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27.08.2025 06:00

Wenn Haie ihren Biss verlieren

Dr.rer.nat. Arne Claussen Stabsstelle Presse und Kommunikation
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

    Meeresbiologie: Veröffentlichung in Frontiers in Marine Science

    Der Klimawandel lässt die Ozeane zusehends saurer werden. Dies kann für Haie zum Problem werden, wie ein Biologenteam unter Leitung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) herausgefunden hat. In der Fachzeitschrift Frontiers in Marine Science beschreibt das Forschungsteam, dass eine saurere Umgebung die Zähne der Haie schwächt, die so leichter brechen können, so dass die Räuber an Bisskraft einbüßen.

    Je mehr des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) freigesetzt wird und in die Atmosphäre gelangt, desto mehr nehmen davon auch die Ozeane auf. Die Folge: Der sogenannte pH-Wert des Meereswassers sinkt, es wird saurer. Die Säure hat das Potenzial, Mineralien anzugreifen – so auch das Zahnmaterial von Meeresbewohnern.

    Haie sind dafür bekannt, dass sie ihre Zähne ersetzen können, da immer neue nachwachsen, wenn die aktuellen Zähne abgenutzt sind. Diese Fähigkeit ist für ihr Überleben von entscheidender Bedeutung, denn sie sind für den Beutefang auf ihre Zähne angewiesen.

    Ein Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Sebastian Fraune vom Institut für Zoologie und Organismische Interaktionen der HHU hat zusammen mit Biologen des Meerwasseraquariums Sealife Oberhausen untersucht, welche Auswirkungen die Ozeanversauerung auf Haizähne hat. Sie legten dazu die Haizähne in unterschiedlich saures Wasser: Zum einen solchem mit dem pH-Wert der heutigen Ozeane; und zum anderen solchem, das den voraussichtlichen pH-Wert im Jahr 2300 widerspiegelt.

    „Haifischzähne bestehen aus hochmineralisierten Phosphaten, sie sind aber anfällig für Korrosion. Das saurere Wasser des simulierten 2300er-Szenarios beschädigte die Haifischzähne, einschließlich Wurzeln und Kronen, deutlich stärker als heutiges Wasser. Globale Veränderungen reichen also bis in die Mikrostruktur der Haifischzähne hinein“, sagt Maximilian Baum, früherer HHU-Student und heute freiberuflicher Taucher, Fotograf und Referent. Er ist der Erstautor der Studie.

    Prof. Fraune, der Korrespondenzautor: „Die Zähne sind hochentwickelte Waffen, die zum Schneiden von Fleisch gebaut sind, aber nicht zum Widerstand gegen eine Versauerung der Meere. Unsere Ergebnisse zeigen, wie anfällig selbst die schärfsten Waffen der Natur sein können. Möglicherweise reicht die Fähigkeit, Zähne nachwachsen zu lassen, für die Haie nicht aus, um den Belastungen einer sich verändernden Umwelt standzuhalten.“

    Für die Untersuchungen wurden abgeworfene Zähne von Schwarzspitzen-Riffhaien (Carcharhinus melanopterus) genutzt, die im Sealife Oberhausen gehalten werden. Diese Zähne wurden jeweils acht Wochen lang in getrennte Wasserbehälter gelegt, die einmal Meerwasser mit einem pH-Wert von 8,1 enthielten – entspricht dem heutigen Zustand – und einmal mit einem Wert von 7,3, wie es im Jahr 2300 erwartet wird. Baum: „Dieser Wert entspricht einer fast zehnfachen Versauerung gegenüber heute.“

    Anschließend wurden die Zähne am Center for Advanced Imaging der HHU mikroskopisch untersucht. Fraune: „Wir beobachteten bei einem pH-Wert von 7,3 Oberflächenschäden wie Risse und Löcher, erhöhte Wurzelkorrosion und strukturelle Verschlechterungen. Darüber hinaus war die Oberflächenstruktur unregelmäßiger, was die Zähne strukturell schwächer und anfälliger für Brüche machen kann.“

    Timo Haussecker, der biologische Leiter von Sealife Oberhausen und Koautor der Studie: „Da wir nur abgeworfene Zähne untersuchten, berücksichtigt die Studie keine Reparaturprozesse, die in lebenden Organismen stattfinden können. Bei lebenden Haien kann die Situation somit komplexer sein, da sie beschädigte Zähne möglicherweise remineralisieren können, aber mit einem erhöhten Energieaufwand.“

    „Selbst moderate pH-Abfälle können empfindlichere Arten mit langsamen Zahnreplikationszyklen beeinträchtigen oder im Laufe der Zeit kumulative Auswirkungen haben“, ergänzt Baum: „Für Haie ist es sicherlich von großer Bedeutung, dass der pH-Wert der Ozeane nahe dem aktuellen Durchschnitt von 8,1 bleibt.“

    Maximilian Baum und Prof. Fraune schließen: „Unsere Forschung erinnert daran, dass sich menschengemachte Veränderungen auf gesamte Nahrungsnetze und Ökosysteme auswirken.“


    Originalpublikation:

    Baum M., Haussecker T., Walenciak O., Köhler S., Bridges CR. and Fraune S.. Simulated ocean acidification affects shark tooth morphology. Front. Mar. Sci. 12: 1597592 (2025).

    DOI: 10.3389/fmars.2025.1597592


    Bilder

    Schwarzspitzen-Riffhaie im Sealife Oberhausen. Sie lieferten die Zähne, an denen die Untersuchungen in der nun erschienenen Studie in Frontiers in Marine Science durchgeführt wurden.
    Schwarzspitzen-Riffhaie im Sealife Oberhausen. Sie lieferten die Zähne, an denen die Untersuchungen ...

    Copyright: Maximilian Baum

    Haizähne, links ein lichtmikroskopisches Bild, rechts eine Aufnahme mit einem Rasterelektronenmikroskop.
    Haizähne, links ein lichtmikroskopisches Bild, rechts eine Aufnahme mit einem Rasterelektronenmikros ...

    Copyright: HHU / Steffen Köhler


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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