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25.11.1997 00:00

Krebsforschung: Eine Chance, Gliomzellen Grenzen zu setzen

Dr.rer.pol. Dipl.-Kfm. Ragnwolf Knorr Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Krebsforschung DFG foerdert FAU-Projekt Eine Chance, Gliomzellen Grenzen zu setzen

    Der Eroberungsfeldzug ist tueckisch angelegt. Die Eindringlinge mischen sich so dicht unter die normale "Bevoelkerung", dass die beiden Gruppen kaum voneinander zu trennen sind. Was die Hoffnung auf Heilung von Gliomen durch operative Eingriffe meist zunichte werden laesst, ist andererseits ein wichtiges Merkmal fuer die Diagnose dieser Wucherungen des Stuetzgewebes von Gehirnnervenzellen: die Grenzen zwischen gesundem Gewebe und Tumorzellen sind nicht klar auszumachen. An diesem Charakteristikum setzt ein DFG-gefoerdertes Projekt der Abteilung fuer Neuropathologie des Pathologischen Instituts der Universitaet Erlangen-Nuernberg an. Unter der Leitung von Prof. Dr. Werner Paulus analysiert Dr. Volker Senner die molekularen Grundlagen fuer die Invasion solcher Tumorzellen im Gehirn. Aus neuen Kenntnissen ueber die Steuerung des Tumorwachstums hofft man Ansaetze zu gezielten Therapien ableiten zu koennen.

    Gliome als Tumoren der Gliazellen machen etwa die Haelfte aller Hirntumoren aus. Trotz betraechtlicher therapeutischer Fortschritte in der Neurochirurgie, der Strahlentherapie und der Chemotherapie hat sich die Prognose von Patienten mit einem malignen Gliom in den letzten Jahrzehnten nicht wesentlich verbessert. Ein wesentlicher Grund dafuer besteht darin, dass die meisten Gliome nicht komplett operativ entfernt werden koennen, weil sie diffus und ausgedehnt in das Hirngewebe infiltrieren. Die charakteristische Ausbreitung entlang bindegewebiger Strukturen der Gefaesse und der Hirnhaeute sowie entlang markhaltiger Nervenzellfortsaetze wurde schon vor mehr als 50 Jahren beschrieben, doch sind die molekularen Grundlagen, die fuer dieses prognostisch so bedeutsame Wachstumsmuster verantwortlich sind, weiterhin praktisch unbekannt.

    Zwischenspiel auf der Zellmembran

    Eine wesentliche Rolle spielen wahrscheinlich Interaktionen der Tumorzellen mit anderen Zellen und mit der Extrazellulaermatrix, einer Reihe von Substanzen, die eine Zelle umgeben. Diese Wechselwirkungen werden durch spezifische Rezeptoren (Adhaesionsmolekuele, an die sich Signalstoffe anlagern) auf der Tumorzelloberflaeche vermittelt. Ziel des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstuetzten Projektes ist es, die Expression einer Reihe von Genen - das Ausfuehren der "Bauanleitung" fuer Adhaesionsmolekuele in Gliomzellen, die das Gehirn diffus infiltrieren - spezifisch an- und abzuschalten, um deren Bedeutung fuer die Hirninvasion klaeren zu koennen. Die dabei gewonnenen Einsichten in die molekularen Grundlagen der Hirninvasion koennten zu neuen, biologisch begruendeten, anti-invasiven therapeutischen Strategien fuehren.

    Die Arbeitsgruppe von Professor Paulus befasst sich schon seit mehreren Jahren mit der Interaktion von Gliomzellen und der umgebenden Extrazellulaermatrix als der molekularen Grundlage der Gliominvasion. Das eingesetzte Transkriptions-Kontrollsystem (Tet-System), bei dem die Expression eines beliebigen Gens in Abhaengigkeit von der Tetrazyklin-Konzentration reguliert werden kann, wurde bereits verwendet zur gesteuerten Toxin- und Apoptose-Genexpression im Rahmen der praeklinischen Gentherapie von Gliomen. Ausserdem wurde dieses System von Professor Paulus in retrovirale Vektoren eingebracht, um dadurch die viral vermittelte Uebertragung und anschliessende Steuerung eines beliebigen Gens zu ermoeglichen; dieses retrovirale Tet-System wird mittlerweile kommerziell vertrieben.

    Rattengliome im Mausgehirn

    Der Ablauf der Experimente ist wie folgt: erstens werden Plasmide kloniert, die cDNAs der relevanten Gene unter Kontrolle eines Tetrazyklin-abhaengigen Promotors enthalten. Zweitens werden diese Plasmide in Ratten-C6-Gliomzellen uebertragen, die schon das Tetrazyklin-Transaktivatorgen und das lacZ-Markergen (das die Produktion eines blauen Farbstoffs bewirkt), nicht aber das zu regulierende Gen exprimieren. Drittens wird die tetrazyklinabhaengige Regulabilitaet zunaechst in der Zellkultur mit Hilfe eines koregulierten Indikatorgens (fuer den Gluehwuermchen-Leuchtstoff Luciferase) quantifiziert. Viertens werden die Zellen in das Gehirn von Nacktmaeusen transplantiert und den Tieren entweder tetrazyklinfreies oder tetrazyklinhaltiges Trinkwasser zugefuehrt. Und fuenftens wird durch histologische Aufarbeitung untersucht, ob die Expression des relevanten Gens das Invasionsverhalten oder andere biologische Prozesse des Gliomwachstums beeinflusst, wobei die infiltrierenden Tumorzellen durch ihre Blaufaerbung eindeutig im Gehirn lokalisiert werden koennen.

    Erste Daten haben gezeigt, dass die konstitutive, d.h. normale Expression von b1-Integrin, einer der groessten Gruppen von Adhaesionsmolekuelen und Matrixrezeptoren, die diffuse Hirninvasion von Gliomzellen beguenstigt, waehrend die tetrazyklinabhaengige Herunterregulierung die Invasion blockiert, d.h. zu einer relativ scharfen Grenze zwischen Hirn- und Tumorgewebe fuehrt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanziert fuer zunaechst 2 Jahre die Stelle fuer einen promovierten wissenschaftlichen Mitarbeiter, Verbrauchsmaterial in Hoehe von 60.000 DM und ein Geraet zur stereotaktischen Implantation von Tumorzellen in das Gehirn.

    Kontakt: Prof. Dr. Werner Paulus, Dr. Volker Senner, Abteilung fuer Neuropathologie, Pathologisches Institut, Krankenhausstr. 8-10, 91054 Erlangen, Tel.: 09131/85 -6031/2, -2859, Fax: 09131/85 -6033


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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