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15.07.2025 09:03

Wie Zellen einander verstehen: Marburger Teams erforschen Zellkommunikation in Epithelgeweben

Martin Schäfer Stabsstelle Hochschulkommunikation
Philipps-Universität Marburg

    Vier Projekte der Universität Marburg am neuen DFG-Schwerpunktprogramm „HetCCI“ beteiligt

    Wie verständigen sich verschiedene Zelltypen in unserem Körper, und was passiert, wenn diese Kommunikation gestört ist? Das neue Schwerpunktprogramm „Heterotypische Zell-Zell-Interaktionen in epithelialen Geweben“ (HetCCI) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geht dieser Frage auf molekularer Ebene nach. An dem von der Universität des Saarlandes koordinierten Forschungsverbund ist die Philipps-Universität Marburg mit vier von insgesamt 15 Teilprojekten beteiligt. Die drei Projekte aus dem Fachbereich Medizin und das Projekt aus dem Fachbereich Biologie untersuchen unterschiedliche Aspekte der Zellkommunikation in Epithelgeweben – von der embryonalen Entwicklung und Wachstum über Immunreaktionen und Wundheilung bis hin zu Alterungsprozessen und neuroepithelialen Signalwegen. Epithelzellen sind spezialisierte Zellen, die alle äußeren und inneren Oberflächen des Körpers bedecken und so eine schützende Barriere bilden. Sie übernehmen essentielle Aufgaben wie die Aufnahme von Nährstoffen und die Regulierung des Flüssigkeitsaustauschs und spielen eine zentrale Rolle bei vielen Erkrankungen.
    Die DFG fördert das interdisziplinäre Schwerpunktprogramm zunächst für drei Jahre mit insgesamt rund 5,7 Millionen Euro plus Programmpauschale. Die Teilprojekte in Marburg erhalten dabei insgesamt rund 1,2 Millionen Euro. Das Verbundprojekt bringt Forschende aus Zell- und Entwicklungsbiologie, Biophysik, Genetik, Strukturbiologie, Materialwissenschaften und mathematischer Modellierung zusammen. Ziel ist es, besser zu verstehen, wie heterotypische Zell-Zell-Interaktionen – etwa zwischen Epithel-, Immun- oder Nervenzellen – funktionieren, sich verändern und möglicherweise krankhafte Prozesse auslösen. Zum Einsatz kommen dabei neueste Technologien wie Einzelzellanalysen, genetische Markierung und hochauflösende Bildgebung.
    „Die Beteiligung an diesem Schwerpunktprogramm stärkt nicht nur unsere Expertise in der Epithelzellbiologie, sondern auch die interdisziplinäre Vernetzung mit Physik, Mathematik und Bioinformatik“, sagt Professor Dr. Gert Bange, Vizepräsident für Forschung der Universität Marburg. „Solche grundlagenwissenschaftlichen und translationalen Forschungsprojekte sind essenziell, um zu verstehen, wie zelluläre Fehlkommunikation zur Entstehung schwerer Erkrankungen beiträgt – und wie wir gezielt dagegen steuern können.“
    Das Teilprojekt von Prof. Dr. Thomas Worzfeld untersucht die molekularen Grundlagen der sogenannten neuroepithelialen Schaltkreise im Darm, die eine zentrale Rolle in der Kommunikation zwischen Darm und Gehirn spielen. „Wir sprechen auch davon, dass Darm und Gehirn über die sogenannte ‚Darm-Gehirn-Achse‘ direkt miteinander kommunizieren“, sagt Thomas Worzfeld. Ziel ist es, die Funktionsweise dieser Kontakte zwischen Epithel- und Nervenzellen aufzuklären und deren Bedeutung für Verhalten und Stoffwechsel zu charakterisieren. Die Ergebnisse könnten neue Therapieansätze für metabolische Erkrankungen wie Adipositas und Typ-2-Diabetes eröffnen.
    Prof. Dr. Mareike Lehmann widmet sich dem Zusammenspiel von Immun- und Epithelzellen in der Lunge und dessen Veränderung im Alter. Im Fokus stehen dabei die wechselseitigen Einflüsse von T-Zellen und Epithelzellen, die zu gestörter Regeneration und chronischen Erkrankungen wie COPD oder Lungenfibrose führen können. Hier arbeitet die Lungenforscherin eng mit Dr. Maja Funk vom Helmholtz-Zentrum München zusammen. „Das Projekt zielt darauf ab, neue molekulare Zielstrukturen für eine Wiederherstellung der Lungenepithelfunktion im gealterten Organismus zu identifizieren“, sagt Mareike Lehmann.
    Das Teilprojekt von Prof. Dr. Sven Bogdan analysiert mit einem genetischen Drosophila-Modell in Echtzeit, wie Epithel- und Immunzellen bei der Wundheilung miteinander kommunizieren. Das Projekt nutzt ein hochauflösendes Verwundungsmodell, um die zellulären Prozesse bei Gewebeschäden und Infektionen sichtbar zu machen und zu erforschen. Dabei sollen evolutionär konservierte Signalwege entschlüsselt werden, die eine koordinierte Gewebeantwort ermöglichen.
    Prof. Dr. Jörg Großhans schließlich erforscht am Drosophila-Embryo, wie aus der Interaktion zwischen den Oberflächenzellen des Vorderdarms und des Mitteldarms eine durchgehende Gewebeschicht entsteht. Im Mittelpunkt stehen Adhäsionsmoleküle wie E-Cadherin, die an der Zellgrenzbildung beteiligt sind. Mithilfe von Einzelzelltranskriptomik, hochauflösender Mikroskopie und computergestützter 3D-Analyse soll die Dynamik dieser heterotypischen Zellkontakte präzise beschrieben werden.

    Bildtext: Forschen an der Zellkommunikation: (v.l.n.r.) Thomas Worzfeld, Mareike Lehmann, Jörg Großhans und Sven Bodgan. Foto: Amine Chahin

    Bild zum Download: https://www.uni-marburg.de/de/aktuelles/news/2025/zellkomm

    Webpage des DFG-Schwerpunktprogramms: https://www.uni-saarland.de/forschen/hetcci.html


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Ruth Wellenreuther
    Forschungsreferentin
    Dekanat Medizin
    Philipps-Universität Marburg
    Tel.: 06421 58 64310
    E-Mail: ruth.wellenreuther@uni-marburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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