe Verwandte. Kaninchen und Hasen bilden die Familie Leporidae in der Ordnung der Hasen und Hasentiere Lagomorpha. Sie besteht aus zwei Familien, zwölf Gattungen und 59 Arten. Der Feldhase heißt wissenschaftlich Lepus europaeus.

    Der scheue Feldhase steht - im Gegensatz zum anpassungsfähigen Wildkaninchen - auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten. Deshalb wählte die Schutzgemeinschaft Deutsches Wild ihn zum "Tier des Jahres 2001", womit er der von Vorgänger Rotwild (2002), Wolf (2003) und Siebenschläfer (2004) war. Dass sein Bestand in vielen Regionen rückgängig ist, hängt vor allem mit seiner Lebensweise zusammen. "Der Feldhase ist ein Einzelgänger, der mit der Zersiedelung unserer Landschaft nicht so gut zurecht kommt wie das Kaninchen, dass sich auch in Gärten und Parks einrichtet", beschreibt Schildberger. "Während sich die Kaninchen Erdhöhlen bauen, leben die überwiegend nachtaktiven Hasen nur durch Farbe ihres Fells getarnt auf Äckern, freien Feldern oder in lichten Wäldern. Die großen Anbauflächen berauben sie mitunter auch der Büsche und Hecken und vor allem der flachen Mulden, in denen sie sich verstecken könnten. Landwirtschaftliche Maschinen, Straßenverkehr und Pestizide tun das Ihre, um dem Hasen das Leben schwer zu machen."

    In die Nähe des Menschen wagt sich der Feldhase nur, falls sein Hunger ihm keine andere Wahl lässt. Das ist im Frühling, wenn die erste Saat sprießt - also wenn Ostern vor der Tür steht. Mensch und Hase begegnen sich nur selten und dann zumeist noch in der Dunkelheit. Das lässt die Legenden gedeihen.

    Seit Jahrtausenden dichtete man dem Tier verschiedenste Charaktereigenschaften an und machte ihn zum Symbolträger unterschiedlichster, oft sogar widersprüchlicher Bedeutungen. Wegen seiner heftigen Vermehrung - immerhin wirft eine Häsin zwei bis viermal pro Jahr jeweils bis zu fünf Junge - und seinem kaum durchschaubaren nächtlichen Paarungsverhalten wird er schon immer als Symbol für das Leben, für Erotik, Fruchtbarkeit oder auch sexuelle Ausschweifungen genutzt. Man unterstellt ihm hier Dummheit und da Schlauheit, hier bringt er Glück, da bringt er Unglück - jedenfalls bewegt er die Menschen schon seit der Antike.

    In Form geflügelter Worte kamen all die Legenden auch in der Neuzeit an: ''Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts'', redet sich der Ahnungslose heraus. Man will ''wissen, wie der Hase läuft''; kennt Gegenden, ''wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen''; sieht ''den Hase im Pfeffer'' liegen oder lobt den Erfahrenen als ''alten Hase''. Natürlich kennt auch der Zoologe all die Legenden, wie Meister Lampe zu seinem Oster-Job kam: "Ab etwa dem Jahr 900 ist überliefert", so Schildberger, "dass jährlich Gründonnerstag die Pächter von Kirchenland ihre Pacht in Form von Naturalien zahlen mussten. Das waren oft Eier und Hasen.

    Beides wurde von der Kirche auch zur Armenspeisung verwendet - so durften sich die Bedürftigen während der Ostertage an Hasen und Eiern laben." Und noch eine Erklärung hat Schildberger parat: "Um 1632 werden erstmals als österliches Patengeschenk bemalte Eier erwähnt. Da aber die Kinder wussten, das die nicht vom Huhn stammen können, wurde der legendenumwobene Hase für die Vielfarbigkeit verantwortlich gemacht."

    Die Leipziger Zoologen bewegt der Feldhase - selbst wenn er sich noch einige Geheimnisse bewahrt hat - derzeit eher weniger. Wenn die Studenten des Instituts ihn genauer kennen lernen möchten, tritt er ihnen als Modell oder Skelett entgegen. Lebendige "Angestellte" bei der Universität sind ausschließlich Kaninchen. Auch für sie wurde in den vergangene Jahren investiert. Sie bewohnen jetzt einen Hoppelstall, in dem sie auch mal größere Sprünge wagen können.

    Marlis Heinz


    weitere Informationen
    Prof. Dr. Klaus Schildberger
    Telefon: 0341/ 97 - 3 68 51
    E-Mail: Schild@rz.uni-leipzig.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik
    überregional
    Organisatorisches
    Deutsch


     

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