idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Bildungsforschende der Freien Universität Berlin veröffentlichen neue Studie zu Nachhaltigkeit in Schule, Frühkindlicher Bildung, Beruflicher Bildung und Hochschule
Bis 2030 soll Bildung alle Menschen in die Lage versetzen, aktiv zur Gestaltung einer nachhaltigeren Zukunft beitragen zu können. Diesem Ziel der Vereinten Nationen (UN) haben sich die Bundesregierung und die Landesregierungen verschrieben. Doch eine aktuelle Studie aus der Bildungs- und Nachhaltigkeitsforschung der Freien Universität Berlin zeigt: Nachhaltigkeit ist in der formalen Struktur des deutschen Bildungssystems bisher nur ein „Add-On“. Untersucht wurden über 11.000 Dokumente aus den Bereichen Früher Bildung, Schule, beruflicher Bildung und Hochschule. Nachhaltigkeit werde in Gesetzen, Bildungsplänen, Modulbeschreibungen, Prüfungen und anderen Dokumenten zwar zunehmend aufgegriffen, sei jedoch meist eine von vielen weiteren Nebenaufgaben, so die Autor*innen der Studie, Jorrit Holst, Mandy Singer-Brodowski, Antje Brock und Prof. Gerhard de Haan (Link zur Studie: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/sd.2865).
Hochwertige Bildung soll Menschen dazu in die Lage versetzen, an der Bewältigung der zentralen Herausforderungen ihrer jeweiligen Zeit mitwirken zu können. „In Zeiten von Klima- und Biodiversitätskrise, sozialer Spannungen und zunehmender Ungleichheiten ist jungen Menschen, Lehrenden und Leitungen von Bildungseinrichtungen längst klar: Nachhaltigkeit müsste eigentlich Kernaufgabe guter Bildung sein“, betonten die Forschenden Jorrit Holst, Mandy Singer-Brodowski, Antje Brock und Gerhard de Haan mit Blick auf ihre Studie „Monitoring SDG 4.7: Assessing Education for Sustainable Development in policies, curricula, training of educators and student assessment (input-indicator)“.
Für die in der internationalen Fachzeitschrift „Sustainable Development“ erschienene Studie analysierte das Forschungsteam über 11.000 Dokumente des deutschen Bildungssystems und ließ die Ergebnisse zusätzlich von einer unabhängigen Gruppe an Wissenschaftler*innen bewerten. Die zentrale Erkenntnis: Nachhaltigkeit wird bislang meist als ein „Add-On“, also eine Zusatzaufgabe behandelt, die den eigentlichen Kern des Bildungssystems kaum betrifft. Zwar finden sich in den letzten Jahren zunehmende Bezüge zu Nachhaltigkeit und dem Konzept „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) in allen Bildungsbereichen, die Verankerung in den Strukturen ist jedoch noch weit von den von Bund, Ländern und Vereinten Nationen gesetzten Zielen entfernt. Die Studie ist im Rahmen des Nationalen BNE-Monitorings an der Freien Universität Berlin entstanden.
Untersucht wurden wesentliche Dokumente (unter anderem Curricula, Gesetze, Prüfungsordnungen, Prüfungsaufgaben) aus den Bereichen Frühkindlicher Bildung, Schule, Hochschule und Beruflicher Bildung. Bezüge zu Nachhaltigkeit finden sich dabei oft konzentriert auf einzelne Fächer/Disziplinen, einzelne Standorte und Bundesländer. Besonders deutliche Entwicklungen sind zuletzt unter anderem in den Ausbildungsordnungen der Beruflichen Bildung sowie in den Gesetzen und Zielvereinbarungen im Hochschulbereich erkennbar. Als größte Lücke identifiziert die Studie die Aus- und Weiterbildung von Lehrenden aller Bildungsbereiche zu BNE und Nachhaltigkeit.
Mit Blick auf das UN-Ziel, alle Menschen in die Lage zu versetzen zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen zu können, sehen die Autor*innen einen großen Handlungsbedarf, Nachhaltigkeit und BNE als Kernaufgabe hochwertiger Bildung im Bildungssystem stärker zu priorisieren. Dies schließe auch daran an, dass sich junge Menschen laut weiterer Studien eine stärkere Ausenandersetzung mit Nachhaltigkeit in Schule, Ausbildung und den Hochschulen wünschen. Damit der Alltag an Schulen, Kitas und Hochschulen den vereinbarten Zielen entsprechen könne, müsste Nachhaltigkeit substanziell in den Strukturen des Bildungswesens integriert werden. Dies bedeute, Fragen der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit als zentrales Ziel von Kompetenzentwicklung in allen Bildungsbereichen zu verstehen. Dafür bedürfe es unter anderem die Festschreibung von Nachhaltigkeit als Kernaufgabe hochwertiger Bildung in den relevanten Gesetzen, eine umfassende Verankerung von Nachhaltigkeit als Inhalt und Orientierung in Curricula aller Fächer und Disziplinen, sowie eine deutliche Stärkung der inhaltlich und methodischen Aus- und Weiterbildung zu BNE und Nachhaltigkeit, kommentieren die Autor*innen.
Hintergrund: Nationales Monitoring zu Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
Ziel des Nationalen BNE-Monitoring ist die Erfassung von Stand und Prozess der Verankerung und Umsetzung von Nachhaltigkeit und BNE im deutschen Bildungssystem. Neben Analysen von Dokumenten werden verschiedene qualitative und quantitative Studien durchgeführt. Die Freie Universität Berlin führt das BNE-Monitoring seit 2015 am Institut Futur unter Leitung des Bildungsforschers und wissenschaftlichen Beraters zum UNESCO-Programm „ESD for 2030“, Prof. Dr. Gerhard de Haan, durch. Auf Grundlage der Erkenntnisse werden Bildungspolitik und -praxis beraten. Regelmäßig erscheinen Studien etwa zu Nachhaltigkeit und BNE in den Bereichen frühkindlicher Bildung, Schule, Beruflicher Bildung, Hochschule, non-formaler Bildung und weiteren.
Jorrit Holst, Freie Universität Berlin, Institut Futur E-Mail: Holst@institutfutur.de
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/sd.2865
http://Mehr zum BNE-Monitoring: https://www.bne-portal.de/bne/de/bundesweit/monitoring/monitoring_node.html
http://Zum Insitut Futur: https://www.ewi-psy.fu-berlin.de/erziehungswissenschaft/arbeitsbereiche/institut...
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler
Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Psychologie, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).