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Wissenschaft
Chemiker/-innen legen mittels Druck Mechanismen der Elektronenübertragung offen
Sie bilden die Basis vieler grundlegender Prozesse des Lebens. Ohne sie könnten weder Zellatmung noch Photosynthese stattfinden. Redoxreaktionen spielen aber auch für Anwendungen in der Chemie, Biochemie oder bei der Nutzung von Licht für die Energiegewinnung eine entscheidende Rolle. Ihre grundlegenden Prinzipien zu verstehen, ist daher wichtig, um neue Technologien voranzutreiben. Forschenden der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Universität München ist es nun mithilfe einer innovativen Methode erstmals gelungen, zwischen zwei zusammenhängenden Reaktionsmechanismen zu unterscheiden. Die Ergebnisse ihrer Untersuchung sind in der Fachzeitschrift Nature Chemistry erschienen.
Balance zwischen Elektronen und Protonen
Bei Redoxreaktionen werden Elektronen zwischen Molekülen übertragen. Da Elektronen eine negative Ladung tragen, kann sich dadurch die Ladung der Reaktionspartner ändern, was energetisch ungünstig ist. Um dies zu vermeiden, hat die Natur eine elegante Lösung gefunden: Oft wird die Übertragung von Elektronen an die von positiv geladenen Protonen gekoppelt. Bei dieser sogenannten Protonen-gekoppelten Elektronenübertragung (PCET) entsteht keine Ladungsänderung – der effizienteste Mechanismus, um eine Redoxreaktion ablaufen zu lassen.
Dabei gibt es zwei mögliche Mechanismen: Entweder werden Elektronen und Protonen gleichzeitig, also konzertiert übertragen oder die Übertragung erfolgt stufenweise, getrennt nach Elektronen und Protonen. Um diese Prozesse optimieren zu können, muss aber bekannt sein, welcher der Mechanismen gerade wirkt. „Bisher gab es keine direkte Methode, um die beiden Möglichkeiten zweifelsfrei zu unterscheiden. Hier setzt unsere Arbeit an“, erklärt Prof. Dr. Dirk M. Guldi, Lehrstuhl für Physikalische Chemie I, der auch im Profilzentrum FAU Solar an der Energiewende forscht.
Druck als Schlüssel
Für ihre Studie untersuchten die Forschenden den Einfluss von Druck auf die innerhalb von Nanosekunden ablaufende lichtinduzierte Reaktion eines photosensitiven Moleküls in Lösung. Von diesem Molekül war bereits bekannt, dass es sowohl Protonen als auch Elektronen auf entsprechende Akzeptormoleküle überträgt – der genaue Ablauf dieser Prozesse, war aber noch ungeklärt. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen: Den Effekt von Druck auf die Reaktionsgeschwindigkeit zu messen, ermöglicht direkte Rückschlüsse auf die ablaufenden Mechanismen.
Wird hoher Druck – im Experiment bis zu 1.200-mal der irdische Atmosphärendruck – angelegt und die Reaktionsgeschwindigkeit bleibt unverändert, handelt es sich um eine konzertierte Reaktion. Wenn Elektronen und Protonen gleichzeitig übertragen werden, ändern sich weder die Ladung noch die damit verbundene Anordnung der Lösungsmittelmoleküle rund um die Moleküle. „Deswegen hat Druck keinen Einfluss auf die Reaktionsgeschwindigkeit – ein eindeutiges Zeichen für einen konzertierten Mechanismus“, erläutert Prof. Dr. Ivana Ivanović-Burmazović von der LMU. Verändert sich die Reaktionsgeschwindigkeit jedoch, deutet dies auf Ladungsänderungen hin und auf eine Änderung der Anordnung der Lösungsmittelmoleküle rund um die Moleküle – ein Hinweis auf den stufenweisen Ablauf. Zu ihrer Überraschung konnten die Forschenden nicht nur die Art des Mechanismus bestimmen, sondern den Prozess auch beeinflussen: Indem sie den Druck erhöhten, konnten die Forschenden die Reaktion von einem stufenweisen Mechanismus in Richtung eines konzertierten Mechanismus lenken.
Die neuen Erkenntnisse sind von grundlegender Bedeutung für zahlreiche Forschungsbereiche, die sich mit der Bewegung von Elektronen und Protonen befassen, betont Daniel Langford vom Lehrstuhl für Physikalische Chemie I. Sie böten nicht nur neue Einblicke in grundlegende chemische Prozesse, sondern könnten auch dazu beitragen, neue Technologien im Zusammenhang mit der Umwandlung und Speicherung chemischer Energie voranzutreiben – beispielsweise bei der Erzeugung solarer Brennstoffe oder zur Wasserstoffproduktion.
Direkt zum Paper: https://www.nature.com/articles/s41557-025-01772-5
Ansprechpartner für Medien:
Prof. Dr. Dirk M. Guldi
Lehrstuhl für Physikalische Chemie I
dirk.guldi@fau.de
Prof. Dr. Dirk M. Guldi
Lehrstuhl für Physikalische Chemie I
dirk.guldi@fau.de
https://www.nature.com/articles/s41557-025-01772-5
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Chemie
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