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Wissenschaft
Mit einer gemeinsamen Aktion treten drei große Berliner Institutionen dem Artensterben entgegen: die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG), der Botanische Garten Berlin (BO) und die Stiftung Naturschutz Berlin (SNB) haben sich zusammengetan, um auf der Pfaueninsel bedrohte Wildpflanzen vor dem völligen Verschwinden in Berlin zu retten.
Zum Start der gemeinsamen Aktion haben die Gartenteams der SPSG, Wissenschaftler*innen des Botanischen Gartens Berlin und Mitarbeitende der Stiftung Naturschutz Berlin heute auf der Pfaueninsel rund 150 hochgradig bedrohte Pflanzen in die Erde gebracht. Fünfzig Zwergsträucher der Rote-Listen-Arten Deutscher Ginster (Genista germanica) und Behaarter Ginster (Genista pilosa) wachsen jetzt auf der Heidefläche hinter dem historischen Rosengarten. Hundert Duft-Skabiosen (Scabiosa canescens) zieren die Wiese an der UNESCO Welterbestätte Meierei auf der Pfaueninsel. Alle drei Pflanzenarten waren ursprünglich in Berlin und Brandenburg verbreitet, sie sind heute vom Aussterben bedroht.
„Die Pfaueninsel ist die ideale Fläche für diese Rote-Liste-Arten“, so Professor Dr. Michael Rohde, Gartendirektor der SPSG. „Sie bietet den geeigneten mageren Boden, ist Naturschutzgebiet und wird durch unsere Gartenteams hervorragend betreut. Auf der Pfaueninsel werden einmalige Berliner Gartendenkmale bewahrt, hier entstand auch die Idee diesen heimischen ‚Berliner Pflanzen‘ einen Schutzraum zu bieten.“
„Viele Berliner Pflanzen sind bedroht, da ihre Lebensräume nach und nach verschwinden: magere, sandige Böden, auf denen sie vorkommen, verändern sich durch Nährstoffeinträge aus der Luft, sodass Magerrasen von konkurrenzstarken Arten überwachsen und lichte Wälder immer dunkler werden“, erklärt Justus Meißner, Leiter der Koordinierungsstelle Florenschutz Berlin (SNB) „Die Stiftung Naturschutz Berlin koordiniert Projekte wie das heute auf der Pfaueninsel im Auftrag des Landes Berlin“.
Prof. Thomas Borsch, Direktor des Botanischen Gartens Berlin bekräftigt: „Wenn die Berlinerinnen und Berliner in ihrer Stadt die Biodiversität erhalten möchten, dann müssen wir als Stadtgesellschaft jetzt handeln. Solche Aktionen müssen jedoch wissenschaftlich begleitet werden, damit sie langfristig erfolgreich sind. Denn man kann nicht einfach irgendwelche Arten irgendwohin pflanzen.“
Täglich sterben auf der Welt 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Alleine in Berlin sind über 700 Wildpflanzenarten akut bedroht, so auch die Duft-Skabiose, Deutscher und Behaarter Ginster. Alle drei gehören zudem zu den 92 bedrohten Arten, für deren Erhaltung Deutschland eine besondere Verantwortung im Rahmen des „Bundesprogramms Biologische Vielfalt“ übernommen hat. Die Samen, aus denen die Pflanzen auf der Pfaueninsel herangezogen wurden, hatte das Team des Wildpflanzenschutz-Projekts „WIPs-De“ am Botanischen Garten Berlin in der Region gesammelt und anschließend vermehrt. Ziel von WIPs-De ist der Aufbau eines nationalen Schutzprogramms für die im „Bundesprogramm Biologische Vielfalt“ genannten Pflanzenarten. Die Pfaueninsel bietet ideale Voraussetzungen, verschollene Arten wieder anzusiedeln, seltene Arten gezielt zu fördern und weiteren gefährdeten Offenland- und Waldarten Berlins eine neue Heimat zu geben.
Pressefotos (zum Download) und zur rechtefreien Verwendung finden Sie hier:
https://www.bo.berlin/de/presse/pressefotos#ArtenschutzprojektPfaueninsel
Hintergrund
Duft-Skabiose
Die Duft-Skabiose bzw. Graue Skabiose kommt in Berlin nur noch an einem einzigen Dünengebiet im Norden der Stadt vor. Bei einer früheren Rettungsaktion konnte sie hier erfolgreich vermehrt werden. Deutschlandweit ist die Duft-Skabiose nur noch selten in Trockengebieten zu finden. Einzelne zerstreute Vorkommen gibt es in Brandenburg, entlang des Rheins und in Bayern. Etwas häufiger wächst sie im nördlichen und östlichen Harzvorland, im Saale-Unstrut-Gebiet und im Kyffhäusergebirge. Die Duft-Skabiose ist aufgrund ihrer starken Bestandsverluste aktuell im Fokus der botanischen Artenschutzprogramme. Der Botanische Garten Berlin hat dazu bundesweit die genetische Diversität der verbliebenen Populationen untersucht. Dieses Wissen ist die Basis für gezielte Populationsstützungen und Wiederansiedlungen.
