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26.05.2025 11:52

Exotische Schwingungen in neuen Materialien

Theresa Bittermann Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Neue Ergebnisse zeigen die universelle Anwendbarkeit von Carbyne als Sensor

    Für das Design zukünftiger Materialien ist es wichtig zu verstehen, wie Materie quantenmechanisch miteinander wechselwirkt. Bisher unerklärbare Schwingungszustände zwischen Kohlenstoffketten (Carbyne) und Nanoröhren gaben Materialwissenschafter*innen Rätsel auf. Nun gelang es Forscher*innen aus Österreich, Italien, Frankreich, China und Japan unter Leitung der Universität Wien mithilfe von Raman Spektroskopie, innovativen theoretischen Modellen und dem Einsatz von Machine Learning diesem Phänomen auf den Grund zu gehen. Die in "Nature Communications" veröffentlichen Resultate zeigen die universelle Anwendbarkeit von Carbyne als Sensor aufgrund seiner Sensibilität gegenüber äußeren Einflüssen.

    Für das Design zukünftiger Materialien ist es wichtig zu verstehen, wie Materie auf atomarer Größenordnung miteinander wechselwirkt. Diese quantenmechanischen Effekte legen alle makroskopischen Eigenschaften von Materie fest wie beispielweise elektrische, magnetische, optische oder elastische Eigenschaften. Experimentell verwenden Wissenschafter*innen unter anderem Raman-Spektroskopie, bei der Licht mit Materie wechselwirkt, um die Schwingungseigenzustände der Atomkerne der Proben zu bestimmen.

    Vor neun Jahren gelang es der Forschungsgruppe von Thomas Pichler an der Universität Wien zur Überraschung der wissenschaftlichen Community erstmalig Carbyne, eine lineare Kette aus Kohlenstoffatomen, in Kohlenstoffnanoröhrchen – auch Nanotubes genannt – zu stabilisieren. Carbyne, das bisher nur in einer Tube nachgewiesen wurde, besitzt kontrollierbare elektronische Eigenschaften, wesentlich für die Halbleitertechnologie, und könnte das stärkste bekannte Material in Bezug auf seine Zugfestigkeit sein. In ihrem Experiment beobachtete das Team einen unerwarteten Systemzustand, der mit dem gängigen Erklärungsmodell nicht übereinstimmte und der zum damaligen Zeitpunkt völlig unverstanden war.

    Nun haben die Forscher*innen diesen nicht erklärbaren Systemzustand genauer unter die Lupe genommen. Mithilfe eines innovativen theoretischen Modells, das nur aufgrund der jüngsten Durchbrüche im Machine Learning angewandt werden konnte, gelang es eine Erklärung für die in den Laboren beobachteten neuartigen Wechselwirkungen zwischen Kette und Nanotube zu finden, die zunächst paradox scheint. "Die Kette und der Nanotube sind zwar elektronisch isoliert und tauschen damit keine Elektronen aus, unterliegen jedoch einer unerwartet starken Kopplung der Schwingungen der beiden Nanostrukturen", erklärt Emil Parth von der Universität Wien, Hauptautor der Studie, die in Nature Communications veröffentlicht wird. Mit anderen Worten: Carbyne und Nanotube sprechen elektronisch miteinander, während sie gleichzeitig elektronisch isoliert sind. Diese quantenmechanische Kopplung von Schwingungen ist in der Regel vernachlässigbar, ist aber in diesem speziellen Fall aufgrund der intrinsischen elektronischen Eigenschaften und strukturellen Instabilität der Kette überragend stark.

    Das macht die Kette auch so interessant, da sie stark auf äußere Einflüsse reagiert. Sie wechselwirkt also stark mit dem sie umgebenden Nanoröhrchen. Die neue Studie zeigt, dass diese Wechselwirkung überraschenderweise nicht einseitig ist, da das Carbyne auch die Eigenschaften der Nanoröhre verändert, allerdings anders als bisher angenommen. "Die Sensibilität gegenüber äußeren Einflüssen von Carbyne ist entscheidend für seine mögliche Anwendung in zukünftigen Materialien und Geräten als kontaktloser optischer Sensor im Nanomaßstab zum Beispiel als lokaler Temperatursensor für Wärmetransportmessungen." schlussfolgert Thomas Pichler, Leiter der Forschungsgruppe an der Universität Wien.

    Die Arbeit wurde durch den ERC-SYN Grant MORE-TEM der EU unterstützt.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Pichler
    Elektronische Materialeigenschaften
    Fakultät für Physik, Universität Wien
    1090 Wien, Boltzmanngasse 5
    M +43-664-60277-51466
    thomas.pichler@univie.ac.at
    www.univie.ac.at


    Originalpublikation:

    "Anharmonic effects control interaction of carbynes confined in carbon nanotubes shaping their vibrational properties": Emil Parth, Andrea Corradini, Weili Cui, Davide Romanin,Christin Schuster, Clara Freytag, Lei Shi, Kazuhiro Yanagi, Matteo Calandra und Thomas Pichler. In Nature Communications, 2025.
    DOI: 10.1038/s41467-025-59863-3
    https://www.nature.com/articles/s41467-025-59863-3


    Weitere Informationen:

    https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/a...


    Bilder

    Schematische Darstellung von Carbyne, das in doppelwandigen Kohlenstoffnanoröhren mit kleinem Durchmesser stabilisiert ist.
    Schematische Darstellung von Carbyne, das in doppelwandigen Kohlenstoffnanoröhren mit kleinem Durchm ...

    Emil Parth, Fakultät für Physik, Universität Wien


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Chemie, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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