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Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der HHU und des MPIPZ hat eine neue, sehr präzise Methode entwickelt, um sogenannte genomische Regulatoren zu identifizieren. Diese sind für die Ausprägung von Pflanzenmerkmalen verantwortlich. In der Fachzeitschrift Nature Genetics beschreiben die Forscherinnen und Forscher, dass diese Regulatoren, obwohl sie nur einen kleinen Bruchteil des Erbgutes ausmachen, einen großen Einfluss auf Pflanzeneigenschaften haben. Das Team demonstrierte die Methode an mit Trockenheitsstress in Zusammenhang stehenden Regulatoren. Sie zeigten vielversprechende Ansatzpunkte für die Züchtung neuer, zum Beispiel an den Klimawandel angepasster Maissorten.
Natürliche genetische Unterschiede im Erbgut sorgen für Biodiversität und treiben die Evolution voran. Um aber Nutzpflanzen an die sich rapide ändernden Klimabedingungen – die etwa für eine höhere Trockenheit verantwortlich sind – anzupassen, reichen die natürlichen Evolutionsprozesse nicht aus, denn diese benötigen Jahrtausende. Um die globale Ernährungssicherzeit zu gewährleisten, müssen Forschende deutlich schneller die natürlichen Erbgutvarianten identifizieren können, um die Leistungsfähigkeit von Kulturpflanzen unter Stressbedingungen verbessern zu können.
Ein Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Thomas Hartwig und Dr. Julia Engelhorn vom Institut für Molekulare Physiologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln (MPIPZ) stellt nun in einer aktuellen Veröffentlichung in Nature Genetics eine neue, effiziente Methode vor, um die genetischen „Schalter“ von Pflanzen zu kartieren. Diese Schalter sind selbst keine Gene, sondern kleine Abschnitte im Erbgut, die bestimmen, wann, wo und wie stark ein Gen aktiv ist. Sie sind vergleichbar mit einem Dimmer, der regelt, wie hell eine Lampe leuchtet.
Während sich die Forschung bisher überwiegend auf die Gene selbst konzentrierte, zeigt die neue Studie, dass entscheidende Unterschiede zwischen Pflanzen – zum Beispiel, warum eine Pflanze größer wird, resistenter gegen Krankheiten oder Stresssituationen ist – oft nicht in den Genen, sondern in diesen regulatorischen Schaltern liegen. Traditionell ist es aber nicht nur schwierig, diese Regionen genau zu finden, sondern auch festzustellen, welche Veränderungen die entscheidende Rolle spielen. Dies ändert sich nun durch eine neue skalierbare Kartierungsmethode, die im Rahmen des Projekts entwickelt wurde.
Das Forschungsteam analysierte im Rahmen der Studie 25 unterschiedliche Mais-Hybride – also Kreuzungen zwischen unterschiedlichen Maissorten. Sie identifizierten darin über 200.000 Regionen im Genom, in denen natürliche Variationen regulatorische Schalter beeinflussen.
Dr. Julia Engelhorn, die Erstautorin der Studie: „Obwohl diese regulatorischen Schalter weniger als ein Prozent des Genoms ausmachen, erklären die Variationen häufig einen erheblichen Anteil der erblichen Merkmalsunterschiede – in manchen Fällen sogar mehr als die Hälfte.“
Dr. Thomas Hartwig, Korrespondenzautor der Studie, kommentiert: „Das Verständnis, wie diese regulatorischen Schalter wirken, liefert uns ein leistungsstarkes Werkzeug, um sowohl die Anpassungsfähigkeit als auch die Ertragsleistung von Kulturpflanzen zu verbessern. Sie kann die Basis für intelligentere Züchtungsverfahren in der Zukunft bilden.“
Die Forschenden wandten ihre Methode gezielt auf Merkmale an, die bei Trockenheitsstress eine Rolle spielen. Sie identifizierten über 3.500 einzelne regulatorische Schalter sowie die dazugehörigen Gene, mit denen die Pflanzen auf wasserminimierte Bedingungen reagiert.
Engelhorn: „Unser Ansatz erlaubt es, die über die mütter- und die väterliche Linie vererbte Unterschiede der Schaltervarianten innerhalb eines einzigen Experiments direkt zu vergleichen. Wir stellen somit der Mais-Forschungsgemeinschaft einen Katalog von über 3.500 trockenheitsassoziierten Regulatorstellen zur Verfügung – und eröffnen so neue Möglichkeiten, die Genexpression gezielt für erhöhte Robustheit zu optimieren.”
Hartwig: „Diese präzise Kartierung ermöglicht es, aus den natürlichen Unterschieden zu lernen, welche Schalter wie funktionieren, um sie dann gezielt zu modifizieren und damit Pflanzen mit verbesserten Eigenschaften zu entwickeln.“
Die Forschungsarbeit entstand in Kooperation mit einem Team der University of California in Davis, dem Dr. Samantha Snodgrass angehört. Die Koautorin der Studie betont den Perspektivwechsel, der mit dem Ansatz einhergeht: „Trotz jahrzehntelanger erfolgreicher Forschung bleibt ein großer Teil des Genoms – derjenige außerhalb von Genen – eine Blackbox. Mit der neuen Methode können wir nun ein wenig Licht ins Dunkel bringen und die Funktion dieser nichtkodierenden Bereiche ermitteln. Biologen und Züchter bekommen so neue, präzise Ziele für neue Forschungs- und Entwicklungsansätze.“
Die Studie entstand im Exzellenzcluster für Pflanzenforschung CEPLAS an der HHU und dem MPIPZ. Sie wurde zudem unter anderem im Rahmen des europäischen Horizon-Europe‑Projekts BOOSTER gefördert, das auf die Entwicklung klimaresilienter Getreidepflanzen abzielt.
Vollständige Bildunterschrift:
Illustration der neuartigen Analysemethode. Die Traktoren stellen sogenannte Transkriptionsfaktoren dar: Proteine, die an genetische Schalter binden und Gene somit an- und abschalten können. Die Methode vergleicht das Erbgut von zwei verschiedenen Elternteilen, die unterschiedliche Eigenschaften haben (hier illustriert durch unterschiedliche Größe), innerhalb einer Hybridpflanze. Dadurch kann bestimmt werden, ob eine Änderung an der Schaltersequenz (orange Boxen) zu mehr oder weniger Bindung der Transkriptionsfaktoren führt, und dadurch Merkmale verändert. (Grafik: HHU / Andi Kur, unter Lizenz BY-NC-SA)
Engelhorn, J., Snodgrass, SJ., Kok, A., Seetharam, A.S., Schneider, M., Kiwit, T., Singh, A., Banf, M., Khaipho-Burch, M., Runcie, D.E., Camargo, V.S., Torres-Rodriguez, J.V., Sun, G., Stam, M., Fiorani, F., Schnable, J.C., Bass, H.W., Hufford, M.B., Stich, B., Frommer, W.B., Ross-Ibarra, J., Hartwig, T. (2025). Genetic variation at transcription factor binding sites largely explains phenotypic heritability in maize. Nature Genetics (2025)
DOI: 10.1038/s41588-025-02246-7
Illustration der neuartigen Analysemethode. Eine ausführliche BU findet sich am Ende des Meldungstex ...
Quelle: HHU / Andi Kur
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Meer / Klima, Tier / Land / Forst
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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