Deutscher und Behaarter Ginster
Der Deutsche Ginster ist im Berliner Stadtgebiet nur noch in Köpenick zu finden. Deutschlandweit kommt er mäßig häufig vor, ist aber im norddeutschen Tiefland sehr selten und geht sehr stark zurück. Der Behaarte Ginster wächst ebenfalls an einigen Stellen in Treptow-Köpenick und am Flughafensee Tegel. Auch er ist deutschlandweit mäßig häufig und hauptsächlich im norddeutschen Tiefland und Westdeutschland zu finden.
Koordinierungsstelle Florenschutz Berlin
Die Koordinierungsstelle Florenschutz kümmert sich um mehr als 280 Pflanzenarten im gesamten Berliner Stadtgebiet. Sie überprüft Vorkommen und Bestandssituation von den sogenannten Florenschutz-Zielarten, das sind in der Regel nach der Berliner Roten Liste vom Aus-sterben bedrohte Pflanzen. Sie konzipiert geeignete Schutzmaßnahmen und informiert Flächeneigentümer und -nutzer, Naturschutzbehörden, Berliner Forsten und Bezirksämter über Standorte von gefährdeten Pflanzen. Gemeinsam mit Partnern wie dem Botanischem Garten Berlin werden Vermehrungskulturen angelegt, Arche-Flächen eingerichtet, nachgezogene Pflanzen wieder ausgesetzt und Pflanzenarten in die Dahlemer Saatgutbank aufgenommen und somit gesichert. So sorgt die Koordinierungsstelle seit 2009 dafür, dass die biologische Artenvielfalt in der Hauptstadt erhalten bleibt.
Dahlemer Saatgutbank - Botanischer Garten Berlin
Die Dahlemer Saatgutbank im Botanischen Garten Berlin besteht seit 1994 und ist Deutschlands älteste Wildpflanzen-Saatgutbank. Sie sammelt Saatgut gefährdeter und seltener Wildpflanzenarten für Artenschutzprojekte, Forschung und für den Tausch zwischen Botanischen Gärten. Im Rahmen spezieller Forschungsprojekte, wie dem vom Bundesumweltministerium geförderten Projekt "Wildpflanzenschutz Deutschland II", werden gezielt die 200 Verantwortungsarten (also gefährdete Arten, deren Hauptverbreitungsgebiet in Deutschland liegt und für die Deutschland daher eine besondere Verantwortung hat) erforscht, gesammelt und bewahrt. In Zusammenarbeit mit Behörden und ehrenamtlichen Naturschützern werden gezielt Samen und Pflanzen gefährdeter Arten vom Wildstandort vom Botanischen Garten Berlin vermehrt und ausgebracht, um die natürlichen Vorkommen vor Ort zu stärken und zu erhalten.
Mit nahezu 20.000 Pflanzenarten ist der Botanische Garten Berlin der größte in Deutschland und zählt zu den bedeutendsten weltweit. Auf 43 Hektar Freigelände und in fünfzehn Gewächshäusern erhalten Besucherinnen und Besucher faszinierende Einblicke in die Welt der Botanik. Als Knotenpunkt der internationalen Biodiversitätsforschung sowie als Ort der Wissensgenerierung und -vermittlung beschäftigt der Botanische Garten mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit dem Botanischen Museum verfügt er über Deutschlands einzigartige museale Einrichtung, die sich der Vielfalt der Pflanzenwelt, ihrer Bedeutung und der Darstellung ihrer Kultur- und Naturgeschichte widmet. Seit 1995 gehört die Einrichtung zur Freien Universität Berlin.
Der Botanische Garten Berlin ist BO Berlin – Internationales Wissenszentrum der Botanik. Ein einzigartiger Ort, der Botanik in allen Facetten erlebbar macht.
Pressekontakt:
Alexandra Jakob, Pressesprecherin
Botanischer Garten Berlin
Tel. 030 – 838 72375
a.jakob@bo.berlin
Ansiedlung bedrohter Arten: Das Team des Botanischen Gartens Berlin mit Setzlingen von Genista pilos ...
Foto: Nicole Romberg
© Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Gesellschaft, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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