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Biologie: Veröffentlichung in Science Advances
Organellen in Zellen waren ursprünglich oft eigenständige Zellen, die im Laufe der Evolution von den Wirtzellen inkorporiert wurden und ihre Eigenständigkeit verloren. Biologinnen und Biologen um Prof. Dr. Eva Nowack untersuchen an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), auf welchem Wege und wie schnell dieser Assimilationsprozess geschieht. In der Fachzeitschrift Science Advances beschreiben sie nun Erkenntnisse zu einem Zwischenstadium in diesem Prozess.
Eukaryotische Zellen – also Zellen mit einem Zellkern – tragen eine große Zahl von funktionellen Untereinheiten in sich, die sogenannten Organellen. Sie übernehmen wichtige Aufgaben innerhalb der Zelle. Manche Organellen waren früher einmal eigenständige einzellige Lebewesen, die zunächst in eine Zelle aufgenommen wurden und die sich im Lauf der Evolution zusammen mit der Wirtszelle weiterentwickelt haben. Diese „Endosymbionten“ verloren dabei ihre Eigenständigkeit. Ein bekanntes Beispiel für ein solches Organell ist das Zellkraftwerk Mitochondrium, welches sich aus einem Bakterium entwickelte.
Die Arbeitsgruppe von Prof. Nowack erforscht am Institut für Mikrobielle Zellbiologie, wie sich Zellen und ihre Endosymbionten im Laufe der Jahrmillionen aneinander anpassten und gemeinsam entwickelten. Im Fokus einer nun in der Fachzeitschrift „Science Advances“ erschienenen Publikation steht der Trypanosomatid Angomonas deanei (kurz A. deanei), ein einzelliges Geißeltierchen oder Flagellat aus der Unterfamilie der Strigomonadinae. Diese Organismen leben im Darm von Insekten.
Prof. Nowack: „Alle Mitglieder der Strigomonadinae besitzen einen Endosymbionten. Irgendwann vor rund 40 bis 120 Millionen Jahren nahm ein gemeinsamer Vorfahre der heutigen Strigomonadinae ein Protobakterium auf, aus dem sich der Endosymbiont entwickelte.“ Er versorgt seine Wirtszellen mit Stoffwechselprodukten und sogenannten Co-Faktoren, die beispielsweise in Enzymen eine katalytische Funktion haben. „Es ist bemerkenswert, dass jede Wirtszelle nur genau einen dieser Endosymbionten besitzt, der sich stets gemeinsam mit der Wirtszelle teilt“, ergänzt Nowack.
2022 berichtete das Düsseldorfer Forschungsteam in „Current Biology“, dass mehrere Proteine, die von der Wirtszelle produziert werden, mit dem Endosymbionten interagieren. Eines dieser Proteine, genannt ETP9, bildet einen Ring um die Teilungsstelle des Endosymbionten (siehe Meldung vom 7. Dezember 2022: https://www.hhu.de/die-hhu/presse-und-marketing/aktuelles/pressemeldungen-der-hh...). Nun fanden die Forschenden um Nowack und ihrem Doktoranden Anay Maurya heraus, dass die Endosymbionten der Strigomonadinae – die ja früher eigenständige Bakterien waren – fast alle für die Teilung notwendigen Gene verloren haben. Das Gen, das das Protein FtsZ beschreibt und das in Bakterien und den meisten Organellen die Teilungsstelle markiert, ist eines der wenigen noch vorhandenen bakteriellen Zellteilungsgene.
Maurya, Mitglied der Manchot Graduiertenschule „Molecules of Infection IV“ und Erstautor der Studie: „Das Protein ETP9 reichert sich, gesteuert aus dem Zellkern an der Teilungsstelle an, und zwar abhängig vom Zellzyklus. Wenn wir die Produktion von ETP9 experimentell stoppen, kann sich der Endosymbiont nicht mehr teilen. Es entstehen lange, fadenförmige Endosymbionten, in denen das bakterielle Protein FtsZ zwar nun mehrere Teilungsstellen markiert, die sich ohne Hilfe des Wirtproteins ETP9 aber nicht mehr teilen können.“
Der Endosymbiont in A. deanei stellt damit ein Zwischenstadium zwischen einem endosymbiontischen Bakterium – welches noch genetisch autonom ist – und einem Organell dar, welches fast vollständig von der Wirtszelle gesteuert wird. Der Endosymbiont hat Gene verloren, die für sein autonomes Überleben essentiell sind. Deren Funktionen übernehmen nun Gene im Zellkern der Wirtszelle.
Nowack: „Diese grundlegenden Erkenntnisse helfen, die Evolution eines Organells aus einem Bakterium zu verstehen. Darüber hinaus kann mithilfe des Mechanismus möglicherweise in Zukunft eine synthetische Symbiose entwickelt werden, bei der synthetische Endosymbionten vom Zellkern kontrolliert werden.“
Bei der Forschungsarbeit arbeiteten die Biologen des Instituts für Mikrobielle Zellbiologie mit dem Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der HHU (Arbeitsgruppe Prof. Dr. Stefanie Scheu) und mit dem Center for Advanced Imaging zusammen.
Anay Maurya, Lena Kröninger, Georg Ehret, Miriam Bäumers, Marcel Marson, Stefanie Scheu, and Eva C.M. Nowack. A nucleus-encoded dynamin-like protein controls endosymbiont division in the trypanosomatid Angomonas deanei. Science Advances (2025).
DOI: 10.1126/sciadv.adp8518
Im Trypanosomatiden Angomonas deanei teilt sich der Endosymbiont synchron mit der Wirtszelle. Das im ...
HHU / Anay Maurya und Eva Nowack
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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