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Wissenschaft
Fluoreszierende Farbstoffe, wie man sie aus Diskotheken mit Schwarzlicht oder aus der forensischen Blutspurensuche an Tatorten kennt, spielen insbesondere in der pharmazeutischen Forschung eine wichtige Rolle. Durch sie lassen sich biologische Strukturen in Flüssigkeiten, Zellen oder Geweben sichtbar machen. Ein Team um die Theoretische Chemikerin Leticia González von der Universität Wien und die Neuropharmakologin Margot Ernst von der Medizinischen Universität Wien hat in einer Studie die Wirkungsweise eines fluoreszierenden Farbstoffes für die Neurowissenschaft untersucht. Die Studie ist jetzt in der renommierten Zeitschrift "Angewandte Chemie" erschienen.
Seit langem versucht die Pharmazie, Menschen mit neuropsychiatrischen Problemen mit Medikamenten zu helfen. Bedingt durch die Komplexität des Gehirns bleiben aber immer noch viele Fragen offen. Bei Erkrankungen wie Angststörungen, Epilepsie, Schizophrenie und Autismus ist bekannt, dass sogenannte GABAA-Rezeptoren eine wichtige Rolle spielen. Diese Proteine finden sich in der Zellmembran von Nervenzellen im Gehirn und im Rückenmark. Von den vielen Subtypen dieser Rezeptoren tragen viele zur Hemmung des zentralen Nervensystems bei.
"Um gezielt eine angstlösende, muskelrelaxierende oder sedierende Wirkung zu erzielen, kann die Funktionsweise der GABAA-Rezeptoren durch Medikamente gesteigert werden", erklärt Nadja K. Singer, Erstautorin der Studie und Doktorandin des FWF-geförderten interdisziplinären Doktoratskollegs "Molecular Drug Targets" (MolTag): "Aus dem gleichen Grund werden wir übrigens auch durch Alkoholkonsum müde".
Medikamentenentwicklung mit Hilfe fluoreszierender Farbstoffe
Um diese Art von Medikamenten zu verbessern und um neue zu entwickeln, bedienen sich Wissenschafter*innen der Hilfe sogenannter fluoreszierender Farbstoffe. Diese Moleküle kann man unter Lichteinfluss mit einem Schalter vergleichen. Die vorliegende Studie untersucht ein spezielles Molekül, welches in Lösung dunkel ist ("Licht aus"), gebunden an einen GABAA-Rezeptor jedoch grün fluoresziert ("Licht an").
Der untersuchte Farbstoff konkurriert bei der Bindung an den Rezeptor mit dem natürlichen Neurotransmitter. Medikamente mit einem positiven Einfluss auf GABAA-Rezeptoren steigern die Affinität des Neurotransmitters und verringern daher die Fluoreszenz. Durch ein Mikroskop lässt sich leicht beobachten, wie das Licht, das der Farbstoff ausstrahlt, ausgeschaltet wird. Deshalb eignet sich das Molekül sehr gut, um potentielle neue Medikamente auf ihre Wirkung auf GABAA-Rezeptoren zu untersuchen.
"Schalter-Mechanismus" eines Farbstoffs geklärt
Obwohl der Farbstoff schon vor einigen Jahren beschrieben wurde, war der genaue Mechanismus des Ein- bzw. Ausschaltens der Fluoreszenz bisher noch unklar. In der vorliegenden Studie haben die Wissenschafter*innen nun mit Hilfe von Computersimulationen herausgefunden, dass das Geheimnis in der räumlichen Anordnung des Farbstoffes liegt: In Lösung ist das Molekül zusammengefaltet wie ein Blatt Papier. Bei der Bindung an den Rezeptor faltet es sich auf, was schlussendlich die Fluoreszenz ermöglicht, welche in der zusammengefalteten Form unterdrückt ist.
Diese Ergebnisse der Forscher*innen bilden die Grundlage für die Entwicklung und Verbesserung weiterer Farbstoffe und leisten somit einen wichtigen Beitrag zur pharmazeutischen Forschung.
Univ.-Prof. Dr. Leticia Gonzalez
Institut für Theoretische Chemie
Universität Wien
1090 Wien, Währinger Straße 17
+43-1-4277-527 50
+43-664-602 77-527 50
leticia.gonzalez@univie.ac.at
Publikation in Angewandte Chemie:
Nadja K. Singer, Pedro A. Sánchez-Murcia, Margot Ernst, Leticia González: "Unravelling the Turn-on Fluorescence Mechanism of a Fluorescein-based Probe in GABAA-Receptors". In: Angew. Chem. Int. Ed. 2022, e202205198; Angew. Chem. 2022, e202205198.
DOI: 10.1002/anie.202205198
Schematische Lage der GABAA-Rezeptoren in den Synapsen des Menschen.
© Nadja K. Singer
© Nadja K. Singer
Molekularer Lichtschalter: In Wasser bleibt er dunkel, gebunden am GABAA-Rezeptor fluoresziert er gr ...
© Nadja K. Singer
© Nadja K. Singer
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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