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08.11.2022 10:00

Astronomische Zyklen veränderten auch das Treibhausklima vor 200 Millionen Jahren

Theresa Bittermann Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Internationales Forschungsteam modellierte astronomisch angetriebene Klimaschwankungen in der Erdgeschichte - Befund stimmt mit geologischen Daten überein

    Die Himmelskörper unseres Sonnensystems beeinflussen auch die Klimazyklen unserer Erde. Der Frage, wie dieser astronomische "Herzschlag" das Erdklima in einer frühen Warmzeit änderte, ging ein Team aus Geo- und Klimawissenschafter*innen der Universität Wien gemeinsam mit internationalen Kolleg*innen nach. Anhand von Simulationen und Daten aus Bohrkernen konnte nachgewiesen werden, dass astronomische Zyklen – zusätzlich zu Verschiebungen von Kontinentalplatten und schwankendem CO2-Anteil in der Atmosphäre – Klimaveränderungen vor etwa 200 Millionen Jahren antrieben. Auch für verbesserte Prognosen können diese neuen Daten aus vergangenen warmen Klimaphasen mit höheren Treibhausgaskonzentrationen interessant sein. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal PNAS publiziert.

    Dass die Wechselwirkungen zwischen den Himmelskörpern im Sonnensystem das Klima der Erde periodisch verändern, ist für die vergangenen drei Millionen Jahre klar: „Wir wissen unter anderem, dass Eiszeitzyklen dadurch hervorgerufen wurden, dass sich die Umlaufbahn der Erde und ihre Eigenrotation durch die Anziehungskräfte der Planeten und des Erdmonds periodisch verändern – und das beeinflusst wiederum die Sonneneinstrahlung und damit das Klima“, erklärt der Paläoklimaforscher Jan Landwehrs von der Universität Wien. Diese Zyklen sind eine der wichtigsten natürlichen Antriebskräfte von globalen Klimaveränderungen der jüngeren Erdgeschichte und insbesondere für die vergangenen Eiszeiten verantwortlich.

    Wie dies aber auch wärmere Klimaphasen mit höheren Treibhausgaskonzentrationen in der früheren Erdgeschichte beeinflusste, war bisher noch unklar. Dieser Frage ging nun ein Team aus Geolog*innen und Klimaforscher*innen der Universität Wien, des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und der Universitäten Southampton (UK) sowie Columbia (USA) nach. Die Ergebnisse wurden aktuell im Fachjournal PNAS publiziert.

    Neues Klimamodell zeigt Einfluss astronomischer Kräfte
    Durch die neue Studie lässt sich der Einfluss anderer Himmelskörper auf das Erdklima auch für die späte Trias und frühe Jura (also vor etwa 230 bis 200 Millionen Jahren) nachweisen, eine Zeit der globalen Erwärmung und hohen CO2-Konzentration in der Atmosphäre, in der auch bereits Dinosaurier den Superkontinent Pangäa bevölkerten. Das Forschungsteam untersuchte dafür Sediment-Bohrkerne aus dem Newark-Hartford-Becken im Osten der USA, das vor 233 bis 199 Millionen Jahren in den Tropen von Pangäa lag und langsam nach Norden wanderte (von 5° auf 20°).

    "Aus diesem geologischen Archiv lässt sich ablesen, dass der Wasserspiegel großer Seen immer wieder innerhalb weniger tausend Jahre stieg und fiel. Durch Klimasimulationen konnten wir darauf aufbauend zeigen, dass die astronomischen Kräfte neben dem CO2-Gehalt in der Atmosphäre und den tektonischen Plattenbewegungen einen wichtigen Faktor des Klimawandels darstellen", erklärt Hauptautor Landwehrs, Doktoratsstudent an der Vienna International School of Earth and Space Sciences (VISESS) der Universität Wien, der auch am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung forscht.

    Um den außerirdischen Einfluss abzubilden, wurden Simulationen mit dem neu entwickelten Erdsystemmodell CLIMBER-X durchgeführt: "Dieses besonders schnelle Modell erlaubte es erstmals, solche klimatischen Zyklen für weit zurückliegende Zeiträume dynamisch zu simulieren", erklärt Georg Feulner vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

    Klimakrise und Massenaussterben

    Die Ergebnisse erklären die Vergangenheit, seien aber auch für die Zukunft interessant, "im Hinblick darauf, wie die derzeitige Klimakrise und ein zukünftiges Treibhausklima simuliert und damit vorhergesagt werden kann", betont Mitautor Michael Wagreich vom Institut für Geologie der Universität Wien. An der Trias-Jura-Grenze vor 200 Millionen Jahren änderte sich das Klima u.a. durch vulkanische CO2-Emissionen drastisch und es kam zum einem der größten Massenaussterben der Erdgeschichte.

    Auch wenn dabei viele Faktoren zusammenspielten und frühere Veränderungen sich oft über viel längere Zeiträume von Tausenden von Jahren erstreckten, zeigt sich jeweils der starke Einfluss von CO2 auf das Klima: "Wenn wir nicht rasch die Treibhausgase in der Atmosphäre begrenzen, wird unsere Zeit als die des sechsten großen Massenaussterbens in die Erdgeschichte eingehen", warnt Wagreich.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Jan Philip Landwehrs, B.Sc. M.Sc.
    Institut für Geologie der Universität Wien
    Doktoratsschule VISESS
    Josef-Holaubek-Platz 2 (UZA II)
    1090 Wien
    jan.landwehrs@univie.ac.at
    M +49 176 26561116

    Univ.-Prof. Dr. Michael Wagreich
    Institut für Geologie
    Josef-Holaubek-Platz 2 (UZA II)
    1090 Wien
    michael.wagreich@univie.ac.at
    T +43-1-4277-53465


    Originalpublikation:

    Originalpublikation
    Landwehrs, J., Feulner, G., Willeit, M., Petri, S., Sames, B., Wagreich, M., Whiteside, J. H. & Olsen, P. E. (2022), ‘Modes of Pangean lake-level cyclicity driven by astronomical climate pacing modulated by continental position and pCO2’, PNAS,
    DOI :10.1073/pnas.2203818119
    https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2203818119


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Geowissenschaften, Physik / Astronomie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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